Nur du weckst diese Sehnsucht
an den Tisch und brachte das Essen. Der junge Mann in Baggy Pants und T-Shirt wünschte ihnen einen guten Appetit, doch anstatt wieder zu gehen, wandte er sich an Memphis: „Sie sind Memphis James, oder? Ich mache seit drei Jahren Basejumping. Ihre Sprünge sind wirklich der Hammer!“
Memphis hielt weiter Kates Hand. „Danke.“
Der Mann nahm eine entspannte Haltung ein, als wollte er sich länger unterhalten. „Ich stand damals am Rand der New-River-Schlucht, als Sie mit diesem Anderson gleichzeitig den doppelten Rückwärtssalto gesprungen sind.“
Memphis schenkte dem Kellner ein freundliches Lächeln. „Ja, der Sprung hatte es in sich.“
Dann schien der Mann kurz zu zögern und nachzudenken. „Und sind Sie nicht auch zusammen vom Anderson Tower gesprungen? Gab es da nicht einen schlimmen Unfall, bei dem Ihr Freund verletzt wurde?“
Beim Gedanken an den schrecklichen Tag blieb Kate fast das Herz stehen. Abrupt stoppte Memphis die kreisende Bewegung seines Daumens. Jegliche Freundlichkeit wich schlagartig aus seinem Gesicht.
Doch der redselige Kellner schien es nicht zu bemerken. „Ich habe gehört, er wäre fast gestorben. Geht es ihm wieder gut?“
Es entstand eine Pause, bis Kate einsprang und an Memphis’ Stelle antwortete: „Brian Anderson geht es gut, ja.“
Memphis räusperte sich und zog seine Hand zurück. „Ja, ihm geht es großartig. Danke fürs Essen.“
Nachdem der Kellner endlich gegangen war, widmete sich Memphis stumm seinem Teller, ohne Kate anzusehen. Auch sie starrte auf ihr Essen. Ihr war der Appetit vergangen.
Zwei Tage später klammerte sich Kate an ihren Eistee, bemüht, das herrliche Sonntagnachmittagwetter und die fantastische Aussicht der eleganten Bar auf dem Dach des Anderson Tower zu genießen. Kurz zuvor war sie noch mit ihrer Familie zum Brunch im Country Club gewesen, als Memphis angerufen und vorgeschlagen hatte, ihn hier zu treffen. Nach achtundvierzig Stunden Funkstille war sie sehr dankbar für seinen Anruf. Und ebenso dankbar war sie für die Möglichkeit, ihren Eltern zu entkommen und sich nicht länger für die Wahl ihres Dates rechtfertigen zu müssen. Ihre Eltern waren offensichtlich alles anderes als begeistert, dass sie Memphis als Freund betrachtete. Wie enttäuscht wären sie wohl, wenn sie wüssten, wie viel mehr er war? Oder besser, wie viel mehr er gewesen war.
Denn nach der unglücklichen Situation im Restaurant war Kate sich nicht mehr sicher.
Die Bemerkung des Kellners hatte die Stimmung gedämpft, und Memphis war für den Rest des Abends in eine stille Verschlossenheit gefallen. Sie selbst hatte ständig an den Tag des Unfalls zurückdenken müssen, und daran, was sie damals alles zu Memphis gesagt hatte …
In ihrem Magen grummelte es, und sie legte eine Hand auf den Bauch.
Dann sah sie Memphis, wie er die Dachterrasse betrat. Er bewegte sich mit einer Selbstsicherheit, als gehörte ihm das Gebäude, und nicht ihrer Familie. Wie immer trug er Jeans, darüber ein enges T-Shirt, das jeden Muskel seines athletischen Oberkörpers noch extra zu betonen schien. Lässig hatte er einen kleinen Rucksack über die Schulter geschlungen.
Warum wollte sich Memphis ausgerechnet hier mit ihr treffen?
Es musste etwas mit Brians Unfall zu tun haben. Irgendwie stand dieses Thema immer noch zwischen ihnen. Sie beschloss, es ein für alle Mal auszuräumen.
„Die meisten Leute“, begrüßte sie ihn, als er an ihren Tisch kam, „kommen nach Miami, um das Meer zu genießen, und nicht die Wolkenkratzer.“
Memphis ging nicht darauf ein, sondern winkte die Bedienung heran, bestellte etwas und setzte sich. „Ich bin halt nicht ‚die meisten Leute‘.“
Nein, das war er wahrlich nicht.
Der Blick seiner whiskybraunen Augen war sexy wie immer, doch darunter verbarg sich etwas Hartes, das dort lauerte, seit der Kellner den Unfall erwähnt hatte. Sie studierte sein Gesicht – was ging in ihm vor? Die warnenden Worte ihres Bruders fielen ihr ein: Memphis würde nicht lange in der Stadt bleiben. Was bedeutete, dass ihr die Zeit davonlief.
Angst lastete schwer auf ihrer Brust. Ein Gefühl, das sie sich bisher nicht eingestanden hatte, dabei war es die ganze Zeit da gewesen. Nun verstand sie, dass genau diese Angst sie am Anfang so lange hatte zögern lassen, Memphis um Hilfe zu bitten.
Denn niemand konnte ihr Herz so leicht verletzen wie er.
Eine Kellnerin bracht das bestellte Getränk. Als sie wieder gegangen war, fragte Memphis leicht zynisch: „Wie
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