Nr. 13: Thriller (German Edition)
vielleicht unter Drogen gestanden haben könnte und sich deshalb bisher an niemanden gewandt hatte. Denkbar, dass er high, dehydriert und halb tot irgendwo im Schnee lag, wo er niemandem auffiel.
„Nicht er, sondern Beck und Engel. Roman war unsich… Er wollte das verhindern und hat mit seinem Leben dafür bezahlt. Er ist der einzige Gute in der Nummer 13. Ich meinte, er war der …“
War er das wirklich? Daniel wollte jetzt keine Grundsatzdiskussionen führen, da Ben körperlich und seelisch schwer mitgenommen war. Aber Schäfer hatte von dem Lupanar gewusst – um was immer es sich dabei handelte, es war das düstere Geheimnis der verurteilten Sexualstraftäter, und düstere Geheimnisse besaßen stets einen bitterbösen Kern, bei dem es meistens um Schuld ging – und er hatte geschwiegen. „Erinnere dich an jedes Wort. Was genau wurde gesagt?“
„Weiß nicht. Hab starke Kopfschmerzen. Bei dem Kampf bin ich mit dem Schädel gegen einen Schrank geknallt.“
„Haben dir die Ärzte keine Schmerztabletten gegeben?“
„Marie kümmert sich gerade darum. Hier ist die Hölle los. Ich bin gerade in der Radiologie, weil mein Unterschenkel erst geröntgt werden muss, bevor die Wunde versorgt wird. Hoffentlich muss ich nicht operiert werden.“
„Ich drücke dir die Daumen.“
„Ständig muss man hier warten. An der Anmeldung, in der Notaufnahme, jetzt hier. Das macht mich kirre. Darum habe ich mit meinem Smartphone im Internet nach ‚Lupanar‘ gesucht.“
Cleverer Bursche, dachte Daniel und fühlte sich steinalt, weil er noch nicht auf die Idee gekommen war. Aber die Ereignisse überschlugen sich auch gerade.
„Das Wort stammt aus der Römerzeit.“
„Römer?“ Etwas regte sich in Daniel. „Was haben die damit zu tun?“
„Früher nannten sie … also, sie … das waren Begriffe für …“
„Rück raus mit der Sprache. Uns läuft die Zeit weg!“
„Fickbunk…“ Ben räusperte sich. „Bordelle.“
„Ein Lupanar ist ein Puff?“
„Vielleicht gibt es weitere Bedeutungen. Diese Erklärung muss ja nicht zutreffen.“ Verlegenheit war aus Bens Worten herauszuhören. „Doch, ja, wenn ich genauer darüber nachdenke, ich glaube, sie meinten ein Freudenhaus. Uwe Beck sagte etwas von Ausziehen und Leibesvisitation und dass er Roman dort runtergehen sah und Roman einen Steifen gekriegt hätte. Der sagte wiederum, das wäre Bullshit, doch er wurde rot.“
Daniel schüttelte den Kopf. Das machte keinen Sinn. „Pädosexuelle leben ihre Sexualität meistens nur als Alibifunktion mit Erwachsenen aus. Zum Beispiel, um eine Ehe aufrechtzuerhalten und nach außen hin als normal zu gelten. Ihre erotischen Wünsche sind jedoch auf Kinder fixiert. Nur dadurch erlangen sie echte Befriedigung.“
Geräuschvoll stieß Ben die Luft aus. „Beck nannte das Lupanar auch Spielplatz.“
Daniel wurde von unheilvollen Vorahnungen heimgesucht. Auf Spielplätzen tummelten sich Kinder. Aber von einem öffentlichen Platz konnte Beck wohl kaum gesprochen haben, wenn er Ben dort hatte festhalten wollen. Es musste sich um einen geschlossenen Raum handeln, alles andere klang unlogisch.
Ein Kinderbordell! Daniel biss sich auf die Innenseite der Wange und schmeckte Blut.
Das untermauerte seine These, dass Haas seinen Sohn in ein Versteck bringen wollte. Der Autounfall hatte ihn daran gehindert. Gut möglich, dass sie zu diesem Eros-Center der perversen Art unterwegs waren. Es musste sich um ein inoffizielles Etablissement handeln, das nur Eingeweihten bekannt war. Insidern, wie den Bewohnern der Bruchstraße 13. Kunden und den Betreibern, verbunden durch Verbrechen. Durch Schuld.
Ein dunkles Geheimnis , echote es in Daniel.
Doch Roman Schäfer war tot, Stefan Haas hielt dicht, wie Daniel bei seiner Befragung im Krankenhaus selbst erfahren hatte, und Michael Engel und Uwe Beck waren auf der Flucht. Wer sonst könnte Bescheid wissen? Im ersten Moment beantwortete er seine Frage selbst: Niemand. Doch dann fiel ihm jemand ein, der in engem Kontakt mit den verurteilten Sexualstraftätern stand und mit allen Wassern gewaschen war.
Vinzent Quast.
Er hatte zwar geschworen, dass die Geschäfte mit den Bewohnern der Nummer 13 legal waren. Aber im Fall des verschwundenen Thijs hatte er ebenso behauptet, das Ehepaar Friedrich und Leentje Schuster nicht zu kennen, was sich als Lüge herausgestellt hatte. Gut möglich, dass er doch tiefer mit drinsteckte. Keiner gab freiwillig zu, Pädophilen Kinder zugeführt zu haben.
Aufgeregt
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