Novembermond
beiden oft z u sammen.
Magda hatte keine Ahnung, wer er war , wo er wohnte oder was er beruflich machte, aber es musste etwas Außergewöhnliches und Wichtiges sein. Jedenfalls war er der schönste und tollste Mann, dem sie je begegnet war , und er besaß e t was ungeheuer Romantisches. G roß und dunkelhaarig war er, mit einem vol l kommene n Gesicht und einer arist o kratischen Nase. Obwohl er bestimmt sehr reich war , wirkte er überhaupt nicht arrogant. Er verhielt sich sogar unendlich höflich. Dabei schien er sich an jede Kleinigkeit zu e r innern, die sie ihm je erzählt hatte . Ob er verheiratet war ? Einen Ring trug er nicht. Wenn sie die Heldin in einem ihrer Liebesromane wäre … Hör auf zu träumen, schalt sie sich still.
Der Mercedes hielt am S-Bahnhof Brandenburger Tor. Sie murmelte schüc h tern einen Dank und suchte nach dem Griff, um die schwere Be i fahrertür zu öffnen.
„Magda? Sieh mich an.“ Sein Blick war tief und ließ sie erstarren. „Alles, was g eschieht, bis ich dir eine Gute Nacht wünsche, wirst du ve r gessen.“
Magda nickte. Er strich ihre Haare zurück. Sie stieg aus und blickte dem dun k len Mercedes lächelnd hinterher, bis er außer Sicht geriet . Fast vergaß sie, die Kapuze wieder aufz u setzen. Dann drehte sie sich um und rannte in einen Mann, der ihr im letzten Moment den Zugang zur Rolltreppe versperrte. „Entschuld i gung“, sagte sie, und er sah auf. L ang e , u n gepflegt e Haare umgaben sein Gesicht , aus dem Augen in einem trüben Braun sie a n starrten .
*
Der Regen prasselte mit unverminderter Stärke. Julian stand unter dem schütze n den Dach des eleganten Hauseingangs, drückte auf den goldenen Klingelknopf und war tete. Er wusste, Sonya war zu Hause, auch wenn nichts geschah . Wä h rend er noch überlegte, sich auf andere Weise Zutritt zu ve r schaffen, ertönte der Summer. Das war leichter als er war tet . Julian ging langsam die vielen Stufen nach oben bis zu der Dachgeschosswohnung im fünften Stock. Das ve r schaffte ihm noch etwas Zeit.
Sonya er war tete ihn vor der Wohnungstür. Ihre großen, braunen Augen sahen ihn verwundert an, täuschten ihn aber nicht. „Hallo, Julian. Was machst du hier?“
„Ich hatte Lust, dich zu besuchen“, sagte er und musterte sie. „Da d u es ja vo r ziehst, meine Einladung zu ignorieren.“
Sonya senkte nervös den Kopf. Dann gab sie sich einen Ruck. „Versuch nicht, dich in mein Leben einzumischen.“
Sie sah noch kleiner und zerbrechlicher aus, als in seiner Erinnerung . Das lag au ch an der blauen Adidas-Sportjacke, die offensichtlich Aaron gehört hatte , denn sie reichte bis zu ihren Knien, und die Ärmel waren einige Male an den Handgelenken umgeschlagen. Überhaupt, Sonya wirkte schlampig und ung e pflegt, und sie sollte dringend duschen. Julian betrachtete sie. Oft war e r mit se i nen Äuß e rungen alles andere als zimperlich, aber Sonya machte ihm Angst.
„Deine Haare!“
„Kurz“, bestätigte sie. „Das ist praktischer so.“
Julian dachte an ihre bernsteinfarbenen Locken. Ein kurzer Haarschnitt konnte die Attraktivität eines Gesichts durchaus betonen. Vielleicht hatte sie sich die Haare selbst geschnitten, denn ihrer sah wirklich … praktisch aus . Aber ein Urteil stand ihm nicht zu.
„Du hast dich also davon überzeugt, dass ich noch am Leben bin.“ Sonyas Tonfall klang härter, als sie war . „Ich hoffe, das genügt dir.“
„Nein. Darf ich reinkommen?“
„Eigentlich habe ich keine Zeit. Ich habe gleich eine Verabredung. Im Chat. Außerdem …“ Sein Blick ließ sie innehalten. Sie hob die Schultern, drehte sich um und ging zurück in die Wohnung.
Julian trat hinter ihr ein. „Du solltest dringend deine Schutzvorrichtungen überprüfen. Die Magie lässt nach. “
Sonya zuckte die Achseln.
Er sah sich um. Diese Wohnung mit Aussicht über die hohen Bäume und we i ten Grünflächen des großen Parks in Tiergarten hatte ihm schon immer g e fallen, doch alles sah noch so aus wie bei seinem letzten B e such, und der lag fast ein Jahr zurück . Wo die Bilder fehlten, die Aaron entfernt und mitgenommen hatte , wir k ten die Wände wie helle Narben. Auch die Lücken der abgeholten Möbel waren noch nicht gefüllt.
„Wie geht es ihm?“, fragte Sonya brüsk.
„Ganz gut“, meinte Julian unbestimmt. „Er ist dabei, sich einzuleben.“
„Jeder scheint noch Kontakt zu ihm zu haben. Nur ich nicht“, sagte sie bitter.
„Aaron ist gegangen, weil er Abstand zu dir
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