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Nur für dich (German Edition)

Nur für dich (German Edition)

Titel: Nur für dich (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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vollklimatisierten Büro. Nachts hingegen gab es schon Bodenfrost. Das war bedeutsam, denn die Junkies und Dealer verzogen sich zu dieser Jahreszeit vermehrt in öffentliche Gebäude.
    „Ich glaube, ich nehme einen …“
    Was Colin gewählt hatte, würde Thomas wohl nie erfahren.
    Ein Schuss krachte.
    Dumpfes Poltern.
    Schreie.
    Quietschende Autoreifen.
    Thomas rannte bereits, bevor er bewusst registrierte, was er unbesehen sofort gewusst hatte: Ian war hinterrücks erschossen worden, er lag in einer Blutlache auf dem Boden. Thomas fand sich mitten auf der Straße wieder, wie er die gesamte Munition seiner Dienstwaffe auf den schwarzen Transporter verschoss, in dem sich der Todesschütze befand; er hatte den Gewehrlauf noch kurz gesehen.
    Viel zu rasch war der Wagen außer Reichweite.
    Dort. Ein Mann am Seitenstreifen. Er starrte ihn fassungslos an, einen Motorradhelm unter dem Arm.
    „Polizei!“, brüllte Thomas und rannte zu ihm. Die Dienstmarke rutschte ihm durch die Finger und landete auf der Straße. So etwas passierte im Fernsehen nie … Thomas kümmerte es nicht.
    Wehrlos ließ der Mann zu, dass ihm seine Maschine abgenommen wurde, reichte ihm sogar unaufgefordert den Helm an, bleich und sichtlich schockiert.
    Thomas fingerte einen Moment lang unbeholfen herum – er konnte Motorradfahren, hatte aber noch nicht auf einem solch sportlichen Streetbike gesessen, eine bildschöne schwarze Honda Interceptor. Er verlor weitere wertvolle Sekunden, bis er sich ausbalanciert und alle Funktionen abgecheckt hatte. Das Motorrad schwankte, als sich plötzlich jemand hinter ihn hockte – Colin, den hatte er völlig vergessen. Mit heulendem Motor startete er durch. Die wattige Betäubung ließ langsam nach. Adrenalin jagte weiterhin durch seinen Organismus, doch Thomas nahm nun wieder seine Umgebung wahr, nachdem er die letzten Minuten wie ein Roboter reagiert und alles im Tunnelblick gesehen hatte. Ihm war übel, sein Herz schlug viel zu rasch und er konnte unter diesem Helm, der ihm zu eng war und gegen Ohren und Kinn drückte, nicht frei atmen. Colin hatte beide Arme um ihn geschlungen und presste sich hauteng an ihn, den Kopf gegen Thomas’ Rücken gedrückt. Natürlich, sein Partner hatte keinen Helm.
    Der Lärm der Honda und des dichten Verkehrs kam nur gedämpft an. Ein Glück, dass so viel auf der Straße los war, Thomas konnte schnell zu dem Transporter aufschließen. Waghalsig schlängelte er sich zwischen den Autos hindurch, schoss in Lücken, die gar keine waren, drängte sich ohne Rücksicht auf Verluste an Taxis und Bussen vorbei.
    Ian.
    Die Übelkeit verstärkte sich bei dem Gedanken an all das Blut.
    Ian ist tot.
    Dieser Satz pulsierte durch Thomas’ Bewusstsein, im Gleichtakt mit seinem rasenden Herzen. Er hatte versagt. Versagt! Wie bei Ricky. Doch diesmal würde er nicht weglaufen. Er war kein Junge mehr. Diesmal war er bereit und fähig zu handeln. Diese Schweine, die es gewagt hatten, einen Cop auf offener Straße abzuknallen, würden bezahlen.
    „Links!“, brüllte Colin plötzlich. Thomas verriss die Honda gerade noch rechtzeitig – er sah aus dem Augenwinkel, wie sich ein Lastwagen in die Lücke zwischen zwei Autos schob, genau dorthin, wo er sich einen Moment zuvor befunden hatte. Sie wären zerquetscht worden!
    Das Manöver hatte ihn kurz abgelenkt, der schwarze Transporter war verschwunden. Fluchend hieb Thomas gegen den Lenker, bretterte über eine rote Ampel mitten auf eine stark befahrene Kreuzung und vollführte eine Hundertachtziggradwende. Dabei hinterließ er jede Menge Gummi auf dem Asphalt und ein Chaos hupender Autos. Es war ihm gleichgültig, er war auf der Jagd. Die Bastarde mussten abgebogen sein, da gab es nicht allzu viele Möglichkeiten.
    Sirenengeheul. Die Kollegen kamen zur Unterstützung, nur noch ein bisschen dranbleiben, dann würden die Killer nicht mehr entkommen können.
    Er scherte nach links, wollte in Richtung Freeway abbiegen. Da sah er den Transporter in einem Abwassergraben, Sekundenbruchteile, bevor dieser in einem Tunnel verschwand.
    Raffiniert! Wie es schien, hatten die Kerle ihren Fluchtweg sorgsam geplant. Einfach das Auto in der Kanalisation verschwinden lassen und irgendwo in der Stadt rausklettern.
    „Festhalten!“, schrie er über die Schulter und riss die Honda auf die Gegenfahrbahn. Mit zusammengepressten Augen raste er zwischen mehreren Autos hindurch. Er wollte die Panik in den Gesichtern der Fahrer nicht sehen, die ihm nicht ausweichen

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