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Nur Blau - Roman

Nur Blau - Roman

Titel: Nur Blau - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Aichner
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Polen aber nicht die Hand, er stand auf und ging.
    Er hatte etwas ihm bisher Unvorstellbares getan. Er hatte wieder gegen seine Vernunft entschieden. Er hatte eine verbotene Tür aufgemacht und er hasste sich dafür. Er konnte nicht nein sagen, etwas trieb ihn, ein unbeschreibliches Gefühl, gefährlich, fremd, spannend. Er atmete tief durch.
    Er musste jetzt Jo sehen.
    Mosca stand auf und ging. Zurück in den zweiunddreißigsten Stock, mit dem Lift hinauf zu den Bildern, zu Jo, zu den blauen Fingern. Er kniete am Boden und strich mit der Hand über das Leinen. Er rieb die Farbe langsam in das Weiß hinein.
    Jos Augen waren weit offen, als Mosca begann zu erzählen, er rührte sich nicht. Er hörte nur zu. Er schaute Mosca an, ohne ein Lächeln, ohne etwas, das Mosca etwas von Verzeihen gesagt hätte. Jo rührte sich nicht. Er starrte auf Mosca, sagte aber nichts.
    Mosca wand sich, wie ein kleiner Junge würgte er die Worte aus seinem Mund, er schämte sich, er beobachtete Jos Gesicht, er suchte nach Verständnis, nach Wut, nach etwas, das ihm sagte, was passieren würde, er fühlte sich schrecklich. Er hatte Jo betrogen, er schaute zu Boden, er würde ihn verlieren, er erzählte von dem Polen auf der Parkbank, immer wieder schaute er in Jos Gesicht, aber er fand nichts. Jo war still und hörte zu.
    Als Mosca fertig war und ihn um Vergebung bittend ansah, stand Jo auf, ging aus dem Zimmer, zog sich an und verließ das Haus. Er sagte nichts, er ging einfach.
    Mosca blieb alleine in der Wohnung zurück. Er schaute aus dem Fenster, vielleicht konnte er ihn sehen unten auf der Straße, aber er war zu weit weg.
    Jo schaute hinauf zum zweiunddreißigsten Stock.
    Jetzt lasse ich ihn schmoren, dachte er.
    Vier Stunden blieb er weg. Er nahm sein Mobiltelefon nicht ab, er genoss es, Mosca leidend zu wissen, er ging ins Kino, schaute sich einen Horrorfilm an, amüsierte sich, kaufte sich eine Wurst und ein paar gelbe Schuhe und ging langsam wieder zurück. Er fand es süß, wenn Mosca so unsicher war, wenn er seine Fassung verlor, wenn er nicht war wie sonst.
    Mosca hatte zwölf Mal versucht, ihn anzurufen. Er ging in der Wohnung auf und ab und machte sich Vorwürfe. Als Jo zurückkam, war er sehr klein. Er saß am Boden mit gesenktem Kopf und zählte seine Finger­nägel. Als er die Tür hörte, sprang er auf und ging redend in den Vorraum. Er war nervös, er hatte Angst, alles zu verlieren, Jos Haut, seine Hände auf sich, die Arme, wie sie um seinen Körper lagen.
    Ich wollte dir so gerne ein Original kaufen, ich wollte, dass wir eines kaufen können mit diesem Geld, ich wollte dir so gerne helfen, es tut mir so Leid, ich hätte mit dir reden sollen. Verzeih mir. Bitte, Jo.
    Es ging sehr schnell.
    Jo hatte ihm zugehört, ihn nicht angeschaut, ihn noch ein kleines bisschen leiden lassen, dann riss er sich seine Jacke vom Leib und hüpfte an Mosca hoch, hielt sich mit den Händen am Hals fest und flüsterte in Moscas Ohr.
    Dann besorg mir ein Original, mein Lieber.
    Er war ihm ganz nah.
    Mosca schaute ihn an. Ungläubig, aber erleichtert. Jo lächelte.
    Schreib deinem Polen, er soll die Maße durchgeben, ich bin bereit. Und ich verzeih dir.
    Du bist verrückt, sagte Mosca.
    Aber das magst du doch so an mir, du eleganter Arsch.
    Jo warf Mosca zu Boden. Sie vögelten im Vorraum.
    Insgesamt verkauften sie acht Bilder.
    Der Pole war immer korrekt. Bis zum Schluss.
    Nach dem achten Bild wollten sie nicht mehr.
    Sie hatten den Kredit für die Wohnung abbezahlt und besaßen das Geld für ein Original. Mehr wollten sie nicht. Wohin die Fälschungen gingen, wussten sie nicht. Wie die Bilder nach Polen kamen, wussten sie auch nicht. Oder ob sie überhaupt nach Polen kamen. Die Bilder wurden abgeholt und das Geld wurde in einem Bankschließfach hinterlegt, zu dem sie einen Schlüssel hatten. Jo malte, Mosca erledigte den Rest.
    Innerhalb von zwei Jahren hatten sie zweieinhalb Millionen Euro verdient.
    Mosca schrieb dem Polen, dass das achte Bild das letzte sei, das sie verkaufen würden, dass er ihn aber bitten würde, ein Original für sie zu besorgen, sie würden nach Warschau kommen und es abholen.
    Mit einer Tasche voller Geld fuhren sie hin und kamen mit einem blauen Bild zurück. Den schmächtigen Polen haben sie dann nicht mehr gesehen.
    Zehn Monate und drei Wochen später fiel Jo von der Leiter und brach sich das Genick.
    Das war genau vor einem Jahr.

4.
    Ben lag unter einer Glasscheibe. Gestern.
    Er hatte schon viel darüber

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