Nur dieses eine Mal
den Kopf und betrachtete verwirrt den dunklen, nassen Fleck auf ihrer Brust.
Ihr Blick wanderte über Aléjandro, der mit blasser Miene in sich zusammensackte. Schweißperlen standen auf seiner Stirn und sein Gesicht nahm ein ungesundes Grau an, während er ein verunglücktes Lächeln auf seinen Lippen zwang. Das dunkle T-Shirt klebte durchtränkt an seinem Oberkörper, und als sein linker Arm kraftlos auf den Oberschenkel sank, lief das warme Blut daran entlang und tropfte auf seine Hose.
„Tut mir leid“, bemerkte er gequält. „Ich glaube, ich habe Mist gebaut.“
Er sackte seitlich weg und Cady bettete ihn auf den Boden. Eine kalte Faust griff nach ihrem Herz. Entsetzt drückte sie eine Hand auf die Austrittswunde in seiner Brust und schüttelte den Kopf. Lähmende Angst breitete sich in ihr aus, als ihr bewusst wurde, was geschehen war. All die Streitereien, all die Zweifel, die zwischen ihnen geherrscht hatten, rückten plötzlich in weite Ferne.
„Nein, nein! Aléjandro!“ Seine Lider flatterten und im nächsten Augenblick hatte er das Bewusstsein verloren. Hektisch sah Cady zu den Beamten hinüber.
„Hilfe! Bitte, ich brauche Hilfe, er ist angeschossen worden!“
Das graue Linoleum quietschte leise unter ihren Schuhen, während sie auf dem Flur hin und her wanderte. Seit etwas mehr als einer Stunde befand Aléjandro sich im OP und wurde operiert. Keine weiteren Erklärungen, keine Neuigkeiten, ihr blieb keine andere Wahl als zu warten und darauf zu hoffen, dass einer der Ärzte endlich mit Nachrichten zu ihnen kam. Zwischenzeitlich waren auch Aléjandros Eltern und seine Schwester eingetroffen, hatten Cady an sich gedrückt.
Mathilda hatte sich leise bei ihr entschuldigt, weil sie Cady damals all diese Details über Aléjandro hatte zukommen lassen, ohne zu wissen, welches Drama sie damit auslösen würde. Cady winkte ab.
Ehe Mathilda allerdings zu den anderen in den Wartebereich ging, hatte Cady ihr eine Hand auf die Schulter gelegt.
„Darf ich dich etwas fragen, Mathilda?“
„Alles, was du willst, Liebes!“
„Was heißt
adoro você
?“
Mathilda schmunzelte und ihr Blick wurde warm.
„Hat Aléjandro das zu dir gesagt?“, wollte sie wissen. Cady nickte.
„Es heißt
ich liebe dich
.“
Sie hatte Cady mit wildem Herzklopfen zurückgelassen und war mit einem ausgesprochenen zufriedenen Lächeln zu ihrem Mann hinüber gegangen.
Er liebte sie!?
Immer noch lächelte sie vor sich hin, wenn sie darüber nachdachte.
Als Schritte hinter ihr erklangen, fuhr Cady hektisch herum. Mit der Frau in dem weißen Arztkittel hatte sie nicht gerechnet und sah ihr einen Augenblick lang unschlüssig entgegen. Melody kam zögernd näher, spielte nervös mit dem Stethoskop in ihren Händen und blieb schließlich kurz vor Cady stehen.
„Aléjandro hat die Operation gut überstanden“, bemerkte sie. „Sobald er aus der tiefen Narkose erwacht, kommt er zurück ins Zimmer und ihr könnt zu ihm.“
Wortlos starrte Cady sie an. Melody erwiderte ihren Blick und schien eine Spur blasser zu werden.
„Du weißt es“, flüsterte sie.
Es war eine Feststellung und Melodys Schultern sackten im gleichen Moment nach unten.
„Oh Cady, es tut mir so leid.“
Sie ließ sich auf einen der Stühle sinken, die an der Wand standen, und verbarg das Gesicht in den Händen. Langsam nahm Cady neben ihr Platz.
„Warum hast du dich darauf eingelassen und ihnen geholfen?“
„Sie hat mich erpresst“, entgegnete Melody und hob den Kopf. Ihre Wangen waren nass von Tränen. „Ich wollte Harold und die Kinder nicht verlieren, weil ich einen dummen Fehler gemacht habe.“
„Also hast du gedacht, es wäre weniger schlimm, wenn sie mich und meine Kinder stattdessen mitnehmen?“
„Ich wusste nicht, dass jemand dabei zu Schaden kommt“, beteuerte Melody. Ein Schluchzer kam über ihre Lippen. „Bitte verzeih mir, Cady. Es tut mir so furchtbar leid.“
Cady strich sich das Haar aus der Stirn. Im Augenblick fiel es ihr schwer, Entscheidungen zu treffen. Zu viel war auf sie eingestürmt.
„Wieso hat Aléjandro mir nichts erzählt?“
„Aléjandro? Was meinst du?“
„Von eurem Kind.“
Melodys Augen wurden groß und ihre Gesichtsfarbe wechselte von blass zu weiß. Hastig schüttelte sie den Kopf.
„Bitte, du darfst es ihm nicht sagen, Cady. Er hat keine Ahnung, ich habe ihm nie etwas gesagt. Das ist alles schon so lang her. Harold war sich immer klar darüber, dass er nicht Keiths leiblicher Vater ist,
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