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Null

Null

Titel: Null Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Fawer
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gesamte Vorgang dauerte keine fünf Sekunden.
    Sie trat durch die Türen in eine luxuriöse Lobby. Zwei identische schwarze Ledersofas standen einander gegenüber, dazwischen lag ein kunstvoll verzierter Orientteppich. Das Panoramafenster dahinter zeigte die funkelnden Lichter einer beinahe schlafenden Stadt. Während Nava durch das Fenster starrte, wünschte sie sich, ihr Leben wäre anders verlaufen. Sie gestattete sich wenige Sekunden der Träumerei, dann kehrte sie wieder in die Wirklichkeit zurück. Ihren Lebensweg hatte sie selbst eingeschlagen, niemand anders. Und nun wartete Arbeit auf sie.
    Nava riss den Blick vom Fenster los und marschierte entschlossen den Flur hinunter, folgte dem Grundriss, den sie im Lieferwagen auswendig gelernt hatte. Sie knackte ein weiteres elektromagnetisches Schloss und stand vor der zweiten Reihe Fahrstühle. Sie holte tief Luft und setzte ihr Pokerface auf. Sobald sie den Fahrstuhl gerufen hatte, gab es kein Zurück mehr. Von dem Moment an, in dem sie den Knopf drückte, würde sie unter ständiger Überwachung stehen.
    Wenn ihre Unterlagen korrekt waren, sollte ihr nichts passieren. Aber wenn sie falsch waren   … dann saß sie tief in der Scheiße. Vielleicht gingen die Türen auf, und ein waffenstarrendes Wachteam stand vor ihr. Oder der Fahrstuhl wurde mit Nervengas geflutet. Oder sie fuhr sicher bis zum Labor hinunter, nur um dort von deutschen Schäferhunden zerfleischt zu werden. Sie wusste es nicht. Woher auch?
    Sie holte Waffen und Munition aus der Reisetasche und verstaute sie in einem sehr flachen Rucksack. Dann holte sie ein kleines, in braunes Papier eingeschlagenes Päckchenhervor. Dann die Betäubungspistole und eine ihrer 9mm-Pistolen. Sie vergewisserte sich, dass sie entsichert waren. Waren sie. Sie waren immer entsichert.
    Schließlich betastete sie das kleine Fach an ihrem Armband: ihre Geheimwaffe. Sie hoffte, dass sie sie nicht brauchen würde; sie hing nicht gern von anderen ab, wenn es um ihr Leben ging. Sie beschoss, sie nur einzusetzen, wenn sie in Lebensgefahr schwebte. Wenn das Ding dann nicht funktionierte, würde sie nur sich allein etwas vorzuwerfen haben. Aus irgendeinem Grund fühlte Nava sich bei diesem Gedanken besser.
    Sie drückte den kleinen Fahrstuhlknopf an der Wand und wartete ab, was als Nächstes passieren würde.
     
    Einen Moment lang begriff Caine, was an Drogenmissbrauch so reizvoll war.
    Dann war er dermaßen high, dass ihm selbst diese Überlegung unwichtig vorkam. Die kühle, durch seine Adern fließende Salzlösung war durch etwas anderes ersetzt worden. Etwas Aufregendes. Er hätte nie gedacht, dass man das Rauschen seines eigenen Blutes spüren konnte, aber ihm war ja bisher auch noch nie intravenös ein Narkotikum verabreicht worden.
    Die eiskalte Flüssigkeit raste seinen Arm hinauf, bahnte sich einen Weg zu seinem Gehirn. Caines Körper trieb in einem Meer der Beliebigkeit: sein Arm, seine Schulter, sein Hals   …
wow
. Nichts war mehr wichtig. Alles war gut. Sein Knie pochte nicht mehr, die Rückenschmerzen waren wie weggeblasen, sein steifer Nacken war nicht mal mehr eine blasse Erinnerung. Sein Kopf fühlte sich irgendwie   … teigig an   … aber gut. Verdammt gut.
    Caines Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Er begann zu kichern, wodurch seine Augenlider an den Zangenzogen, aber das war nicht weiter schlimm. Bis eben hätte das ein Brennen ausgelöst, jetzt war es nur noch ein angenehmes Kitzeln. Alles kitzelte, alles prickelte. Eine Woge der Euphorie überkam ihn, und er seufzte. Nichts war wirklich wichtig, das war ihm jetzt klar. Er wusste gar nicht, warum er sich immer so viele Sorgen gemacht hatte.
    Auf einmal war er sehr müde. Er wollte die Augen schließen und schlafen, aber er konnte nicht, weil   … na ja, eben weil   … er wusste es nicht mehr. War ja auch egal, dann schlief er eben mit offenen Augen. Wäre doch mal cool, mit offenen Augen zu schlafen.
    Richtig   … cool   …

Kapitel   // 32 //
    Nava packte ihre Waffe fester, als der Fahrstuhl in das fünfte Stockwerk hinaufgeschossen kam. Sie stand etwas abseits, damit sie nicht gleich zu sehen sein würde. Der Fahrstuhl kam mit einem leisen metallischen Klicken zum Stehen, die Türen öffneten sich langsam und gaben den Blick frei auf   …
    Nichts.
    Bevor sie den Fahrstuhl betrat, warf Nava zunächst einen Blick an die Decke, um sicherzugehen, dass dort keine Überraschungen lauerten; aber sie sah nur drei Leuchtstofflampen und eine

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