Nur einen Kuss, Kate!
anhielten.
“Sie ahnen ja nicht, wie herzerfrischend ein vernünftiges weibliches Wesen ist.”
Daraufhin senkte Kate den Kopf und presste die Lippen zusammen, um nicht laut herauszuprusten.
Ihr Versuch, das Lachen zu verbergen, war ihm nicht entgangen. “Was ist los?”, fragte er, und als sie keine Antwort gab, fasste er unter ihr Kinn und hob ihr Gesicht an.
“Was habe ich gesagt, um dies hervorzurufen?” Er strich leicht mit dem Finger über das Grübchen, das sich verräterisch zeigte.
Ihre Augen funkelten belustigt. “Wochenlang nannten Sie mich 'das eigensinnigste Frauenzimmer, das mir je untergekommen ist'“, sagte sie, seinen Tonfall nachahmend. “Und jetzt nennen Sie mich 'ein vernünftiges weibliches Wesen', und es gibt nicht einen Ohrenzeugen dafür!”
Um seine Lippen zuckte es. “Nun ja, meist …”, setzte er an.
Kates Lachen wirkte so ansteckend, dass er einstimmte. Und während sie lachten, begegnete sie seinem Blick, und sie spürte Humor und Herzlichkeit in ihm. Das Lachen schwand aus seinen Augen, sein Blick wurde intensiver. Plötzlich wurde Kate der Intimität ihrer Haltung gewahr, der Nähe seines warmen Körpers und seines Mundes. Momentan standen sie einfach da und blickten einander an, dann spürte sie eher, als dass sie es sah, wie sein Mund sich auf ihren zubewegte. Abrupt wandte sie sich ab. Ihr Herz raste.
“Wie müssen weiter”, murmelte sie. “Sie müssen ins Warme. Und Ihr Bein muss von einem Arzt untersucht werden.” Sie spürte, wie er von ihr abrückte, als sie weitergingen.
“Ich denke gar nicht daran, mich irgendeinem Quacksalber anzuvertrauen. Die habe ich im Krieg zur Genüge kennengelernt.”
“Aber Sie können doch unsere Ärzte hier in England nicht mit den Schlächtern vergleichen, denen man im Krieg ausgeliefert war.”
Jack blieb stehen und sah sie erstaunt an. “Sie sind der erste Mensch in England, der zu wissen scheint, wie es in Spanien wirklich zuging und was für Stümper dort am Werk waren.”
Kate lächelte. “Ach?” Dann wurde sie ernst. “Nun, mein Vater und meine beiden Brüder kamen dort um. Was ist, haben Sie sich schon ausgeruht, oder möchten Sie noch warten?”
Das bewog ihn, sich wieder in Bewegung zu setzen. Kate war sehr erleichtert, dass er ihr den gewünschten Anknüpfungspunkt lieferte. “Aber nicht alle Ärzte sind Stümper”, sagte sie nach einer Weile.
Er schnaubte verächtlich.
“Einmal traf ich einen wunderbaren Doktor, den letzten einer ganzen Ahnenreihe, die ihre Kunst von den Mauren ableitete. Ihre Behandlungsmethoden heilten auch die schlimmsten Wunden.”
“Ach was!”
“Für eine Wunde wie Ihre”, fuhr sie fort, “die zwar verheilt ist, doch eine gewisse Muskelverspannung zurückließ, würde er dreimal täglich die Anwendung von heißem Öl empfehlen. Das Öl wird gut einmassiert, jeder einzelne Teil des Beines wird gestreckt und durchgeknetet.”
“Ach, ein Folterknecht”, sagte er ironisch. “Und diese Orientalen sollen ja teuflisch subtile Methoden anwenden.”
“Ja, es hört sich so an, doch ist die Methode sehr wirksam, wenn auch anfangs sehr unangenehm.” Kate dachte daran, wie ihr Bruder Jemmy zu Beginn gestöhnt hatte und wie es ihrer ganzen Willenskraft bedurfte, um die Behandlung fortzusetzen.
“Nach einigen Wochen werden die Gliedmaßen beweglicher, und mit zusätzlichen Bewegungsübungen kann es in manchen Fällen zur völligen Wiederherstellung kommen.”
“Unsinn!”, stieß er barsch hervor. “Skrupellose Blutsauger, die gutgläubige Idioten ausnutzen.”
Kate verstand seine Feindseligkeit. Die Angst vor Enttäuschung konnte sehr schmerzlich sein.
“Schon möglich”, sagte sie leise. “Ich nehme an, dass es von der Verwundung abhängt, aber nach dieser Behandlung konnte mein Bruder wieder gehen, obwohl unsere englischen Ärzte behaupteten, er würde ohne Krücken nie wieder einen Schritt laufen können.” Sie machte eine Pause. “Und seine Wunde war so arg, dass ihm eine Beinamputation drohte. Vielleicht würde diese Behandlung auch Ihnen helfen.”
“Das bezweifle ich!”
“Ein Versuch kann nicht schaden, nicht wahr?”
“Verdammt! Was wissen Sie denn davon! Ich hatte es schon mit zu vielen Kurpfuschern zu tun und möchte nichts mehr von ihnen wissen.”
Kates Enttäuschung war groß. Ihr war klar, dass er entgegen der ärztlichen Diagnose und trotz seiner Schmerzen versucht hatte, in den Sattel zu steigen.
“Wenn Sie reiten wollen, ohne immer wieder
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