Nur ein Augenblick des Gluecks Roman
der Wärme und des Trostes wegen. Stattdessen stieg er aus dem Wagen. Er ließ seine wartende Frau und sein Baby hinter sich zurück und näherte sich dem fremden Ort, an dem er aufgewachsen war.
Als er die Stufen zur Veranda betrat, entdeckte er sein eigenes Spiegelbild in einem der großen Fenster zu beiden Seiten der Haustür.Was er sah, wirkte wie ein Schatten seiner selbst, der aus dem Haus herausschaute. Es fühlte sich an, als würde die Zeit mit halber Geschwindigkeit über ihn hinwegschwappen, immer langsamer werden und schließlich in sich zusammenfallen. Über die breiteVeranda mit den Korbmöbeln zu gehen, kam ihm surreal vor.
Er zögerte einen Moment und dachte über das rotierende Kaleidoskop von Ereignissen nach, die ihn unerwartet zurück in die Lima Street gebracht hatten. Amy war nach London gekommen, um in dem Hotel, das er managte, eine Hochzeitsfeier zu besuchen; er hatte sich auf der Stelle verliebt und sie in Windeseile geheiratet; noch in der Hochzeitsnacht war Zack gezeugt worden; und am Tag, an dem Zack sechs Monate alt wurde, war das Angebot des Hotels in Santa Monica gekommen. Und einige Wochen darauf, vor acht Tagen, genau gesagt, waren sie in Los Angeles gelandet. Er hatte Amy sagen hören: »Justin, jetzt wo du zurück in Kalifornien bist, musst du dich als Erstes mit deinen Eltern und deinen Schwestern in Verbindung setzen. Es ist wichtig. Für Zack. Ich will, dass er seine Familie kennen lernt.«
Wäre es allein Justins Entscheidung gewesen, dann hätte es viel länger gedauert, bis er hierher zurückgekehrt wäre, vielleicht ein Leben lang.
Er legte seine Hand auf die Klingel neben der Haustür und hörte beinahe sofort das Klicken des Schlosses. Dann wurde die Tür von einem asiatisch aussehenden Mädchen im Teenageralter geöffnet. Der Anblick dieses Mädchens in knappem T-Shirt, enger Jeans und einer roten Baseball-Kappe irritierte ihn. Sie wirkte völlig ungezwungen, hier, an der Haustür seiner Eltern. Um seine Stimme in den Griff
zu bekommen, räusperte er sich. »Mister Fisher oder seine Frau … ist einer von ihnen zu Hause?«
Die ausdruckslose Miene, mit der das Mädchen ihn musterte, brachte ihn nun völlig aus dem Gleichgewicht. Er hatte das Gefühl, sich erklären zu müssen. »Ich bin ihr Sohn«, sagte er.
»Tut mir leid, hier gibt’s niemanden, der Fisher heißt.« Das Mädchen zuckte die Schultern und schloss die Tür.
Justin hätte niemals damit gerechnet, dass seine Mutter oder der Rest der Familie nicht in diesem Haus wohnen könnten. Die Vorstellung, dass sie hier nicht mehr lebten, betäubte ihn geradezu.
Es dauerte mehrere Minuten, ehe er sich von der geschlossenen Tür abwandte. Er hatte beinahe den Bürgersteig erreicht, als sie sich erneut öffnete und das Mädchen ihm hinterherrief: »Warten Sie! Meine Mom sagt, dass die Leute, von denen wir das Haus gekauft haben … der Vater, der alte Mann, der hier wohnte, er hieß Fisher. Sie sagt, sie hat seine neue Adresse, zu der er gezogen ist. Nachdem er hier ausgezogen ist.«
Das Ziel von Justins merkwürdiger Heimkehr war also nicht mehr das Haus in der Lima Street.
Das Altenpflegeheim war in einem kompakten Gebäude aus Beton untergebracht. Innen roch es durchdringend nach Desinfektionsmitteln, Bohnerwachs undVerfall; überall sausten Schwestern in hellen Uniformen herum, und über allem lag die abstoßende Atmosphäre der verstohlenen, irgendwie unschicklichen Anstrengung, es mit dem Tod höchstpersönlich aufnehmen zu wollen.
Seit dem Augenblick, in dem Justin durch den Haupteingang
getreten war, kribbelte seine Haut. Er spürte eine gewisse Erleichterung,Amy und Zack nach Hause gebracht zu haben, bevor er hierhergekommen war.
Er hatte schon mehrere Minuten am Empfang gestanden, ohne dass die Angestellte es für nötig gehalten hätte, ihr angeregtes Telefongespräch zu unterbrechen und Notiz von ihm zu nehmen. Auf dem Schreibtisch neben ihrem Ellbogen stand eine Schneekugel, die Justin nun anhob, um sie dann demonstrativ fallen zu lassen. Sie landete mit einem gewaltigen Knall.
Die Empfangsdame schaute zu ihm auf; die Verblüffung in ihrer Miene wich sofort einem befangenen, leicht flirtenden Gesichtsausdruck. Justin registrierte diese Reaktion oft bei Frauen, die ihn zum ersten Mal sahen. Schon als Teenager war sie ihm aufgefallen, ohne dass er sich darum weiter Gedanken gemacht hätte. Er hatte es immer eilig gehabt.
Die Highschool hatte er als Überflieger hinter sich gebracht. Wenige Tage
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