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Nur eine Nacht voll Zärtlichkeit

Nur eine Nacht voll Zärtlichkeit

Titel: Nur eine Nacht voll Zärtlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Wilkins
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hatte. Der gesamte Besitz ihres Onkels war auf seinen Wunsch hin versteigert worden, und der Erlös war für sie auf ein Konto eingezahlt worden. So hatte sie beim Einzug keine Möbel gehabt. Einiges hatte sie in Second-Hand-Läden zusammengekauft, aber es war alles nur provisorisch. Dieser Stuhl war nun das Allerschönste, was sie besaß. Er würde zweifellos ihre Abende sehr versüßen.
    Nie hatte sie geglaubt, dass sie alleine und auf diese Art und Weise leben würde, aber manchmal genoss sie es auch.
    Vermutlich hatte ihr Onkel Carney seine Einsamkeit hier ebenfalls gemocht. Er war immer exzentrisch gewesen, ein Freigeist, der Familienbande ablehnte – eine Haltung, die sie nur zu gut verstehen konnte. Sie hatte ihn nicht oft gesehen, nur wenn er einmal kurz in Atlanta vorbeischneite, um seine einzigen lebenden Verwandten zu besuchen, ihren Vater und sie. Aber er schien sie gemocht zu haben, und sie erinnerte sich an faszinierende Geschichten über die Orte, an denen er gewesen war; die Abenteuer, die er erlebt hatte.
    Warum er sich in Honoria, Georgia, niedergelassen hatte, wusste niemand. Doch nach einem Oberschenkelhalsbruch hatte er nicht mehr reisen können. Fast zehn Jahre hatte er hier noch gelebt, aber offenbar hatte er in dieser kleinen Stadt nie jemanden wirklich kennengelernt. Annie hoffte, hier mehr Freunde zu finden. Wie schade, dass wir uns nicht öfter gesehen haben, dachte sie nun. Er hätte sie sicher verstanden mit ihrem Wunsch nach Distanz zu ihren Eltern, vor allem zu ihrem Vater.
    Sie strich mit der Hand über die Stuhllehne und warf einen Blick auf das Telefon. Trent war kein Mensch, dem man seine Dankbarkeit offen zeigen konnte; wann immer sie ihm für seine Arbeit danken wollte, winkte er schroff ab. Aber sie konnte unmöglich bis Freitag warten, um ihm zu sagen, wie gerührt sie war.
    Er meldete sich wie üblich eher abweisend. “Was ist?”
    Sie nannte nicht erst ihren Namen, sonders sagte schlicht: “Danke. Der Stuhl ist wunderbar.”
    “Sie hätten nicht anrufen müssen. Ich habe geschrieben, Sie können ihn haben, wenn Sie wollen.”
    “Natürlich will ich. Ich liebe ihn. Aber …”
    “Gut. Er war mir hier sowieso im Weg. Ich brauche keine zwei davon.”
    “Ich möchte gern dafür bezahlen”, sagte sie offen. “Sie müssen so lange daran gearbeitet haben. Ganz zu schweigen vom Material.”
    “Vergessen Sie es. Er war nicht zu verkaufen. Er ist fehlerhaft, wie ich sagte.”
    “Aber …”
    “Hören Sie, wollen Sie ihn nun oder nicht?”
    Sie seufzte. “Ja.”
    “Gut. Viel Spaß damit. Bis Freitag.”
    Er hatte aufgelegt, ehe sie antworten konnte.
    Annie blinzelte und legte den Hörer zurück. Sie musste lachen. Kopfschüttelnd dachte sie, dass Trent der wohl anstrengendste Mann sei, dem sie je begegnet war. Unhöflich, launisch, eigenbrötlerisch – dennoch war da eine Spur von Freundlichkeit und Großzügigkeit in ihm, die er nicht ganz verbergen konnte.
    Sie hatte in den letzten drei Wochen ein wenig über ihn erfahren. Nicht dass sie direkt Fragen gestellt hätte, das wäre plump gewesen, aber die Menschen in Honoria waren sehr freigiebig mit ihren Informationen übereinander. Deshalb wusste sie nun, dass Trent nach seinem Unfall wochenlang im Krankenhaus gewesen war und dass seine Verletzungen, welcher Art auch immer sie waren, seine Karriere als Pilot der Air Force beendet hatten. Jetzt fragte sich jeder, was er mit seinem Leben vorhabe.
    Auch sie fragte sich das, obwohl das nicht ihr Problem war. Einige ihrer Kunden hatten versucht, sie über Trent auszufragen, aber sie war stur geblieben und wechselte stets das Thema, wenn die Sprache auf ihn kam.
    Annie ging zurück zu ihrem neuen Schaukelstuhl und setzte sich wieder hinein. Sie schloss die Augen, legte den Kopf zurück und begann zu schaukeln. Der wohlige Seufzer, der ihr entfuhr, schien in dem leeren Zimmer widerzuhallen.
    Es war vermutlich ein Fehler, Annie den Stuhl zu schenken, dachte Trent düster, als er in der darauf folgenden Woche morgens in seinen Kühlschrank starrte. Er hatte geglaubt, dass er ihr gefallen würde, aber er war nicht auf eine so … ungestüme Dankbarkeit gefasst gewesen. Selbstgemachte Eintopfgerichte füllten die Fächer seines Kühlschranks – genug für die nächste Woche. Auf der Anrichte lagen zwei frische Brote. Und zu allem Überfluss stand eine Topfpflanze auf der Fensterbank!
    Er hatte Annie Stewart nur einen Stuhl gegeben, der bei ihm in der Werkstatt herumstand – einen

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