Nur für dich (German Edition)
klang wie ein ausgebildeter Opernsänger! In seiner Freizeit vielleicht … Davon würde er ab jetzt nicht mehr allzu haben, im Drogendezernat ging es anders zu als bei den Uniformierten in der Vorstadt, wo Colin zuvor gewesen war.
Thomas räusperte sich nervös, als er spürte, wie der Mann langsam unruhig wurde.
Na toll. Noch auffälliger ging’s wohl nicht? Er hätte sich auch gleich schwul auf die Stirn tätowieren können, wahrscheinlich hatte er den Kerl gerade mit Blicken ausgezogen, ohne es wollen. Es war schon so lange her, seit er das letzte Mal …
Das Klingeln seines Handys rettete Thomas aus diesem peinlichen Moment.
„Ja? Okay, sofort. Treffpunkt wie immer.“ Er sprang auf, warf die Akten achtlos auf den ohnehin rettungslos überhäuften Schreibtisch. „Das war einer meiner Informanten, er will sich mit mir treffen“, rief er über die Schulter, während er bereits seine Lederjacke überstreifte und die Tür aufriss. Colin folgte sofort, offenkundig begierig, sich zu beweisen. Im Vorbeigehen informierte Thomas noch rasch Mike Wilkox , seinen Teamleiter: „Bin in der Harleystreet , Ian hat sich gemeldet. Wird sicher was mit Justins Tod zu tun haben!“ Sein Vorgesetzter nickte nur, ohne die lebhafte Diskussion mit Nora, Kevin Masterson – dem Rest vom Team – und zwei Typen vom Labor zu unterbrechen. Ian gehörte ebenfalls zum Drogendezernat, er hatte sich undercover in DiMarris ’ Organisation eingeschlichen. Diese Ratte war misstrauisch, es konnte Jahre dauern, sein Vertrauen zu gewinnen. Ob Ian in Gefahr war? Justin hatte nichts von ihm gewusst … Außerdem würde Ian dann abtauchen statt sich in ein öffentliches Café zu setzen und Neuigkeiten weiterzugeben. Vielleicht hatte er endlich den entscheidenden Schritt auf der Hierarchieleiter nach vorne geschafft und konnte Beweise liefern? Bedeutsame Details, mit denen der Drogenring zerschlagen werden könnte?
Nein, cool bleiben, lieber nichts erwarten, dann kannst du auch nicht enttäuscht werden!
Im Fahrstuhl musste Thomas den Blick abwenden. Das Metall spiegelte erbarmungslos ihre Abbilder, Colin war Ricky einfach viel zu ähnlich. Eine reifere Ausgabe von Ricky. Ein Mann, kein Junge mehr. Ricky hatte allerdings eine lange blasse Narbe am Hals gehabt, von einer Schilddrüsenoperation. Colins Haut hingegen war makellos, dass war trotz des leichten Bartwuchses deutlich.
Da bitte, du siehst Gespenster. Seine dunkelbraunen Augen starrten ihm verzweifelt entgegen.
Ich sollte dringend abschließen.
Er wusste, was er zu tun hatte. Er war heute genauso wenig dazu bereit wie vor zehn Jahren.
~*~
Colin setzte sich ohne Diskussion auf die Beifahrerseite von Thomas’ alten Toyota.
„Wir müssen schön unauffällig bleiben“, instruierte er ihn. „Wir treffen uns mit einem Undercoveragent, den wir nicht in Gefahr bringen dürfen. Sieh dich nicht ständig um, starr die Leute nicht an. Vermutlich wird Ian nicht mit uns sprechen, sondern nur im Vorbeigehen etwas auf den Tisch fallen lassen. Was immer das dann ist, rühr es nicht an und zuck auch sonst mit keiner Wimper.“
Colin nickte stumm, er war eindeutig nicht der Typ, der viel redete. Schade, seine Stimme war wirklich aufregend …
Konzentrier dich!, ermahnte Thomas sich selbst.
Er parkte in der Nähe, sie schlenderten gemütlich zum „Le chat noire “, ein winziges Straßencafé mitten in der City. Hier wälzten sich Tag und Nacht Touristenströme vorbei, darum nutzte Thomas diesen Ort gerne, um sich mit Informanten zu treffen. Er entdeckte Ian rasch, der allein an einem der weißen Plastiktische saß, Cappuccino trank und Zeitung las. Ein unauffälliger Schwarzer in Straßenkleidung, wie man täglich tausende sah. Thomas dirigierte seinen Partner zu einem Tisch, der sich gut fünf Meter weiter befand. Der Kleine wirkte ruhig, geradezu entspannt – nicht schlecht für den ersten Tag! Zugegeben, es war nicht wirklich aufregend, was sie hier vorhatten, aber eben keine Routine. Es durfte niemals Routine werden, sonst machte man Fehler und brachte die Maulwürfe in Lebensgefahr.
„Möchtest du Kaffee?“, fragte er Colin, während er sich selbst in die Speisekarte vertiefte. Sie waren einfach nur zwei Kerle, die eine Pause machten, von was auch immer. Es war voll, heute war einer dieser kostbaren Spätherbsttage, an denen die Sonne tagsüber noch einmal alles gab. Bei knapp 20°C war es herrlich, hier draußen zu sitzen, viel angenehmer als in dem ewig stickigen,
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