Novembermond
schon.
Er atmete tief durch. Er würde das Arkanum weiter aufschieben und über se i nen Zustand Stillschweigen bewahren, um niemanden zu beunruhigen. So lange, bis sie den Junge n f a nden . Außerdem musste er für Sonya un d Ar mando eine Lösung finden. Um diese Angelegenheiten musste er sich unbedingt selbst kü m mern. Wer sonst, wenn nicht er? Ihm blieb keine andere Wahl. Mit Sonya würde er a n fangen. Entschlossen griff er zum Telefon.
Kapitel 3
J
ulian hatte eine unnütze Zeit mit W ar ten verbracht, und seine Stimmung war entsprechend. Eigentlich hätte Sonya längst in se i nem Büro sein sollen, aber sie hatte seinen Anruf ignoriert und den Ve rsuch, sie auf geistiger Ebene zu erreichen, abgeblockt. Immerhin ist sie noch am L e ben, dachte er grimmig, aber in Wahrheit machte er sich verdammte Sorgen. Sonya verließ ihre Wohnung seit Wochen nicht mehr und saß nur noch vor dem Bil d schirm. Sie flüchtete sich in eine Scheinwelt , und Selbstbetrug war ein Feind, den er nicht zu bekämpfen wusste. Noch nicht. He u te würde er damit anfangen.
Vorher musste er unbedingt noch trinken. Vielleicht konnte er sich den Umweg über die Oranie n burger Straße sparen. Der Zeitpunkt war g ünstig.
*
K urz nach Mitternacht rannte Magda zwischen den parkenden Autos hindurch, um den Parkplatz des Aeternitas so schnell wie möglich zu überqueren.
Bevor sie durch den Personalausgang des Hotels nach draußen gegangen war , hatte s ie vergessen, den Reißverschluss ihrer Regenjacke zu schließen . Nun mus s te sie das Vorderteil mit einer Hand zusammenhalten. Mit der anderen bä n digte sie ihre Kapuze, aber sie wusste, dass sie den Kampf gegen Wind und Regen auf Dauer nicht gewinnen konnte . Hinter dem Zaun wütete der Wind noch stä r ker. Der Regen spritzte so he ftig auf den Bürgersteig, dass ihre Schuhe, Strump f hose und der wadenlange Rock sofort durchnässt w ar en .
Magda bemerkte den Mercedes erst, als er neben ihr hielt. Sie blieb stehen und drehte den Kopf. Die Kapuze machte keine Ansta l ten, ihrer Bewegung zu folgen, und prompt riss der Wind sie nach hinten. Das verschaffte dem Regen endgültig Zugriff auf ihr Haar. Sie ve r suchte , es mit einer Hand zu schützen, aber der Wind wühlte so heftig darin, dass sie den Kampf endlich verloren gab und sich zum Fenster der Beifa h rerseite beugte.
Die Beifahrer tür öffnete sich sofort. „Darf ich Sie bis zur S-Bahn mi t nehmen?“
„Lieber nicht. Es ist nicht weit, und ich mache nur Ihren Sitz nass.“
Als Antwort öffnete sich die Auto tür noch weiter. Sie zauderte, aber als sie sah, dass es nun in das Auto hineinregnete, rutschte sie auf den weichen Ledersitz und zog schnell die Tür hinter sich zu.
„Danke“, murmelte sie und wagte nicht, sich in der nassen Regenjacke zurüc k zulehnen. Stattdessen zog sie ihre rote Handtasche an sich und senkte den Blick.
„ Hatte n Sie heute wieder Spätdienst, Magda?“
Sie nickte. E in überwältigend er Mann . Allein seine Anwesenheit sorgte dafür, dass ihr Herzschlag beschleunigte und sich der Körper dort e r wärmte, wo sie ihm schon lange keine Beachtung mehr g e schenkt hatt e .
„Wie geht es Juri? Hat er immer noch Spaß am Fu ß ball?“
„Ja. Er spielt in der E-Jugend“, sagte sie stolz. „Und ab Januar werde ich als Hausdamenassistentin arbeiten, nicht mehr als Zimmermädchen. Die Erste Hausdame ist mit meiner Arbeit sehr zufrieden, der Persona l chef hat heute mit mir gesprochen.“ Wie eitel sie doch war , schalt sie sich e rschrocken. Als ob ein Mann wie er sich dafür interessierte. Trotzdem wagte sie es endlich, zur Seite zu blicken .
Die Innenbeleuchtung des Mercedes ließ ihn blass aussehen. Sein Gesicht zei g te A n erkennung, und das war me Lächeln seiner Augen schien ihre eigene Freude zu spiegeln. „Die Erste Hausdame des Aeternitas müsste dumm sein, Ihre Qual i täten nicht zu erkennen“, meinte er freundlich.
In den letzten Wochen hatte er sie einige Male mit zur S-Bahn geno mmen, und immer nach ihrem Schlussdienst hoffte sie, ihn wiede r zusehen. Er war ihr s o fort aufgefallen, als sie ihn das erste Mal sah . Aller dings wunderte es sie, dass er sie ebenfalls bemerkt e . Leider arbeitete sie Schicht, mit wechsel nden Früh- und Spätdiensten. Ohne den Jungen hätte sie am liebsten nur im Schlussdienst gea r beitet, um ihm häufiger zu begegnen. Er kam immer nur am späten Abend und musste wohl mit einem der Direktoren befreundet sein , denn sie sah die
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