Nur ein Hauch von dir
ob sie eure Leichen vielleicht nie gefunden haben. Vielleicht habt ihr euren Körper einfach mitgenommen?«
»Das könnte sein«, meinte er unsicher. »Aber man muss doch mehr herausbekommen können.«
»Wir könnten nach Vermisstenanzeigen suchen. Dafür müsste es Seiten geben. Wenn sie keine Leiche gefunden haben, müsstet ihr als vermisst gemeldet worden sein.«
»Das sollten wir unbedingt probieren. Aber jetzt muss ich dir noch den Rest von Matthews Theorie erzählen.«
Plötzlich wurde ich unruhig. Wenn Matthew nun von dem Ganzen nichts hielt? Ich war mir nicht sicher, ob Callum es fertigbrächte, sich Matthew und seinen Gesetzen zu widersetzen.
»Einverstanden.«
»Er meint, du solltest nach St. Paul’s kommen. Wenn das Amulett dich uns ein bisschen ähnlich macht, müsste die Wirkung dort am stärksten sein. Er meint, dass wir innerhalb der Kirchenmauern eine Chance hätten, uns leichter zu verständigen.«
Matthew treffen. Die Vorstellung machte mich ziemlich nervös. Das war ein bisschen, wie den Eltern vorgestellt zu werden. Ich schluckte schwer und lächelte. »Das wäre toll. Wann sollen wir das machen?«
Auch Callum schien aufgeregt zu sein – fast wäre er vor Begeisterung im Zimmer herumgesprungen. »Ich denke, wir sollten sofort hin. Was hast du heute noch vor?«
»Callum, sei vernünftig. Ich bin erst gestern entlassen worden, und zwar ohne Diagnose. Meine Eltern werden mich ewig nicht alleine nach London gehen lassen.«
Er sah aus wie ein begossener Pudel. »Oh, ich verstehe. Kann man das irgendwie umgehen?«
»Ich könnte mich fortschleichen, doch das geht nur, wenn keiner von beiden zu Hause arbeitet. Aber wenn sie für eine Weile unterwegs sind, kann ich vielleicht kurz weg.«
»Hast du eine Ahnung, was sie heute vorhaben?«
»Nicht die geringste. Müssen wir denn heute gehen? Der halbe Vormittag ist schon rum.«
»Ich bin sicher, dass es auch noch warten kann. Ich bin nur so gespannt darauf, was du vielleicht alles machen kannst.«
»Was meinst du?«
Er lächelte mich total umwerfend an. »Wer weiß?«
Ich musste mir eingestehen, dass ich neugierig geworden war. Offenbar vermutete Callum etwas ganz Bestimmtes, über das er aber nicht sprach. Ich konnte es nur herausbekommen, wenn ich hinging.
Wir vereinbarten, dass er ein paar Erinnerungen sammeln gehen würde, während ich die Pläne der Familie erkunden wollte. Mum arbeitete unten in ihrem Zimmer. Josh, der alle seine Prüfungen hinter sich hatte, lag mit seinem iPod in der Sonne, und Dads Wagen war weg.
Mum freute sich, dass ich endlich wach war, und machte mir Frühstück. Während ich aß, wich sie mir nicht von der Seite und war offensichtlich noch immer ganz überwältigt davon, mich zurückzuhaben. Es würde nicht einfach werden.
»Und, was für Pläne hast du heute?«, musste ich schließlich fragen, nachdem alle raffinierten Ansätze gescheitert waren.
»Du ruhst dich weiter schön aus, Möhrchen. Die Ärzte haben dich noch eine Woche krankgeschrieben, und da gibt es jetzt nichts, was du tun musst.« Bei dem alten Kosenamen zuckte ich etwas zusammen und fragte mich, ob Callum zuhörte.
»Gehst du arbeiten? Ich nehme an, du hast jetzt jede Menge zu tun, nachdem du dich eine Woche im Krankenhaus einquartiert hattest.«
»Ich hab schon ganz schön zu tun, aber das kann ich von zu Hause aus erledigen. Ich möchte dich jetzt nicht alleine lassen. Jedenfalls nicht so bald.«
»Im Ernst, Mum. Das ist nicht nötig. Ich kippe nicht aus den Latschen, wenn du ins Büro gehst.«
Ich sah ihr an, dass sie hin und her gerissen war, und schubste sie in die richtige Richtung. »Außerdem ist Josh hier, da wäre ich ja nicht ganz allein.«
Wie auf Bestellung meldete ihr BlackBerry den Eingang einer weiteren E-Mail. Schnell überflog sie das Schreiben und seufzte. »Also wenn du dir absolut sicher bist … Ich könnte wirklich für ein paar Stunden reinfahren und ein paar dringende Dinge erledigen.«
»Das ist doch gar kein Problem. Was soll schon passieren?« Ich kreuzte die Finger hinter dem Rücken. Schließlich hatte ich keine Ahnung, was für verrückte Sachen Matthew vorhatte.
»Nur, wenn du dir ganz sicher bist.« Mir war klar, dass Mum jetzt schon Schuldgefühle hatte und sie sich Vorwürfe machen würde, bis sie im Büro war. Doch dann würde sie in ihrer Arbeit aufgehen und für Stunden fortbleiben.
»Ich bin ganz sicher«, beschwichtigte ich sie. »Ich brauche wirklich keinen Babysitter. Mir geht es
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