Nur einen Kuss, Kate!
geändert?”
“Nein. Es ist noch immer mein sehnlichster Wunsch, sie in die Gesellschaft einzuführen.”
“Nun, dann wäre alles geklärt.”
“Ist es nicht!”, sagte die alte Dame gereizt. Ihr Enkel drehte sich um und sah sie fragend an.
“Das dumme Mädchen will nichts davon wissen.”
Er zog seine dichten dunklen Brauen zusammen. “Was? Diese halb verhungerte kleine Göre hat dein Angebot abgelehnt?” Er konnte es nicht fassen. “Sie hat es abgelehnt, großzügig durchgefüttert und eingekleidet zu werden und die elegante Welt kennenzulernen? Unglaublich.”
“Aber es ist so! Sie hat mir zweimal einen Korb gegeben.”
“Weiß sie denn, was ihr entgeht? Hast du ihr vor Augen geführt, wie ihr Leben sein könnte?”
Als Antwort erhielt er einen vernichtenden Blick.
“Ja, vermutlich hast du es getan”, murmelte er mit einem erstaunten Kopfschütteln. “Das Mädchen muss verrückt sein.”
“Nein”, erwiderte seine Großmutter trocken. “Kate hat dasselbe Leiden wie du.”
Er erstarrte und sah sie schief an. “Und das wäre?”
“Sie leidet an übertriebenem Stolz.”
“An übertriebenem Stolz?”, rief er aus. “Ich weiß gar nicht, wovon du redest.”
Ein vielsagender Blick traf ihn. Nach seiner Rückkehr hatte seine Großmutter ihm angeboten, ihn finanziell zu unterstützen. Da er dies rundweg abgelehnt hatte, war er nicht gewillt, die Sache jetzt zu diskutieren.
“Das ist etwas ganz anderes. Was hat denn ihre Situation mit meiner zu tun?”
“Kate möchte sich als Dienstmädchen verdingen.”
“Was?”, donnerte er. Kate hatte es erwähnt, er hatte ihr natürlich nicht geglaubt. Für ein Mädchen aus guter Familie kam dergleichen nicht infrage, zumal wenn es andere Möglichkeiten hatte.
“Das ist lächerlich!” Um seine übertriebene Reaktion herunterzuspielen, senkte er die Stimme. “Das kann nicht ihr Ernst sein. Was bezweckt sie damit?”
“Natürlich ist es lächerlich, nur glaube ich, dass es ihr ernst ist. Sie will sich ihren Unterhalt selbst verdienen.”
“Nun, wenn Sie so entschlossen ist, ihr Leben zu ruinieren, kann man nichts machen”, sagte er in dem vergeblichen Bemühen, gleichgültig zu erscheinen.
Lady Cahill ließ ein Lächeln sehen, das keinem in ihrer Familie je geheuer gewesen war. Auch Jack verzeichnete es mit Argwohn.
“Ich werde ihr die Stellung verschaffen, die sie anstrebt.”
“Als dein Hausmädchen? Großmutter, das erscheint mir ziemlich schäbig.”
“Nicht als mein Hausmädchen”, unterbrach sie ihn. Jack kniff die Augen zusammen, da sich ein dunkler Verdacht in ihm regte, noch ehe sie weitersprach. “Als deines.”
“Als meines!”, explodierte er. “Ich will verdammt sein, wenn …”
“Als deine Haushälterin, besser gesagt”, fuhr seine Großmutter unbeirrt fort. “Du brauchst jemanden, der das Haus davor bewahrt, völlig zu verwahrlosen, und du sagtest selbst, dass du dein Geld nicht für Personal hinauswerfen möchtest. Ich hingegen werde nicht zulassen, dass ein Mitglied meiner Familie in solchen Verhältnissen lebt. Du musst zugeben, dass auf diese höchst bewunderungswürdige Weise zwei Probleme gleichzeitig gelöst werden können.”
“Ich gebe nichts dergleichen zu! Großmutter, ich dulde diese Einmischung in meine Angelegenheiten nicht!”
“Du möchtest dem Mädchen also nicht helfen?”
“Ihm helfen? Ihm helfen, sich gesellschaftlich zu ruinieren, indem ich es als Haushälterin beschäftige? Ich denke nicht …”
“Nein, Jack, du denkst nicht. Natürlich werde ich eine ehrbare Frau finden, die hier als Anstandsdame fungiert. Und ich denke keineswegs an Arbeit im üblichen Sinn. Ich werde Kate vorschlagen, ein halbes Jahr lang deinen Haushalt zu führen und dieses elende Gemäuer, in dem man nicht einmal eine Tasse Schokolade bekommt, zum Hauswesen eines Gentleman zu machen. Damit hat sie sich eine Saison in London verdient. Sie behält ihren Stolz, du wirst wie ein einigermaßen zivilisiertes menschliches Wesen leben, und ich kann Marias Tochter der Gesellschaft präsentieren.”
Lady Cahill lehnte sich zurück und beäugte ihren Enkel befriedigt. “Bis dahin habe ich Zeit, Kates finanzielle Situation zu prüfen, da ich mir nicht denken kann, dass sie völlig mittellos ist. Sie bleibt also hier, während ich alles in die Wege leite. Dieses Haus in Ordnung zu bringen ist für sie eine angemessene Beschäftigung, also ist die Sache abgemacht.”
“Ist sie nicht.”
“Jack, wenn du nicht
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