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Nur Der Tod Bringt Vergebung

Nur Der Tod Bringt Vergebung

Titel: Nur Der Tod Bringt Vergebung Kostenlos Bücher Online Lesen
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Prophezeiungen erzählte. Die anderen beiden erklären, Canna habe nur allgemeine Andeutungen gemacht. Ihr Bericht deckt sich genau mit dem von Äbtissin Hilda. Mit anderen Worten: Wir haben nur Wulfrics Aussage gegen Canna.»
    Fidelma seufzte leise.
    «Und Schwester Athelswith hat mir berichtet, Canna habe Äbtissin Abbe und zahlreiche andere Teilnehmer der Versammlung vor einem bevorstehenden Unheil gewarnt. Mit keinem Wort habe er Étain eigens erwähnt. Das haben auch die beiden Glaubensbrüder bestätigt, die Schwester Athelswith gerufen hatte, um Canna mit Gewalt aus Étains cubiculum fortschaffen zu lassen. Canna scheint wirklich darauf versessen zu sein, sein Leben für den eigenen Ruhm zu opfern. Was für ein dummer, geltungssüchtiger Mensch!»
    «Was sollen wir tun?»
    «Ich glaube, daß Canna außer seiner Eitelkeit kein Verbrechen vorzuwerfen ist. Die Vorstellung, daß er dafür hingerichtet werden soll, ist abscheulich. Wir müssen Canna sofort befreien. Dann kann er vor dem Morgengrauen längst über alle Berge sein.»
    Eadulf sah sie erschrocken an.
    «Aber was ist mit Alhfrith? Er ist der Sohn Oswius und der Herrscher von Deira.»
    «Und ich bin eine dálaigh der Brehon-Gerichtsbarkeit», entgegnete Fidelma hitzig, «und handele im Auftrag von Oswiu, dem König Northumbriens. Ich werde die volle Verantwortung übernehmen. Dieser Canna hat uns schon viel zuviel Zeit gekostet – Zeit, in der wir den wirklichen Mörder hätten finden können.»
    Eadulf biß sich auf die Lippen.
    «Das stimmt, aber Canna zu befreien …?»
    Doch Fidelma hatte sich bereits umgewandt und war auf dem Weg zum hypogeum der Abtei. Sie sann fieberhaft auf eine Möglichkeit, Canna trotz der beiden Wachen vor der Tür aus seiner Zelle zu holen. Eadulf, der mit ihr Schritt zu halten versuchte, mußte sich klarmachen, daß Fidelma eine selbstbewußte, zu allem entschlossene Frau war. Am Anfang hatte er sich von ihrer Jugend und ihrer Zartheit täuschen lassen. Jetzt bekam er ihren unbeugsamen Willen zu spüren.
    Sie hatten Glück: Die beiden Wachen waren längst in einen weinseligen Schlaf gesunken. Die Nähe zur apotheca der Abtei hatte sich als allzu große Versuchung erwiesen. Sie hatten sich großzügig bedient und schnarchten nun fröhlich um die Wette. Fidelma grinste triumphierend, als sie einer der schlafenden Wachen den Schlüssel abnahm.
    Dann wandte sie sich dem äußerst besorgt dreinblickenden Eadulf zu.
    «Wenn Ihr an dem, was ich jetzt tun werde, keinen Anteil haben wollt, solltet Ihr jetzt besser gehen.»
    Eadulf schüttelte den Kopf, wenn auch mit einigem Zögern.
    «Wir müssen zusammenhalten.»
     
    «Canna, der Hexer, ist verschwunden», verkündete Alhfrith. «Er ist aus seiner Zelle geflohen.»
    Schwester Fidelma und Bruder Eadulf waren nach dem morgendlichen jentaculum zu Äbtissin Hilda gerufen worden. Die Äbtissin saß mit verhärmtem Gesicht an ihrem Tisch, während Alhfrith mit langen Schritten aufgeregt das Zimmer durchmaß. König Oswiu hockte vor dem schwelenden Feuer und starrte mißmutig in den qualmenden Torf.
    Ohne weitere Einleitung hatte Alhfrith sie gleich mit dieser Nachricht empfangen.
    Schwester Fidelma gab sich ungerührt.
    «Er ist nicht geflohen. Ich habe ihn freigelassen. Er war keines Verbrechens schuldig.»
    Dem Herrscher von Deira fiel vor Erstaunen der Unterkiefer herunter. Er mochte mit allem möglichen gerechnet haben, auf diese Antwort war er jedoch nicht gefaßt gewesen. Auch König Oswiu wandte sich erstaunt zu Schwester Fidelma um.
    «Ihr habt es gewagt, ihn freizulassen?» Alhfriths Stimme klang wie das Grollen eines fernen Donners vor dem Sturm.
    «Gewagt? Ich bin eine dálaigh vom Rang einer anruth. Wenn ich davon überzeugt bin, daß jemand unschuldig ist, bin ich berechtigt, ihm die Freiheit zu schenken.»
    Der Herrscher von Deira war so überrascht von ihrer Dreistigkeit, daß ihm die Worte fehlten.
    Oswiu hingegen schlug sich auf die Schenkel und brach in Gelächter aus.
    «Bei den Wunden Christi, Alhfrith! Sie ist im Recht!»
    «Was redest du da?» versetzte sein Sohn mit wütender Stimme. «Sie kann doch nicht einfach die Gesetze ihres Heimatlandes in unserem Königreich anwenden. Niemand außer mir hätte die Freilassung des Bettlers anordnen können. Sie muß bestraft werden. Wachen!»
    Von einer Sekunde zur anderen wich das Lachen aus Oswius Gesicht.
    «Alhfrith! Du vergißt, daß ich sowohl dein Suzerän als auch dein Vater bin. Herrscher dieser Provinz bist du

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