Nur einen Kuss, Kate!
steckt sie?”
Jack lief in die Küche und rief nach Carlos, Martha und den Mädchen, um sie näher zu befragen.
“Er kam am Morgen”, sagte Martha, “mit reuiger Miene und einem Blumenstrauß. Sagte, sie solle ihm verzeihen und bei dem schönen Wetter eine Ausfahrt mit ihm machen.” Sie rang die Hände. “Aber jetzt sind Stunden vergangen, Sir, und es sieht Miss Kate nicht ähnlich, so lange auszubleiben.”
“Hat sie etwas mitgenommen? Ein Köfferchen oder dergleichen?”
Martha schüttelte den Kopf. “Nein.” Es folgte ein misstrauischer Blick. “Sie glauben doch nicht, dass sie weggelaufen ist? Doch nicht Miss Kate.”
Nun machte er ein skeptisches Gesicht, aber Martha ließ sich nicht beirren. “Ich weiß, sie kann sehr unbeherrscht sein, aber so etwas … niemals! Mr. Jack, ich habe große Angst, und ihr Vetter gefällt mir gar nicht. Sie müsste schon längst wieder da sein.” Sie griff ängstlich nach Jacks Ärmel. “Suchen Sie sie, Mr. Jack.”
“Carlos, sattle mein Pferd”, befahl Jack knapp.
“Meines auch”, setzte Francis hinzu.
“Welche Richtung nahmen sie?”
“Sir, ich sah, wie der Wagen nach Norden fuhr”, sagte Florence.
“Nach Norden?” Jack sah Francis grimmig an. “Denkst du, was ich denke?”
Francis nickte langsam. “Gestern war er verdammt beharrlich. Und als sie ihn abwies, schien er der Verzweiflung nahe. Ob er Gewalt anwenden würde?”
Jack fluchte. “Wenn er ihr ein Haar krümmt, bringe ich ihn um!”
14. KAPITEL
Es dunkelte und war empfindlich kalt geworden, als die zwei Männer sich den ersten Häusern eines Dorfes näherten und Francis sein Pferd zügelte. Jack folgte widerstrebend seinem Beispiel. Seine Hoffnung, Cole rasch einzuholen, hatte sich nicht erfüllt. Dieses Dorf war vermutlich ihre letzte Chance.
Ihre Nachfragen hatten ergeben, dass Cole sein Gig gegen eine geschlossene Kutsche getauscht hatte und in nördlicher Richtung weitergefahren war. Darüber hinaus erzählte man ihnen, dass Cole seine erkrankte Schwester bei sich hatte. Ausgerüstet mit einer Beschreibung des Wagens, waren Jack und Francis losgeritten und hatten in jedem Dorf nachgefragt.
Der Mond ging auf und tauchte die Landschaft in hellen Silberglanz. Francis warf Jack einen besorgten Blick zu. Sein Freund war mit seiner Geduld am Ende und litt Schmerzen. “Wir sollten kurz Rast machen und den Pferden Ruhe gönnen.”
“Und Kate auch nur einen Moment länger als unvermeidbar in den Händen dieses Schurken lassen?” Jacks Ton duldete keinen Widerspruch. “Er hat sie entführt, um eine Ehe zu erzwingen. Da es bis zur Grenze mindestens zwei Nächte sind, muss man damit rechnen, dass er ihr Gewalt antun wird. Schon heute. Meinst du, ich könnte auch nur kurz rasten?”
“Jack, quäl dich nicht. Die Richtung lässt zwar vermuten, dass sein Ziel Gretna Green ist, doch rechnet er nicht damit, verfolgt zu werden. Also hat er auch keinen Grund, ihr heute Gewalt anzutun.”
Jack wollte eben antworten, als ihm etwas auffiel. Er zügelte sein Pferd jäh, ritt ein Stück zurück und spähte einen schmalen Waldweg entlang. “Siehst du, was ich sehe?”
Ein Stück weiter erhoben sich vor dem silbrigen Wasserspiegel eines Weihers die Umrisse einer Reisekutsche neben einem kleinen Haus. Nach einem stummen Blickwechsel folgten die Männer lautlos dem Weg.
Das Haus war alt und heruntergekommen. Büschel wuchernden Unkrauts verrieten, dass es seit Langem unbewohnt war. Sie saßen ab und schlichen näher, bis sie sahen, dass sich im Inneren eine Gestalt im Kerzenlicht bewegte. Es war Cole, der sich über eine reglose Gestalt auf dem Strohsack auf dem Boden beugte.
Die Tür flog krachend auf, Cole fuhr erschrocken herum. Die Röte wich aus seinen Wangen, seine Lippen verzogen sich zum Zerrbild eines Lächelns, als er die dunkle Gestalt im Eingang erkannte. “Ich … ach …”
“Finger weg von ihr”, stieß Jack leise und in einem Ton hervor, bei dem Cole der Atem stockte.
Er wich seitlich aus.
“Wenn Sie ihr auch nur ein Haar gekrümmt haben sollten, sind Sie ein toter Mann”, sagte Jack in unverändertem Ton und ging auf den Strohsack zu. Er legte sanft die Hand an Kates Wange und strich ihr das Haar aus der Stirn. Ihre Lider flatterten, sie stöhnte leise.
“Was haben Sie ihr angetan, Sie Schuft?”
“Nichts, das schwöre ich!”, brachte Cole hervor. “Sie ist nicht verletzt, nur betäubt. Nur etwas Laudanum, damit sie sich nicht wehren …”
“Sie musste sich
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