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Nur ein Jahr, Jessica!

Nur ein Jahr, Jessica!

Titel: Nur ein Jahr, Jessica! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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„Es ist nicht zu spät! Beginnen Sie da, wo Sie damals hätten beginnen müssen – bei der kleinen Achtzehnjährigen. Leiten Sie sie in Ihre Welt, in Ihre Interessen – versuchen Sie es jedenfalls!“
    „Ja“, sagte der Direktor. Er stand auf. „Ich werde es versuchen. Und nun, Fräulein Jessica, wie ist es? Kommen Sie gleich mit?“
    „Ich muß noch packen, Herr Direktor.“
    „Gut! Eigentlich habe ich auch noch etwas zu tun, bevor ich nach Hause fahren kann. Packen Sie also in Ruhe, und wenn ich Ihnen raten darf – essen Sie zu Mittag. Meine Frau weiß ja nicht, daß Sie kommen, und ich fürchte…“
    „Was fürchten Sie?“
    „Brathuhn“, sagte der Direktor und ging zur Tür.
    Ich war froh, daß er nicht mit einer langen Entschuldigung angefangen hatte, daß er die Episode mit dem Mißverständnis und der Kündigung gar nicht erwähnte. Es war ja alles aufgeklärt, man brauchte kein Wort mehr darüber zu verlieren.
    Dann saß ich wieder neben ihm im Wagen mit meinem ganzen Gepäck im Gepäckraum und sollte zum zweitenmal meine Stellung antreten. Ich hatte ein komisches Gefühl.
    „Sagen Sie“, sprach er endlich, als wir aus dem Stadtverkehr herauswaren. „Stellen Sie gar keine Bedingungen, wenn Sie nun zurückkommen? Haben Sie gar keine Sonderwünsche?“
    „Wenn Sie schon fragen, einen großen Wunsch hätte ich.“
    „Und der wäre?“
    „Ich möchte Weihnachten so furchtbar gern meine Eltern besuchen. Ich habe sie lange Zeit nicht mehr gesehen. Nur für zwei, drei Tage. Ich werde auch alles vorkochen und tiefkühlen…“
    „Das brauchen Sie nicht. Fahren Sie ruhig zu Ihren Eltern, das ist kein Problem. Meine Frau und ich machen sowieso Winterurlaub. Wissen Sie, in meinem Geschäft ist gerade im Sommer Hochbetrieb, dann kann ich nie weg. Dafür machen wir immer Urlaub im Winter.“
    „Ja dann“, sagte ich glücklich, „dann habe ich keine Wünsche mehr!“
    Der Direktor machte die Haustür auf. Vom Wohnzimmer kamen uns eilige Schritte entgegen.
    „Bist du schon da, Dicker, ich werde sofort… Nein! Jessica! Jessica!“
    Und dann hatte ich die Arme meiner kleinen Gnädigen um den Hals.
    „O Jessica, wie schön! Wie schön, daß Sie da sind! Wir haben Sie so vermißt!“
    Ich war so gerührt, daß ich zweimal schnell schlucken mußte.
    Der Direktor stand noch da, mit meinem Koffer in der Hand. Auf seinem Gesicht lag ein unergründliches Lächeln. Er murmelte etwas. Ich wollte nicht fragen, aber es war mir, als ob seine Lippen ein einziges Wort formten: „Teufelsmädchen!“
    Dann begann wieder der alte Trott. Es gab genug zu tun, die Wäsche hatte sich gehäuft, im Kühlschrank standen Reste, die verwertet werden mußten, und im Keller eine Kiste Apfel, die ich gerade einkochen wollte, als ich jäh rausgeschmissen wurde.
    Eines Tages erhielt ich einen Einschreibbrief.
    Ich begriff überhaupt nichts. Er war von einer mir vollkommen unbekannten Firma, maschinegeschrieben, klar und deutlich an „Cand. med. Jessica Berner“.
    Dann las ich und traute meinen Augen nicht:
     
    „Sehr geehrtes Fräulein Berner! Hiermit erlauben wir uns, Ihnen Ihr Honorar für den Text zu Herrn Grathers Werbefilm zu übersenden. Die Summe setzt sich folgendermaßen zusammen:
     
    10 Texte zu je DM 75,-     DM 750,00
    Name für unsere Werbefigur (Dankward)   DM 250,00
           DM 1000,00
     
    Wir legen einen Scheck über diese Summe bei.
    Wir danken Ihnen für die angenehme Zusammenarbeit und werden uns gegebenenfalls wieder an Sie wenden.“
    Ich blieb stehen, den Scheck in der linken Hand, den Brief in der rechten. Dann schritt ich zum Telefon.
    Bernadette kam an den Apparat. „Wieso?“ sagte sie auf meine erstaunte Frage. „Das ist doch eine klare Sache. Werbearbeit wird gut bezahlt, wußtest du das nicht?“
    „Aber, liebe Bernadette, ich habe es ja nur getan, um Asbjörn zu helfen und weil es mir Spaß machte…“
    „Und dann sollte die reiche Ölfirma alles umsonst haben, wofür sie bei jedem anderen Texter teuer zahlen muß? Liebe Jessica, du kannst das Geld seelenruhig annehmen, es ist eine ganz korrekte Sache.“
    „Aber, Bernadette, es will mir nicht in den Kopf, daß ich in einer so unverschämt leichten Art Geld für zweieinhalb Monate Leben und Studium in Kiel verdient habe!“
    „Reichen tausend Mark für zweieinhalb Monate? Dann bist du weiß Gott bescheiden. Übrigens, wir vermissen dich! Kommst du bald?“
    „Ja, am Sonntag, wenn ich darf!“
    „Fein! Wir sind um neun am

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