Novizin der Liebe
war das Geräusch flinker Schritte zu hören, dann wurde die Tür aufgestoßen und eine junge Nonne, fast noch ein Mädchen, betrat eilig den Raum. Sie trug eine Laterne in ihren schmalen, von Arbeit gezeichneten Händen.
Adam spürte einen Stich in der Magengrube.
Cecily.
Neben der kostbar gewandeten Priorin wirkte sie in ihrem fadenscheinigen grauen Habit geradezu zerlumpt, und auch ihr Kreuz bestand nicht aus glänzendem Gelbgold, sondern aus einfachem Holz. Durch ihre Haltung jedoch würde sie überall Anerkennung finden, sei es auf einer Burg oder in einem Kuhstall. Schlank und von ebenmäßigem Wuchs, hielt sie den Kopf hoch erhoben, doch ohne jede Spur von Überheblichkeit.
Nun, da er sie aus der Nähe betrachten konnte, erkannte Adam, wie jung sie war, und dass nicht einmal ihre scheußliche Haube und der Schleier ihre Schönheit verbergen konnten. Welch feine Züge: geschwungene Brauen, eine leichte Stupsnase, wohlgeformte Lippen. Und dann diese dichten Wimpern, die sich wie ein Schleier über ihre hinreißend blauen Augen senkten …
Atemlos betrat Cecily den Raum.
Obwohl sie die Priorin nicht mochte, kam sie ihren Wünschen stets auf der Stelle nach, denn Mutter Aethelflaeda hatte ein launisches Wesen und ihre Macht über ihre Untergebenen war grenzenlos. Nach einem raschen ehrerbietigen Gruß wandte Cecily sich den beiden Männern zu. Einer der beiden musste der bretonische Ritter sein, von dem Emma gesprochen hatte. Bei dem Gedanken, dass diese Männer etwas mit dem Tod ihres Vaters und ihres Bruders zu tun haben könnten, wurde ihr flau im Magen. Sie war innerlich so aufgewühlt, dass die beiden Fremden es gewiss bemerken mussten. Mühsam rang sie um Fassung.
Beim Anblick des gepanzerten Ritters, der mit lässig gekreuzten Beinen an der Wand lehnte, brach ihr der kalte Schweiß aus. Seine Züge wurden von seinem großen, eisernen Nasalhelm fast völlig verdeckt, sodass sie seinen Gesichtsausdruck nicht erkennen konnte. Seine Haltung drückte Selbstbewusstsein und Ungezwungenheit aus. Das musste Sir Adam Wymark sein.
Cecily unterdrückte das Verlangen, auf dem Absatz kehrtzumachen, atmete tief durch, um das Zittern ihrer Hände zu unterbinden, und stellte die Laterne auf den Tisch. Ein flüchtiger Blick auf den Begleiter des Ritters, und sie hatte ihn als dessen Knappen identifiziert. Ja, er musste sein Schildknappe sein, denn er trug zwar den ledernen Waffenrock der Krieger, doch keinen Kettenpanzer.
Der Knappe war ebenso hochgewachsen wie sein Ritter und auf düstere Weise gut aussehend. Höflich war er auch, denn er verbeugte sich, als sich ihre Blicke trafen. Sein gemurmeltes „Lady Cecily“ überraschte sie, denn nur Dorfbewohner wie Ulf redeten sie mit ihrem alten Titel an. Innerhalb dieser Klostermauern war sie „Novizin“ oder schlicht „Cecily“. In Mutter Aethelflaedas Augen war es ein Zeichen von unangebrachtem Stolz, sich mit „Lady“ ansprechen zu lassen, wobei sie selbst von dieser Regel natürlich ausgenommen war.
„Cecily, sei so gut und übersetze für mich“, sagte die Priorin auf Englisch, und ihr Ton klang weniger gebieterisch als üblich. „Diese … „, ihr kurzes Zögern war eine unmissverständliche Beleidigung, „… Männer sind Gefolgsleute des normannischen Herzogs, und sie sind in seinem Auftrag hier.“
Cecily lag der Widerspruch auf der Zunge, denn Mutter Aethelflaeda sprach beinahe ebenso gut Französisch wie sie selbst. Wie sie war die Klostervorsteherin von adliger Herkunft, und wenn sie auch keine normannische Mutter hatte, so war ihr das normannische Französisch doch, wie den meisten anderen adligen Angelsachsen, wohl vertraut.
Bleib ruhig, Cecily, bleib ruhig, mahnte sie sich im Stillen. Denk an deinen kleinen Bruder Philip, der deine Hilfe braucht. Diese Männer sind der Weg, auf dem du zu ihm gelangen kannst. Schieb die Furcht beiseite, den Zorn, die Rachegedanken! Koste es, was es wolle, du musst diese Männer dazu bringen, dich bei der Sorge um Philip zu unterstützen. Das ist alles, was zählt …
„Wie Ihr wünscht, Mutter Aethelflaeda.“ Cecily verschränkte die Finger ineinander und zwang sich, den gepanzerten Ritter anzulächeln.
Sein Knappe trat dazwischen. „Lady … das heißt, Schwester Cecily … wir sind auf der Suche nach Emma of Fulford. Meine Kundschafter haben mir berichtet, sie sei hierhergekommen. Ich würde gern mit ihr sprechen.“
Während er redete, kam der Knappe noch einen Schritt näher. Cecily, die während
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