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Nur ein Jahr, Jessica!

Nur ein Jahr, Jessica!

Titel: Nur ein Jahr, Jessica! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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anhänglichen Hund behandeln würde!“
    „Ist sie denn mehr als das?“ fragte Fräulein Clewe. Plötzlich hatte sie einen anderen Ton, es lag eine gewisse Härte darin.
    „Ein klein bißchen mehr ist sie schon“, meinte ich. „Sehen Sie, ich meine, daß ein Mann, wenn er ein so junges Mädchen heiratet, gewisse Verpflichtungen hat. Er hätte doch mit ihr sprechen müssen, hätte sie ein paar Sachen lehren sollen – man darf nicht aus einem Menschen nur ein süßes Spielzeug machen!“
    Ich konnte nicht begreifen, warum eine Röte in Fräulein Clewes Gesicht stieg. Sie nahm einen Schluck Tee und erklärte: „Es gibt eben Menschen, die zu Spielzeug geschaffen sind. Und es gibt Männer, die nicht mehr als ein solches süßes Spielzeug brauchen, weil sie Freunde oder Freundinnen haben, mit denen sie alle Interessen teilen können, zu denen sie volles Vertrauen haben, zu denen sie mit allen Sorgen kommen können.“
    Sie brach jäh ab, aber sie hatte genug gesagt. Jetzt wurde mir die Situation plötzlich klar. So eine Form des Ehebetrugs gibt es auch! Die uralten Witze über den Chef und die reizende junge Sekretärin könnten auch umgedreht werden. Es gibt auch kluge, tüchtige, hilfsbereite Sekretärinnen, die sozusagen mit süßen, kleinen, nichtssagenden Ehefrauen „betrogen“ werden.
    Einer solchen Sekretärin wäre es durchaus nicht recht, daß die Ehefrau etwas dazulernte, daß sie in Gebiete eindringen würde, welche die Sekretärin für sich vorbehalten sehen möchte.
    Ich stand auf. Jetzt hatte ich etwas gegen Fräulein Clewe. Ich hatte keine Lust mehr, mich weiter mit ihr zu unterhalten.
    „Ich packe dann schnell, Fräulein Clewe. Ich nehme an, ich soll Ihnen meinen Schlüssel überlassen?“
    „Ja, so hat es der Herr Direktor angeordnet.“
    Ich spülte blitzschnell die Teetassen ab, dann lief ich nach oben und packte in Windeseile. Diese ganze unangenehme Geschichte wollte ich so schnell wie möglich hinter mich bringen.
    Mit gefülltem Koffer und praller Flugtasche, Handtasche, Schirm und zweitem Mantel kam ich nach unten.
    „Ich habe meinen kleinen Wagen vor der Tür“, sagte Fräulein Clewe. „Sagen Sie bloß, wo ich Sie hinfahren soll.“
    „Es ist sehr freundlich von Ihnen“, erklärte ich, lud meine Sachen ein, setzte mich neben Fräulein Clewe und gab ihr die Adresse von Familie Grather.
    Frau Grather öffnete die Tür. „Ach Jessica, wie nett…“ Sie sah mein ganzes Gepäck und lächelte.
    „Aha, jetzt ist es also passiert. Kommen Sie, Jessica. Das Fremdenzimmer ist frei, und diesen Sonntag gibt es ganz bestimmt Hasenbraten!“

Ein neues Arbeitsfeld
     
     
    „Klar, daß man Sie zurückholt!“ meinte Bernadette Grather, als ich ihr die ganze Geschichte erzählt hatte. „Das ist vielleicht zum Totlachen! Und wer erst recht lachen kann, bin ich. Denn Sie bleiben doch hier, Jessica, bis Ihr Direktor und sein Hündchen zurück sind? Na klar dürfen Sie mir helfen und wie gern! Allerdings kriegen Sie hier kein so fürstliches Gehalt, aber jedenfalls… Ach, hören Sie doch auf, natürlich bekommen Sie etwas. Sie kommen als rettender Engel, gerade jetzt wollte ich so gern meinem Mann helfen, er macht zur Zeit einen Werbefilm. Da braucht er meine Hilfe. Nein, wie bin ich froh, daß Sie da sind! Ach Jessica, wie war es doch, haben wir uns nicht darüber geeinigt, daß wir uns so gern mögen? Also, dann hören wir gleich mit dem blöden Siezen auf, ich werde nie so deutsch, daß ich mich damit abfinden kann. Wir werden hier ein paar Wochen Seite an Seite arbeiten und dann uns immer siezen! Nicht auszudenken! Bist du einverstanden?“
    „Und ob! Du bist ein Goldstück. Ist es wirklich wahr, daß du mich gern hier haben möchtest? Und was sagt dein Mann dazu?“
    „Er wird mich vor Freude umarmen, und wenn ich nicht ganz scharf aufpasse, umarmt er dich auch! So, nun schnell auspacken. Und wenn du dann das Mittagessen kochen würdest, wäre es himmlisch. Ich habe einen Haufen Kindersachen zu plätten, und heute nachmittag will ich doch Asbjörn helfen!“
    Kurz danach stand ich in der Küche und putzte Gemüse. Am Tisch in der Ecke stand Bernadette und plättete.
    Es war urgemütlich, und unsere „Quasselwerkzeuge“ (Falkos Ausdruck) liefen mit Plätteisen und Gemüsemesser um die Wette.
    „Schade um deine kleine Gnädige“, sagte Bernadette, als ich sie über die Entwicklung im Hause Frisch-Nielsen orientiert hatte. „Du könntest bestimmt sehr viel für sie tun – ich meine noch

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