Nr. 13: Thriller (German Edition)
Zustimmung zu signalisieren.
Mit Die souveräne Leserin von Alan Bennett, Maries aktueller Lektüre, die auf der Armlehne des Sofas gelegen hatte, fächerte sich Daniel Luft zu. „Ich hätte keinen Wein auf das Bier trinken sollen.“
„Hast du doch gar nicht. Du hast den Schluck wieder ausgespuckt“, bemerkte Marie und beobachtete mit Genugtuung, wie sein Teint noch eine Nuance dunkler wurde. Sie wandte sich wieder Ben zu und drückte seinen Arm mütterlich. „Das ist völlig in Ordnung. Nimm dir Zeit, um herauszufinden, welchem Geschlecht du zugeneigt bist. Schwul zu sein ist das Natürlichste der Welt, nicht wahr, Daniel?“
Der griff zur Bierflasche, setzte sie an und goss die letzten Tropfen heraus, die sich auf dem Boden zu einer Pfütze gesammelt hatten. „Die ColognePride … zwei Wochen lang geht sie, jedenfalls soweit ich weiß. Aber was weiß ich schon über so was?“, stammelte er. „Ach ja, die Christopher Street Day Parade … das ist der Höhepunkt – von der Veranstaltung. Herrgott, die Veranstaltung, meine ich!“
Benjamins Stirn wies tiefe Furchen auf. Seine Miene war ein einziges Fragezeichen.
Die Verzweiflung stand Daniel ins hochrote Gesicht geschrieben. Er ließ seinen Blick durch das Wohnzimmer schweifen, wohl in der Suche nach den passenden Worten. „Der Schwulenbezirk … Wo lag der noch gleich? Na klar, zwischen Heumarkt, Neumarkt und Waidmarkt – das soll jetzt kein Tipp für dich sein, Benni!“
Marie gluckste, denn Daniel nannte ihren Cousin nie so. Sie amüsierte sich königlich.
„Ich erwähne das … nur so. Was ich sagen will …“
„Was willst du ihm denn nun mitteilen?“, steckte Marie ihren Finger tiefer in die Wunde.
Daniel gab ein Knurren von sich. „Gerade in Köln ist das kein Problem, also, schwul zu sein. Mach dir also keinen Kopf! Wie heißt es so schön? Jeder Jeck ist anders.“
„Meinst du wirklich?“ Bens angespannte Miene wurde weicher.
„Ja, klar, wichtig ist nur, dass der …“, ungeschickt gestikulierte Daniel herum, „wenn man zusammen ist, das in beidseitigem Einverständnis stattfindet. Liebe sollte auch im Spiel sein.“
„Oh bitte! Also ob man keinen Sex haben kann, ohne gleich an eine gemeinsame Zukunft zu denken.“ Lächelnd nahm Marie Daniels Überraschung zur Kenntnis. Mit solchen Worten ausgerechnet aus ihrem Mund hatte er bestimmt nicht gerechnet. „Probier dich aus, Ben. Lerne dich und deine Vorlieben kennen. Ich selbst habe auch schon mal ein Mädchen geküsst, meine beste Freundin, damals mit 13, auf ihrem Geburtstag, als wir heimlich Kussspiele spielten und wir, naiv wie wir waren, nicht daran gedacht hatten, dass die Auswahl beim Flaschendrehen auch zwei vom gleichen Geschlecht treffen könnte.“
„Du hast was?“ Daniels Augen wurden groß und rund wie Bullaugen. „Ich will Details!“
„Und ich dachte, das Thema wäre dir unangenehm, so rot wie du bist.“ Marie zwinkerte ihm kess zu.
Sichtlich verlegen räusperte sich Benjamin. Eilig stand er auf. „Ich verschwinde dann mal und lasse euch besser allein.“
„Holst du mir vorher bitte die restlichen fünf Flaschen Kölsch aus dem Kühlschrank“, bat Daniel. „Heute könnte eine lange aufschlussreiche Nacht werden.“
DANKSAGUNGEN
Soll ich Ihnen etwas verraten? Wenn ich für meine Zucker-Krimireihe recherchiere, fühle ich mich selbst wie eine Kriminelle. Denn ich schaue mir nicht nur die Örtlichkeiten, Museen und Sehenswürdigkeiten an, sondern suche vor allen Dingen nach Stellen, an denen sich ein flüchtiger Verbrecher verstecken oder man eine Leiche deponieren könnte – und mache mich damit selbst verdächtig. Ich ernte skeptische Blicke, werde kritisch beobachtet und nicht mehr aus den Augen gelassen. Block und Stift in meinen Händen machen es da nicht besser, sondern damit falle ich noch mehr aus dem Rahmen. Ein Wunder, dass ich bisher noch nicht darauf angesprochen wurde, was zum Henker ich vorhabe. Deshalb möchte ich mich als Erstes bei den Menschen bedanken, bei denen ich Skepsis hervorgerufen habe, die mich aber trotzdem haben ziehen lassen, statt mich festzuhalten und die Polizei zu rufen. Obwohl – das hätte die Recherche noch intensiver gemacht.
Ich möchte diesen Roman Prof. Dr. Markus Rothschild vom Institut für Rechtsmedizin in Köln widmen, weil ich ihn – Asche über mein Haupt – bei meiner Danksagung in „Leiden sollst du“ vergessen habe, obwohl er mir so wertvolle Informationen gab. Es tut mir aufrichtig leid!
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