Novizin der Liebe
lernen musste. Er würde ja einen feinen Feudalherrn abgeben, wenn er nicht einmal mit seinen eigenen Untertanen sprechen konnte! Am Waldrand angekommen, schüttelte Adam den Kopf, als wolle er das Bild einer feingliedrigen Nonne mit prachtvollem blonden Haar vertreiben, das noch immer darin herumspukte.
3. Kapitel
Die Abenddämmerung senkte sich grau über das Land, als Adam und Richard auf das Eingangstor des Klosters zuritten. Die kurzen Novembertage im Stillen verfluchend, die ihn und seine Männer zwingen würden, im Kloster um ein Nachtlager zu bitten, blickte Adam seinen Freund mit hochgezogenen Brauen an.
Sein Herz schlug lauter als damals, als sie dem angelsächsischen Heer vor Caldbec Hill gegenüberstanden und auf das Signal zum Angriff warteten, doch er würde lieber sterben, als dies zuzugeben. Als Mann der Tat war Adam dazu erzogen worden, sich entschlossen in die Schlacht zu werfen. Dieser Ausflug in das Reich hochwohlgeborener Damen jedoch lag jenseits seiner Erfahrungswelt, denn er selbst war von bescheidener Herkunft und seine Gwenn nur die Tochter eines einfachen Kaufmanns gewesen. Er war angespannt, doch er wusste, dass seine Zukunft hier in Wessex ebenso sehr vom Ausgang dessen abhing, was nun geschah, wie sie es vor eiigen Wochen getan hatte, als er seine bretonischen Landsleute während der Schlacht von Hastings um sich geschart und zum Weiterkämpfen ermutigt hatte.
„Kann ich dich nicht dazu überreden, dein Kettenhemd abzulegen, Richard?“, fragte Adam. Er trug noch immer lediglich sein ledernes Gambeson und den blauen, pelzgefütterten Mantel. „Du brauchst nicht zu befürchten, dass sie dir ein Messer zwischen die Rippen stoßen. Dies ist ein heiliger Ort. Eine Art Zufluchtsstätte.“
Richard schüttelte den Kopf.
„Du wirst die Damen in Schrecken versetzen …“
„Das bezweifle ich“, entgegnete Richard und stieg aus dem Sattel. „Nonnen können fürchterliche Harpyien sein … wie ich aus eigener Erfahrung weiß.“
Adam klopfte kraftvoll an das Portal. „Wie das?“
„Meine Mutter“, entgegnete Richard achselzuckend. „Als mein Vater sie verstieß, um Eleanor zu heiraten, zog meine Mutter sich mit ihrem Haushalt in ein Nonnenkloster zurück. Meine Schwester Elisabeth hat sie mitgenommen. Als ich sie besuchte, hat Elisabeth mir so einiges erzählt. Glaub mir, Adam, es geschehen höchst gottlose Dinge an heiligen Orten.“
Für einen Augenblick abgelenkt, hätte Adam gern mehr erfahren, doch just in diesem Moment wurde der Fensterladen geöffnet und er blickte in das runzlige Gesicht der Pförtnerin. Es war von einer Haube umrahmt, die alles andere als sauber war, wie Adam trotz des Dämmerlichts sofort bemerkte.
„Ja?“, fragte sie und beäugte ihn dabei mit solch offenkundigem Misstrauen, dass er sich vorkam wie ein Ungeheuer mit zwei Köpfen.
„Sprichst du Französisch, Schwester?“
„Ein wenig.“
„Ich komme im Auftrag des Herzogs. Ich muss mit eurer Priorin sprechen.“
Sie blickte ihn unverwandt mit ihren braunen Augen an. „Wenn Ihr ‚Herzog‘ sagt, meint Ihr dann den normannischen Bastard?“
Adam holte tief Luft. Wilhelm, Herzog der Normandie, war ein Bastard, in der Tat, denn seine Mutter war die Tochter eines Gerbers gewesen, die die Aufmerksamkeit des alten Herzogs Robert erregt hatte. Heutzutage wagten allerdings nur noch wenige, ihm seine uneheliche Herkunft vorzuhalten. Es war befremdlich, ein solches Wort aus dem Mund einer Nonne zu vernehmen. Adam sah zu Richard hinüber.
„Ich hab es dir ja gesagt“, brummte sein Freund. „Wir werden hier wenig Heiligkeit vorfinden, von Höflichkeit ganz zu schweigen. Sie hassen uns. Das ganze verfluchte Land hasst uns.“
Adams Miene verriet Entschlossenheit. Der Herzog hatte ihm aufgetragen, für die Erhaltung des Friedens in diesem Teil Englands zu sorgen, und er würde sein Bestes tun, um ihn nicht zu enttäuschen, so schwer dies auch sein mochte. „Wir werden sehen. Es war euer hochwohlgeborener König Harold, der einen Eid gebrochen hat, nicht unser Herr, Bastard hin oder her.“ Er sah der Nonne geradewegs in die Augen. „Herzog Wilhelm ist mein Lehnsherr, und ich muss mit eurer ehrwürdigen Frau Priorin sprechen.“
Die Nonne wandte den Blick gen Westen, wo hinter den Wolken die Sonne unterging. „Es ist fast Zeit für die Vesper. Mutter Aethelflaeda wird beschäftigt sein.“
„Gleichwohl, Schwester …“, Adams Stimme klang mit einem Male hart, „… werde ich auf der Stelle
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