Nur ein Jahr, Jessica!
mehr als bis jetzt. Aber wie ich schon sagte, sie werden dich ganz bestimmt zurückholen. Willst du dann wieder hingehen?“
Ich überlegte, während ich langsam eine Steckrübe schälte. „Ich weiß nicht, Bernadette. Doch, ich glaube schon. Es klingt vielleicht sehr eingebildet, aber ich habe das Gefühl, daß ich in dem Haus eine Aufgabe habe!“
„Mehr, als nur der kleinen Brötchengeberin die Bedienung der Haushaltsapparate beizubringen?“
„Ja! Etwas, das viel, viel schwieriger ist. Sie dazu zu bringen, ab und zu ein Buch zu lesen – sich für Dinge zu interessieren, die auch für ihren Mann von Interesse sind – kurz gesagt…“
„Kurz gesagt, die Kameradschaft zwischen den beiden fördern auf Kosten der Beziehungen zu der unentbehrlichen Sekretärin!“
„Nun ja. Etwa in der Richtung. Weißt du, ich stelle mir vor, ich wäre mit Falko verheiratet und er wäre mir unbedingt treu in der üblichen Bedeutung des Wortes. Aber er ginge immer zu einer anderen mit seinen Interessen, seinen Sorgen, seinen Problemen. Ja, dann glaube ich, würde ich eifersüchtig werden! Ich würde mich zu Tode grämen, denn ich käme mir so überflüssig vor!“
„Na, du hast ja auch ein bißchen mehr Köpfchen als deine Gnädige. Man darf wohl voraussetzen, daß sie es nicht so empfindet. Sie meint ganz sicher, daß sie einen vorbildlichen Ehemann hat!“
„Ja, siehst du, und wenn ich versuchen soll, ihr zu helfen, muß ich es so tun, daß sich diese Auffassung nicht ändert! Es wird schwer, verdammt schwer. Aber ich empfinde es beinahe – ja, du wirst jetzt lachen –, ich empfinde es als eine Pflicht, ihr zu helfen!“
„Es ist auch deine Pflicht. Denn, wenn man sieht, daß etwas verkehrt läuft, sieht, daß jemand Hilfe braucht, und man könnte helfen und tut es nicht, dann ist man selbst an dem Unglück schuld!“
„Du sagst es so sicher, Bernadette, so, als ob es deine Lebensauffassung wäre.“
„Ist es auch.“
„Wenn zum Beispiel ein einsames Hausmädchen nicht weiß, wohin an einem Sonntag, und du könntest ihr einen netten Tag verschaffen und tätest es nicht, dann wärest du an ihrer Einsamkeit schuld!“
„Genau! Du hast es kapiert! Dabei möchte ich sagen, daß es in diesem Fall sehr leicht war, danach zu handeln. Ich mochte dich gleich vom ersten Augenblick an.“
„Danke, gleichfalls, Bernadette!“
Barry, der die ganze Zeit unter der Eckbank gelegen hatte, stand auf und ging zur Tür. Dann stellte er sich auf die Hinterbeine und drückte die Türklinke mit einer Vorderpfote herunter.
„Na, dann kommt gleich Elaine“, sagte Bernadette. Sie ging in den Flur und machte die Wohnungstür auf. „Patentschlösser schafft er nicht“, lächelte sie. „Aber die Haustür unten macht er schon auf.“
„Weiß er immer, wann Elaine kommt?“
„Immer. Ich kann die Uhr nach ihm stellen. Wo ist denn Anton – ach richtig, er ist ja im Garten. In ein paar Minuten kannst du durchs Fenster die ganze Empfangszeremonie beobachten, wenn du Lust hast!“
Natürlich hatte ich Lust.
Da unten stand Barry auf den Hinterbeinen, die Vorderpfoten auf dem Gartentor, und starrte unentwegt in eine Richtung. Auf dem einen Torpfosten saß Kater Anton, den Kopf in dieselbe Richtung gedreht.
Dann drückte Barry plötzlich auf die Klinke, das Tor ging auf, Anton sprang auf Barrys Rücken, und sie verschwanden. Nach ein paar Minuten kamen sie zurück zusammen mit Elaine. Jetzt saß Anton auf ihrer Schulter.
„Das ist doch ganz entzückend mit euren Tieren!“ sagte ich.
„Ja, und wir freuen uns auch täglich darüber. Nur eins ist schrecklich. Barry ist schon zwölf Jahre alt. Wir wagen nicht an den Tag zu denken, wenn wir ihn nicht mehr haben. Nun ja, vorläufig ist er noch munter und gesund – du ahnst nicht, wie wir an dem Tier hängen!“
„O doch, ich ahne es schon. So, da haben wir die Bande, und dabei ist das Essen nicht fertig!“
„Es ist auch noch nicht soweit. Elaine und Barry holen jetzt Marcus aus dem Kindergarten. Inzwischen setzen wir das Essen in dem Druckkocher auf. Dann ist alles fertig, wenn die beiden zurückkommen. Hoffentlich ist Asbjörn auch pünktlich!“
Das war er. Er hatte den ganzen Vormittag bei seiner Filmgesellschaft verbracht, es ging um seinen Film über Norwegen, der geschnitten und vertont werden sollte.
„Ich denke, Sie machen zur Zeit einen Werbefilm?“ sagte ich.
„Das mache ich nebenbei, nachmittags und besonders abends, wenn die Kinder schlafen. Denn dazu
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