Nudeldicke Deern
Wein kaufen gehen.»
In diesem Sinne: Geht essen. Und genießt es. Ich lerne das gerade.
Blogeintrag 16. September
Bisher war für mich beim Einkaufen immer wichtig: Wie gut kann man da parken bzw. wie nah ist die nächste Bushaltestelle. Deswegen habe ich jahrelang in einem Riesensupermarkt eingekauft, der alles hatte und dazu prima Öffnungszeiten und selten ein volles Parkdeck.
Seit ich ein bisschen darauf achte, was ich so in mich hineinwerfe, habe ich festgestellt, wie unglaublich mies das Gemüse schmeckt, das ich in ebendiesem Supermarkt jahrelang klaglos gekauft habe (wenn ich denn mal Gemüse gekauft habe). Dass die blassen Gewächshaustomaten nicht gegen die knallroten vom Markt anstinken können, war mir schon klar, aber inzwischen schmecke ich Unterschiede bei Bohnen, bei Paprika und vor allem bei Möhren. Die kaufe ich schon länger in Bioqualität bzw. die aus dem Supermarkt, auf denen Bio steht. Nur um jetzt allmählich zu merken: Da geht auch noch was in Richtung guter Geschmack.
Es sind gerade einmal vier Wochen, in denen ich bewusst esse – und ich ahne, dass ich aus dieser leckeren Falle nicht mehr rauskomme. Vor einigen Tagen hatte ich meinen Magen frühzeitig auf frische Nudeln mit selbstgemachtem Pesto zu Mittag eingestellt, nur um dann zur Mittagszeit zu merken: nicht mehr genügend Mehl im Haus. Und anstatt nun die geschätzten fünf Kilo Fertignudeln anzubrechen, die natürlich noch bei uns in der Speisekammer liegen, bin ich zum Supermarkt gegangen (gegangen!), um mir Mehl nachzukaufen. Denn wenn ich schon das Pesto selbst mache, sollen die Nudeln dagegen nicht abstinken.
Anderes Beispiel: Letzten Freitag gab’s bei uns Fisch (auch so eine tolle neue Sache). Da der Kerl keinen Alkohol trinkt, ich aber inzwischen seeeehr auf den Geschmack gekommen bin, zu jedem Abendessen ein Glas Wein zu trinken, habe ich über das passende Getränk zum Fisch nachgedacht. Im Kühlschrank stand schon ein offener Riesling, von dem ich aber wusste, dass er zarten Fisch einfach plattmacht. Also habe ich eine Flasche meines geliebten Muscadet gekauft, von dem ich wusste, dass er gut mit Meeresbewohnern klarkommt – und habe nun zwei offene Flaschen bei mir rumstehen, einfach weil ich keinen okayen Wein trinken wollte, sondern einen passenden.
Das Biogemüse aus dem Supermarkt finde ich inzwischen eher naja, weil ich weiß, wie gut zum Beispiel die Tomaten vom Marktstand oder vom Türken um die Ecke schmecken können. Ich weiß inzwischen, dass eigentlich alles mit frischen Kräutern noch besser schmeckt. Ich traue mich, an alles Pfeffer zu geben, vor dem ich vorher einen Heidenrespekt hatte, von dem ich jetzt aber weiß, wie herrlich er Geschmäcker hervorkitzelt, wenn man ihm die Chance dazu gibt. Ich frage an der Käsetheke nach mir unbekannten Sorten, um etwas Neues auszuprobieren. Der Kerl steht klaglos in Schlangen in Metzgereien, und ich dränge mich freiwillig durch Menschenmassen auf Märkten anstatt bequem mit dem Auto zum leeren Supermarkt zu fahren und belanglose Nahrungsmittel zu kriegen. Ich backe Brot selber, ich benutze meine Nudelmaschine wieder, und gestern habe ich auch die Eismaschine mal wieder angeworfen, um aus frischen Himbeeren, Joghurt und Ahornsirup Fruchteis herzustellen. Ich gewöhne mich sogar langsam an Espresso ohne Zucker, um auch hier den unverfälschten Geschmack kennenzulernen, der mir bei allen anderen Lebensmitteln inzwischen so wichtig geworden ist.
Und: Der Kerl und ich schaffen es nach über fünf Jahren Beziehungszeit endlich, regelmäßig gemeinsam am Abendbrottisch zu essen, trotz weiterhin unterschiedlicher Tagesabläufe. Aber das ist uns inzwischen wichtiger geworden als bequem vor dem Rechner oder dem DVD -Player Zeug in uns reinzuwerfen: gemeinsam entscheiden, was man kocht, eventuell gemeinsam einkaufen oder kochen, je nachdem wer Zeit hat, und dann eine Stunde damit zuzubringen, ein frisches, leckeres Essen zu genießen. Plus Wein und Käse und Obst zum Nachtisch (gerne auch in Eis- oder Kompottform) und Espresso und eventuell Grappa für die Dame des Hauses.
Nebenbei: Ich habe seit Wochen kein «Perfektes Dinner» mehr gesehen.
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Ich lerne essen. Mit 40.
Irgendwann muss man ja anfangen
Ich glaube, die meisten Menschen essen «schlechtes» Essen, weil sie es nicht besser wissen. Oder nicht besser können. Und ich glaube, die meisten trauen sich einfach nicht, um Hilfe zu bitten, wenn es um so etwas
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