Nr. 13: Thriller (German Edition)
wegbringen.“
„Das ist doch verrückt!“ Tomasz aschte so forsch ab, dass seine Zigarette erlosch und er sie neu anzünden musste.
„Ich habe einen Zeugen. Der hat ausgesagt, dass ein Mann Haas verfolgte, bevor dieser von dem Wagen erfasst wurde. Es könnte jemand hinter ihm und Noel her gewesen sein. Wenn Beck oder Engel, vielleicht sogar Schäfer, gemerkt hatte, dass Haas seinen Sohn vor ihnen in Sicherheit bringen wollte, hat er ihn wahrscheinlich versucht aufzuhalten.“
„Warum schweigt Haas dann?“
Nachdenklich rieb Daniel über seinen Mund-Kinn-Bart. Eine gute Frage. Ihm fiel keine plausible Antwort darauf ein. Falls es sich tatsächlich so verhielt, musste Haas doch daran gelegen sein, den durch das winterliche Köln alleine umherirrenden Noel so schnell wie möglich zu finden. „Weiß nicht.“
Bibbernd trat Tom von einem Fuß auf den anderen. „An dem Punkt hakt deine Theorie.“
„Vielleicht hat er ihn nach seiner Entlassung erneut missbraucht.“ Inzwischen war Leander der Einzige von ihnen, der nicht vor Kälte schlotterte. „Wenn Noel gefunden wird, würde er seinen Vater belasten und Haas würde wieder in den Bau wandern, diesmal mit Sicherheitsverwahrung.“
„Das würde sein Schweigen erklären. Aber auch die Verzweiflung, die Qual und den Kummer, die dem Zeugen an Haas aufgefallen waren?“ Daniel wurde das Gefühl nicht los, dass sie noch nicht auf den Grund dieses schmutzigen Gewässers sehen konnten. „Ich bin im Kellergeschoss.“
„Mit deinem Verhalten stößt du die Kollegen vor den Kopf“, rief Tom ihm hinterher.
Früher hatten sie einen Tatort zehnmal untersucht, wenn auch nur der Hauch einer Chance bestand, dass sie etwas übersehen hatten. „Wo ist dein Biss geblieben, Kumpel?“
„Sturer Bock!“
„Geh heim und leg dich hin. Dann stehst du wenigstens nicht im Weg rum.“ Langsam, aber sicher, ging es Daniel gegen den Strich, dass sein Freund jede Theorie von ihm abtat, sich ständig querstellte und schlechte Laune verbreitete.
Als er in den Korridor fuhr, hörte er Tomasz hinter sich fluchen und mehrmals aufstampfen. Er wusste nicht, ob Tom nur seine Fluppe austrat oder bockig wie ein Kind auftrat, schaute sich jedoch nicht um.
Leander huschte an ihm vorbei. „Ich nehme die Treppe. Dem Lift traue ich nicht.“
Diese Option hatte Daniel nicht, was ihm einen Stich versetzte. Vor dem Aufzug blieb er stehen und hämmerte auf den Rufknopf ein. Seine Aufregung stieg. Er konnte kaum ruhig sitzen bleiben und war doch genau dazu verdammt.
Gut möglich, dass er sich gerade zum Narren machte. Sich noch einmal dort unten umzuschauen war bar jeder Vernunft. Natürlich hatten die Kollegen bereits jeden Winkel untersucht und er wusste, dass sie gute Arbeit geleistet hatten. Aber er war schon immer ein Querdenker gewesen. Nur, weil etwas unmöglich wirkte, musste es nicht auch unmöglich sein. Das hatte er am eigenen Leib erfahren. Ein Kriminalhauptkommissar, der im Rollstuhl saß, durfte laut der Statuten nicht auf der Straße ermitteln. Und was tat er? Genau das. Er hatte seinen sturen Kopf – Tomasz kannte ihn zu gut – durchgesetzt und er würde es diesmal wieder tun. Denn wenn er seinem Spürsinn nicht nachgab, würde er sich ewig Vorwürfe machen, einer Spur, selbst wenn sie irrwitzig erschien, nicht nachgegangen zu sein.
Als er endlich im Tiefparterre ankam, wirbelte Leander bereits umher. Er schaute in die Schränke, die hier zwischengelagert waren, durchsuchte Wäschetruhen und leuchtete die Ecken mit einer Taschenlampe aus, da zwei der drei Oberlichter defekt waren. Er klopfte sogar die Wände ab und drückte auf den einen oder anderen Backstein, wohl in der Hoffnung, er würde sich bewegen.
Noch erstaunlicher jedoch war, dass Tomasz am Treppenabsatz stand. Er hatte zwar die Arme verschränkt, um zu demonstrieren, dass er ihnen nicht helfen würde, aber er war ihnen immerhin gefolgt. „Du rechnest nicht ernsthaft damit, einen Geheimgang zu finden, oder, Menzel?“
„Warum nicht?“
„Du liest zu viele Krimis deiner Freundin.“
„Die Idee ist gar nicht so weit hergeholt.“ Daniel bat Leander um die Taschenlampe und überprüfte die Ritzen zwischen den Steinen darauf, ob sie intakt waren. „Es muss einen Zugang zum Lupanar geben.“
Leander nahm eine unterarmlange Metallfeile, die auf einem Schrank lag und verbogen war, und klopfte mit dem Holzgriff gegen die Wand. „Oder zumindest einen Übergang zum Nachbarhaus, durch den Beck und Engel
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