Nur für eine Stunde?
schlafen, dann aufwachen und ihn wieder lieben und wieder einschlafen können. Aber als sie auf seinen Wecker blickte und sah, dass sie schon fast eine Stunde mit ihm zusammen war, hatte Panik sie erfasst. Noch wenige Minuten, und die Stunde wäre voll und der Zauber gebrochen. Wie in der Nacht der Zeitumstellung, als der Fremde sie besucht hatte. Vorbei der Traum, und das Geschenk war wieder verschwunden. Das hatte sie tatsächlich eben geglaubt.
Idiotin! dachte sie finster und kickte ihre Pumps von den Füßen. Die Stunde mit Blake war vollkommen real gewesen, so unwirklich es ihr erschien, dass er sie sogar nackt anziehend und begehrenswert fand. Aber es gab untrügliche Beweise für das, was sie gerade erlebt hatte. Die Muskeln ihrer Schenkel schmerzten, ihre Lippen waren von Blakes Küssen geschwollen, sein Duft haftete an ihrer Haut, ihr Körper glühte innerlich noch von seiner Umarmung. Die Liebesstunde mit Blake war Wirklichkeit, so wie alles andere, was an diesem Tag passiert war.
Blieb die Frage, ob es richtig gewesen war, in ihr Zimmer zurückzugehen. Wahrscheinlich, denn Blakes Interesse ging über das rein Sexuelle nicht hinaus. Mit Herz und Seele würde er sich nie für sie engagieren, niemals. Vermutlich würde ihm diese Episode sogar peinlich sein, wenn sie wieder im gewohnten Arbeitsalltag wären, und nach einer langen gemeinsamen Nacht wäre die Situation für sie beide noch schwieriger geworden. Martha stellte sich die Verlegenheit zwischen ihnen vor, wenn sie morgen früh im selben Bett aufgewacht wären …
Ja, es war sehr klug von ihr gewesen, sein Zimmer zu verlassen.
Warum weinte sie dann? Warum fühlte sie sich so schrecklich, hier allein auf einem Bett zu sitzen, das für eine Person viel zu breit war? Verlegenheit konnte sie überspielen, aber Liebeskummer?
Unsinn, sie hatte sich nicht in ihn verliebt. Zugegeben, noch nie in ihrem Leben hatte ein Mann sie mit einer solchen Leidenschaft und Zärtlichkeit und Hingabe geliebt – sämtliche Fantasien und die geschenkte Stunde mit ihrem Traummann eingeschlossen – aber sie glaubte nicht, dass sie die Linie zwischen Schwärmerei und Verliebtheit überschritten hatte. Blake und sie hatten sich besser kennengelernt, waren vielleicht sogar Freunde geworden. Aber Verliebtheit oder gar Liebe war es nicht. Dazu waren sie zu verschieden – sie zu ernsthaft und er ein unbekümmerter Sonnyboy, der trotz seines rasanten Erfolgs noch immer wie ein sorgloser Beach Boy durchs Leben ging. Blake war ein Mann für flüchtige Leidenschaften, nicht für die Liebe.
Ein Geschenk für kurze Zeit.
Also war sie gegangen, bevor der Zauber verflog. Aber die Erinnerung würde ihr bleiben.
Am liebsten hätte Martha sich am nächsten Morgen aus dem Hotel davongestohlen, aber leider war das nicht möglich, da sie zusammen zum Flughafen fahren mussten. Sie hoffte, wenigstens allein einen Kaffee trinken zu können, aber auch daraus wurde nichts, da Blake bei den Fahrstühlen wartete, als sie in die Halle trat.
Sie hatte nicht gut geschlafen, und dementsprechend sah sie aus. Dunkle Ringe unter den Augen, fahler Teint und hängendes, glanzloses Haar.
Dass Blake auch ziemlich mitgenommen aussah, beruhigte sie nicht im Mindesten. Der Look des ausgepowerten Liebhabers machte ihn noch attraktiver, falls das überhaupt möglich war. “Hi”, begrüßte er sie. Er klang etwas gedrückt, lange nicht so gut gelaunt und locker wie sonst.
“Hi.” Sie blickte auf sein Kinn, um nicht von seinen schönen Augen gefangen zu werden.
“Wie wär’s mit einem Frühstück, bevor wir auschecken?”
Sie hatte keinen Hunger, aber eine Tasse Kaffee brauchte sie dringend. Sie nickte und folgte ihm, den Trolley hinter sich her ziehend, zum Café.
Wie am vorigen Morgen bestellte Blake Kaffee, sobald sie saßen. Martha starrte auf die Speisekarte, aber nichts konnte sie verlocken, ihr Magen war wie zugeschnürt. “Außer dem Kaffee möchte ich nichts”, sagte sie, als die Kellnerin wieder an ihren Tisch kam. Blake warf ihr einen kurzen Blick zu, bestellte dann Toast und Orangensaft. Offenbar war er auch nicht sehr hungrig.
Da sie sich nicht mehr mit ihren Speisekarten ablenken konnten, steckten sie hilflos fest. Das Schweigen dehnte sich endlos, und schließlich beschloss Martha, dass wenigstens sie sich wie ein vernünftiger erwachsener Mensch benehmen sollte. “Gibt’s was Neues von Doug?”, fragte sie, während sie in ihrem Kaffee rührte.
“Nein.”
“Hoffentlich geht
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