Null
Neurotransmitter mit verschiedenen Chemikalien wie LSD und Ketamin erregt worden waren.
Viele der ‹stimulierten› Patienten berichteten über optische und akustische Halluzinationen, andere über das Auftauchen verschütteter Erinnerungen, und manche hatten Halluzinationen, die mit denjenigen bei Nahtoderfahrungen vergleichbar waren. Andere erlebten Déjà-vus oder Jamais-vus. Da wurde mir klar, dass sämtliche dieser Symptome mit der Aura vor einem epileptischen Anfall übereinstimmen, was mich an Hans Bergers Experimente in den dreißiger Jahren erinnerte. Meine Aufgabe ist es nur noch, die einzelnen Teile miteinander zu verbinden.»
Forsythe nickte. «Was, meinen Sie, spielt sich genau auf der physiologischen Ebene ab?»
Tversky rieb sich das Kinn. «Ich bin mir noch nicht sicher. Aber wenn ich eine Vermutung äußern sollte, würdeich sagen, dass der Temporallappen dem Gehirn vielleicht gestattet, auf Realitätszweige zuzugreifen.»
«Realitätszweige?», fragte Forsythe. Er hatte diesen Begriff bereits gehört, wusste aber nur vage, was er bedeutete.
Tversky erklärte: «Wie Sie sicher wissen, existiert von den zwölf Quarks und zwölf Leptonen, aus denen alle Materie besteht, nur eine Hand voll in unserem Universum. Der Rest existiert überhaupt nicht oder verschwindet nach einer Nanosekunde. Nach Ansicht zahlreicher Vertreter der modernen Physik jedoch existieren sie woanders – in Parallelwelten, also in Realitäten, die neben unserer Welt existieren und andere physikalische Gegebenheiten aufweisen. Jedenfalls bestehen diese Parallelwelten nicht wie unsere Realität aus Quarks und Leptonen, sondern aus anderen Leptonenpaaren.»
«Faszinierend», sagte Forsythe, obwohl er von dem Gesagten kaum etwas verstanden hatte. Ihm war die Quantenmechanik immer zu abstrakt gewesen, um ihr viel Aufmerksamkeit zu widmen. Er wusste, dass die Physik subatomare Bauteile nachgewiesen hatte, die in dem uns bekannten Universum nicht vorkamen – er stellte nur die Wichtigkeit dieser Entdeckung in Frage. Was hatte man von der Erforschung hypothetischer Konstrukte, die sich in der Realität gar nicht beobachten ließen?
«Im Grunde», fuhr Tversky fort, «gehe ich davon aus, dass der rechte Temporallappen Interaktionen zwischen unserem Bewusstsein und solchen Realitäten ermöglicht. Ich glaube, die Halluzinationen und präkognitiven Erlebnisse, die David Caine erfahren hat, stammen aus seinem rechten Temporallappen, der auf Daten aus einem zeit- und raumlosen Realitätszweig zugreift.»
«Was, der Qantenmechanik zufolge, deshalb möglichist, weil Zeit und Raum keine absoluten Begriffe sind; folglich existieren diese Daten außerhalb der Zeit als solcher», sagte Forsythe in dem Versuch, mit seinem eingeschränkten Verständnis von Einsteins Spezieller Relativitätstheorie zu glänzen.
Tversky nickte bekräftigend.
«Und die Auren und Anfälle?», fragte Forsythe.
«Die Auren sind bewusste Manifestationen, die auftreten, wenn das Gehirn sich mit anderen Realitäten verbindet. Jedenfalls steigert solch eine Verbindung die neurale Aktivität des Gehirns auf dramatische Weise, was wiederum einen Anfall auslöst.»
«Als ob man seinen Finger in eine Lampenfassung steckt?»
Tversky runzelte die Stirn über Forsythes naives Beispiel, sagte jedoch: «Ja, so in etwa.»
Leicht verlegen stellte Forsythe eine weitere Frage, um Tversky zum Weiterreden zu animieren: «Haben Sie andere Forschungsarbeiten gefunden, die Ihre Theorie womöglich stützen?»
«Einige, aber viele sind es nicht. Vor einigen Jahren gab es eine umstrittene Studie, der zufolge das Praktizieren des chinesischen
Qi Gong
bei manchen Menschen dazu führte, dass sie allein durch die Kraft ihrer Gedanken das Kernresonanzspektrum bestimmter Chemikalien beeinflussen konnten.»
Forsythe nickte. Den Begriff ‹Qi Gong› hatte er schon einmal gehört, ihn jedoch immer mit einer Art Sekte in Verbindung gebracht. Es war ihm allerdings bekannt, dass diese Meditationstechniken auf der ganzen Welt erforscht wurden.
«In einer anderen Studie bewies ein deutscher Wissenschaftler, dass Yogameister ihre Hirnwellen durch intensivesMeditieren signifikant verändern konnten. Und natürlich ist es eine allgemein bekannte Tatsache, dass die Temporallappen-EEGs von berufsmäßigen Hellsehern oft atypische Werte aufweisen.»
«Und was ist mit dem Zwilling?», fragte Forsythe. «Weist er vergleichbare Fähigkeiten wie Testperson Beta auf?»
Tversky beobachtete einen Moment
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