Nur ein kleines Bischen
Vampir entpuppt. Dann hätten wir es rechtfertigen können, den Typen zu pfählen.«
»Oh, ich bitte dich, Rayne. So schlimm ist er doch nicht. Sunny lacht. Natürlich denkt sie so. Ihr mit David-Gray-Postern geschmücktes Zimmer ist ja noch unversehrt.
»Ich meine, warum kann sie nicht wie eine normale
Mom mit dem Burschen zusammenleben? Ihr Bett mit
ihm teilen? Sie schlafen doch offensichtlich miteinander, oder? Ich meine, sie sind Erwachsene. Sie müssen es tun. Weshalb also die Sache mit den
getrennten Schlafzimmern?«
Sunny zuckt die Achseln. »Vielleicht will sie uns ein gutes Beispiel geben.«
»Pfff. Danke, Mom.« Ich seufze und suche mir eine
neue Position auf dem Feldbett. »Weißt du, Sunny, du solltest mit Magnus wirklich ernst machen. Ihm das Gehirn aus dem Leib vögeln. Nur um zu beweisen, dass ihr jämmerlicher Versuch einer Morallektion
völlig blödsinnig ist.«
»Ja, klar. Ich werde nicht meine Jungfräulichkeit
verlieren, nur um Mom eine Lektion zu erteilen,
Rayne.«
»Hm, es ist ja nicht so, als würdest du nicht auch etwas davon haben«, brumme ich, verärgert darüber, dass Sunny die Logik dieses Opfers für die Allge-meinheit nicht erkennen kann. Ich würde es ja selbst tun, aber ich bin mir ziemlich sicher, Mom weiß bereits, dass ich inzwischen einige Male aufs Ganze gegangen bin.
»Wie dem auch sei«, sagt Sunny. »Du wirst nie
erraten, wem ich gestern Abend über den Weg gelaufen bin.« Sie sieht mich erwartungsvoll an.
»Ähm, wenn ich es nie erraten werde, warum erzählst du es mir nicht einfach?«
Sie hält um des dramatischen Effekts willen inne.
»Race Jameson.«
Ich verdrehe die Augen. Race Jameson ist dieser
Rockstar, von dem jetzt Hinz und Kunz und ihre
Mütter ganz besessen sind. Er singt für eine Band
namens Triage und tanzt einfach auf zu vielen
Hochzeiten. Ich habe mal gedacht, seine Musik sei
halbwegs hörbar, bis die Clips der Band bei TRL und so weiter gezeigt wurden. Der reinste Ausverkauf.
Selbst die Cheerleader sind besessen von dem Typen.
Und es ist nicht seine Musik mit der er ihre Aufmerksamkeit erregt.
»Sieht er in Fleisch und Blut genauso gut aus wie auf MTV?«
Sunny grinst. »Besser. Viel besser. Und .. .« Eine weitere dramatische Pause. »Er ist ein Vampir.«
Ich ziehe eine Augenbraue hoch. Jetzt hat sie mich überrascht.
»Ein Vampir? Bist du dir sicher?«
»Yep. Ich bin ihm gestern Abend begegnet, als ich
unten im Zirkel war und Magnus besucht habe. Er ist für einen Monat in der Gegend, während er sein neues Album aufnimmt. Ich schätze, er ist seit fast tausend Jahren untot und hat sich bedeckt gehalten, bis ihm eines Tages ein Buch von Anne Rice in die Hände fiel und er beschlossen hat, dass Lestat nicht der einzige Vampir sein sollte, der Rock 'n' Roll macht.«
»Hm. Das klingt irgendwie cool«, gestehe ich.
Plötzlich empfinde ich wieder einen gewissen Respekt vor dem Burschen. Selbst wenn seine Musik ätzt.
»Also, wie dem auch sei, wie ist das Spiel gelaufen?
Dein erster Abend als Cheerleader?«, erkundigt Sunny sich. »Ich kann mir dich immer noch nicht in so einem Rock vorstellen.«
Ich verdrehe die Augen. »Quatsch keinen Blödsinn.
Du bist hingegangen und hast zugesehen.«
Sunny heuchelt Erschrecken. »Du denkst, ich sei zu dem Spiel gegangen? Nachdem du mir einen langsa-men Tod und die völlige Verstümmelung angedroht hast, wie in diesen Filmen mit der Motorsäge, wenn ich mich dem Feld auch nur auf hundert Meter nähern würde?«
»Ohne Scheiß.«
»Okay, na schön«, gesteht meine Zwillingsschwester.
»Ich bin vorbeigegangen. Nur für ein paar Minuten, um mir deine Vorstellung anzusehen. Wahrhaftig, Rayne, du warst gar nicht so übel. Ich war ziemlich überrascht.«
»Ähm, danke.« Ich stütze mich auf einen Ellbogen.
»Freut mich zu hören, dass du so viel Zutrauen in
mich hattest. Was hast du erwartet? Dass ich der
Länge nach aufs Gesicht schlage?«
»Rayne, sieh den Tatsachen ins Auge, du bist nicht gerade der geborene Cheerleader. Piercings und Pompons passen im Allgemeinen nicht zusammen.«
»Ich behaupte nicht, dass es meine Szene sei. Aber ich hatte den Auftrag, ein Cheerleader zu werden, und ich nehme meine Aufträge ernst.«
Sunny zieht eine Augenbraue hoch. Ȁhm, seit
wann?«
»Wie dem auch sei«, sage ich. »Ich habe im Augen—
blick größere Probleme als die Beherrschung des
Megafons.«
»Oh?« Sunny kriecht ans Fußende des Bettes und ihre Augen leuchten schelmisch. »Wie
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