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Nur ein kleines Bischen

Nur ein kleines Bischen

Titel: Nur ein kleines Bischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mari Mancusi
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oder üben sich sonst in öffentlicher Zurschaustellung von Gefühlen, die niemand mit
    ansehen will.
    Aber heute ist sie allein und wirkt außerdem ziemlich mitgenommen. Ihr stets perfekt geglättetes Haar ist zerzaust und ungebürstet, das Make-up verschmiert.
    Und, das Schlimmste von allem, sie trägt Streifen zu Karos. Irgendetwas stimmt da ganz und gar nicht.
    Ich nähere mich ihr vorsichtig. »Was ist los,
    Shantel?«, frage ich und versuche, einen unbefangenen Tonfall anzuschlagen. »Du siehst aus wie jemand, der gerade seinen besten Freund getötet hat.« Sobald ich den Scherz über die Lippen gebracht habe, geht mir auf, dass er gar nicht so komisch ist. Tatsächlich gönnte genau das ihr Problem sein.
    Sie blickt mit mascarafleckigen Augen zu mir auf. »Es geht um Trevor.« Sie schnüffelt. »Er ist verschwunden.«
    Mir rutscht das Herz in die Hose. Noch ein Mitglied des Footballteams ist verschwunden? Genau in der Nacht, in der die Mädchen sich in Werwölfe
    verwandelt haben? Das ist nicht gut. Gar nicht gut.
    »Bist du dir sicher?«, hake ich nach und setze mich neben sie. »Vielleicht hat er bloß verschlafen. Oder er hat einen Kater von der Party, zu der ihr gestern Abend gegangen seid.« Ich drücke unterm Tisch die
    Daumen und bete um eine logische Erklärung, obwohl offenkundig ist, dass es in diesem Fall keine geben wird.
    Shantel schüttelt den Kopf. »Nein«, sagt sie. »Seine Mom hat mich heute Morgen angerufen. Sie meinte, er sei gestern Nacht nicht nach Hause gekommen. Sie hatte gehofft, er sei bei mir.«
    Wie hätte Trevors Mom auch ahnen können, dass dies der letzte Ort war, an dem sie ihren Sohn haben wollte?
    »Hast du ihn nach dem Spiel noch gesehen?«, frage
    ich.
    »Ich bin für eine Minute zu ihm aufs Feld gegangen, um ihm zu gratulieren, bevor wir in die Umkleidekabinen zurückgekehrt sind, um uns für die Party umzuziehen. Das war das letzte Mal, dass ich ihn
    gesehen habe.« Shantel hält inne und starrt ins Leere.
    »Und das ist das Verrückteste überhaupt, Rayne. Ich kann mich nicht einmal an die Party erinnern. Nach dem Umkleideraum habe ich, hm, einen totalen Blackout. Ich weiß nicht, ob ich zu viel getrunken habe oder ob mir jemand etwas in den Drink geschüttet hat. Aber am nächsten Morgen bin ich
    nackt in meinem Bett aufgewacht. Und ich war
    vollkommen verdreckt - meine Hände, meine Knie,
    meine Füße. Als sei ich auf allen vieren herumgelaufen oder so etwas. Wirklich, echt verrückt.«
    Also hatte Jareth recht. Sie kann sich absolut nicht an ihre Verwandlung erinnern. Was wahrscheinlich das Beste ist, wenn ich jetzt so darüber nachdenke. Vor allem wenn sich herausstellt, dass Shantel und die anderen ihren Freund nach dem Spiel als Snack verputzt haben. So etwas würde einen Menschen
    definitiv fürs Leben zeichnen.
    »Keine Bange, Shantel«, sage ich, tätschle ihr den Arm und versuche, unbesorgt und tröstlich zu klingen.
    »Er hat wahrscheinlich einfach zu tief ins Glas
    geschaut und ist irgendwo umgekippt. Bestimmt ruft er dich jede Minute an.«
    »Und was ist mit Mike Stevens?«, kontert Shantel.
    »Er ist jetzt seit einem Monat verschwunden. Was ist, wenn irgendein Psychokiller ihn umgebracht und sich jetzt auch Trevor vorgenommen hat? Was, wenn der Typ ein moderner Jack the Ripper ist, nur dass er es nicht auf Prostituierte abgesehen hat, sondern auf Footballspieler? Vielleicht weil er, hm, es vor langer Zeit nicht in die Mannschaft geschafft hat und jetzt Rache sucht?«
    Es ist kein schlechtes Szenario für einen fürs
    Fernsehen gemachten Horrorfilm und würde dem
    Durchschnittsmenschen gewiss erheblich plausibler
    erscheinen als die Möglichkeit, dass zwei Jungs von tollwütigen Cheerleader-Wölfen gefressen worden sind. Aber ich glaube nicht, dass es für Shantel im Augenblick gesund wäre, auch nur über eins der beiden Szenarien genauer nachzudenken.
    »Du ziehst voreilig verrückte Schlüsse«, tadle ich sie.
    »Und wir wissen nicht einmal, ob Mike Stevens
    überhaupt tot ist. Schließlich hat niemand eine Leiche gefunden. Vielleicht hatte er Massachusetts einfach satt und ist nach Europa verschwunden oder so. Du weißt schon, um, ähm, sich selbst zu finden.« Es ist ein Schuss ins Blaue - hoffentlich ist sie bereit, nach jedem Strohhalm zu greifen.
    »Weißt du, ich würde im Moment am liebsten selbst
    wieder nach Europa fahren«, jammert Shantel und
    bricht in die nächste Runde Tränen aus. »In diesem Jahr ist alles so total schiefgelaufen. Ich

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