Nr. 13: Thriller (German Edition)
winkte Daniel Leander zu sich. Er teilte ihm seine Theorie mit. „Instruiere die Kollegen in der Haft, Vincente auf den Zahn zu fühlen.“
„Ich kann auch selbst schnell hinfahren.“
„Nein. Ich brauche dich hier. Wir suchen ein Kinderbordell.“
„Vielleicht sind Engel und Beck dort untergekrochen“, warf Benjamin ein, der das Gespräch durchs Telefon mitbekommen hatte.
„Schon möglich, ein gutes Versteck“, sagte Daniel zu ihm, während er Leander hinterherschaute, der tiefer ins Treppenhaus ging, um zu telefonieren. „Dieser Ort muss sich in der Nähe befinden und er ist nur wenigen Menschen bekannt.“
„Und die, die davon wissen, halten den Mund, sonst sind sie mit dran.“
„Moment. Bin gleich wieder dran.“ Daniel legte das Handy in seinen Schoß und fuhr nach draußen, um der Spurensicherung Platz zu machen. Leander und Tomasz konnten sich im Gang an die Wand drücken, sodass der Erkennungsdienst mit seinen Koffern voller Equipment an ihnen vorbeikam. Sein Bock dagegen blieb sperrig.
Es hatte aufgehört zu schneien. Die Wolkendecke riss auf. Es dämmerte. In der kommenden Nacht würden die Temperaturen weit unter null Grad sinken. Die Oberfläche des Schnees war bereits gefroren. Wenn Daniel mit seinem Bock darüberfuhr, knackte sie leise. Erneut musste er an Noel Haas denken. Hoffentlich hatte ihn jemand entdeckt und mit in seine Wohnung genommen. Sollte er im Freien benommen liegen, mit dem Schnee von unten und der Kälte von oben, würde er womöglich am Morgen nicht mehr leben.
Als Daniel das Handy wieder nahm, meldete sich Marie. „Ben nimmt gerade die Tabletten ein. Außerdem habe ich das mit dem Kinderbordell mitbekommen.“
„Wir haben keinen Anhaltspunkt, wo wir es suchen sollen.“ Verärgert gab er einen zischenden Laut von sich.
„Das tut mir leid. Ich weiß auch nur, dass Lupanar von Lupa, die Wölfin, abstammt und früher Häuser der käuflichen Liebe damit gemeint waren. Dort gab es Nischen, die in den Stein geschlagen waren. Zimmer, in denen Prostituierte, oft Sklavinnen, ihre Körper anboten, auf Steinbetten und nur von einem Vorhang geschützt. Ein kalter und grausamer Mikrokosmos.“
Völlig unpassend in der Situation lächelte er. Natürlich, seine belesene und kulturinteressierte Frau wusste, was es damit auf sich hatte. Wäre sie nicht das Schmerzmittel für Ben holen gegangen, hätte sie ihn schon früher aufklären können, was es damit auf sich hatte.
„Diese römischen Freudenhäuser nannte man auch Lustra, was ‚ausschweifendes Leben‘ bedeutet.“
Daniel schwankte zwischen Verzweiflung und Wut. „Mir wird kotzübel, wenn ich daran denke, was das in unserem Fall heißt.“
„Und Fornix“, fuhr Marie etwas zu enthusiastisch fort, hörbar froh, helfen zu können. „Weil sich die Stundenhotels oft in Gewölben befanden, deswegen bestand auch alles aus Stein. Erotische Fresken dienten als Wandschmuck. Sie erregten die Freier und zeigten ihnen das Angebot. Düstere und trostlose Orte.“
Etwas klopfte in Daniels Hinterkopf. Ein bohrender Gedanke, den er nicht greifen konnte. Gewölbe. Gewölbe. GEWÖLBE. Plötzlich bekam er ihn zu packen und begriff!
„Bin wieder dran“, meldete sich Ben. „Muss aber gleich zum Röntgen rein.“
„Warum sagst du ständig ‚dort unten‘, wenn du über das Lupanar sprichst?“, fragte Daniel und pochte mit dem Handballen nervös auf seine Armlehne.
„So hat Beck es ausgedrückt. Er warf Roman vor, heimlich dort unten gewesen zu sein.“
„Unten, wie in einem Gewölbe?“
Benjamin schien zu überlegen, denn es dauerte ein paar Sekunden, bis er antwortete. „Oder im Kölner Süden, in Rodenkirchen oder Porz. Das kann alles heißen.“
„Nein, das glaube ich nicht! Damit spielte Beck auf einen Keller an, wahrscheinlich auf einen sehr alten. Warum hätte er sonst eine altmodische lateinische Bezeichnung gewählt? In NRW gibt es viele, die noch aus der Römerzeit stammen. Manchmal wurden sie zu Restaurants umgebaut oder zugemauert, denn sie dienten nicht nur als Lagerplatz, sondern auch, um Müll loszuwerden.“ Ein bisschen was weiß ich auch, dachte Daniel stolz. „Viele wurden von den Hausbesitzern bisher nicht einmal entdeckt.“
Ben klang skeptisch. „Wie kannst du dir so sicher sein?“
„Weil Michael Engel vor seiner Inhaftierung als RKI-Arbeiter tätig war.“ Und sicherlich mehr von der Unterwelt Kölns kannte als die meisten Bewohner.
„Als was?“
„Als Fachkraft für Rohr-, Kanal- und
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