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Nur für Schokolade

Nur für Schokolade

Titel: Nur für Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaques Buval
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Hund schleicht Jozef am 12. Februar 1966
    um das Haus von Cecylia und deren Mutter, in sicherem Abstand, damit ihn niemand sehen kann – vor allem nicht seine Ehefrau. Schon in aller Frühe war er aus dem Haus gegangen.
    Er hielt es nicht mehr aus in seinen vier Wänden, das Gezeter seiner Frau, die natürlich längst wußte, was vorgefallen war, raubte ihm den letzten Nerv. Im oberen Stockwerk hätte er an diesem kalten Februartag sicher wärmer erlebt, was sich im Erdgeschoß abspielt.
    Genau verfolgt er, was im Haus geschieht, denn er weiß, obwohl Cecylia und ihre Mutter schon lange kein Wort mehr mit ihm sprechen, daß heute der Tag sein würde, an dem seine Cecylia sein Kind zur Welt bringen soll. »Sein Kind«, durchfährt es ihn. Sein Kind, das er wohl nie sehen darf, geschweige denn, je in seinem Arm wiegen würde. Dem sonst so hart wirkenden Jozef laufen Tränen übers Gesicht; blinder Haß verursacht diesen für ihn unbekannten Gefühlsausbruch.
    Grenzenloser Haß – vor allem gegen die Mutter Cecylias, die Frau, die nun ihrer Tochter hilft, sein Kind zur Welt zu bringen.
    Ein Jahr zuvor war für die unbedarfte Magd Cecylia, einem Mädchen vom Lande, die Welt noch in Ordnung. Ihr karges Leben mit ihrer Mutter erfüllte sie mit Freude. Mit ihrer kleinen, etwas pummeligen Figur glich sie so ganz der Mutter, die nur eines im Sinn hatte: das Beste für ihre Tochter. Schon früh verstarb Cecylias Vater, so daß die beiden Frauen sehr 11
    bald lernen mußten, ihr Leben ganz allein zu meistern, ein Leben, das sehr hart ist und nur aus körperlicher Arbeit besteht.
    Die beiden waren froh, daß sie sich gegenseitig haben, und so gab es auch keinerlei Geheimnisse zwischen ihnen.
    Cecylia hatte gerade ihren 19. Geburtstag gefeiert, als sie an einem Sonntag nach der Kirche bemerkte, daß ein Mann sie verfolgte. Sie drehte sich nach ihm um und sah, daß es wieder einmal Jozef, der verheiratete Mann aus der Wohnung über ihnen, war. Als sie weit genug von der Kirche entfernt waren, trat er neben Cecylia. Mit seinem dämlichen Grinsen, das sie so sehr haßte, fragte er sie: »Na, war es schön in der Kirche?«
    Dabei hielt er verlegen die Hand am Mund, eine Geste, die seiner Unsicherheit noch mehr Ausdruck verlieh. Weit nach vorne gebeugt stand er vor ihr, seine Arme reichten fast bis zur Erde, jedenfalls kam es Cecylia so vor. Von vielen Männern hätte sie es sich gewünscht, daß sie nach dem Kirchgang auf sie warten würden, aber ausgerechnet Jozef, der nun gar nicht Gegenstand ihrer Wünsche war …?
    »Wo gehst du denn jetzt hin?« wollte er weiter wissen, und sie antwortet, daß sie – natürlich – nach Hause gehen will.
    Seinem Vorschlag, mit ihm an einen nahegelegenen Teich zu gehen, begegnete sie mit Spott, doch Jozef gab nicht auf.
    Immer mehr verstrickte er sie in eine Unterhaltung. Arglos, noch bevor sie sich versah, sind sie geradewegs in Richtung des kleinen Weihers unterwegs. Schließlich war sie mit ihm ganz allein an diesem einsamen Ort, einem Platz, der zwar nur wenige hundert Meter von ihrem Elternhaus entfernt, aber dennoch menschenleer war.
    Sicher konnte die Mutter nicht verstehen, warum ihre
    Tochter an diesem Tage nicht pünktlich von der Kirche nach Hause kommt. Warum sie überhaupt mitgegangen ist, weiß sie ja selbst nicht zu sagen, vielleicht, weil die Männerwelt des Dorfes so gar keine Notiz von ihr nimmt und sie so gerne einen Freund hätte. Jozef ist verheiratet und hat eine Familie.

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    Selbstverständlich wußte sie das und trotzdem war sie mit ihm allein an diesem einsamen Platz. Für beide gilt eines gemeinsam: das Leben zeigt sich ihnen nicht von der
    Sonnenseite.
    Ein ganz klein wenig Wärme, vielleicht ein Berühren der Hände, ein zartes Streicheln des Handrückens, eine Berührung der Wangen, davon träumte Cecylia immer. Einmal
    Zärtlichkeit verspüren, einmal das Gefühl erleben, gestreichelt zu werden, das war ihr sehnlichster Wunsch. Einen Mann an der Seite zu haben, einer, der ihr gegenüber aufmerksam ist, der ihr Aufwartungen macht – sie blieb. Unbemerkt rückte Jozef ein wenig näher an Cecylia, ohne daß sie es wahrnahm oder wahrnehmen wollte. Sie merkte nicht einmal, daß sein Atem immer lauter wurde und seine Augen einen Glanz
    bekamen, der eine erfahrenere Frau sicher zur Vorsicht veranlassen würde. Daß der Druck seiner Arme, die auf ihren Schultern lagen, eine völlig andere Bedeutung für ihn als für sie hatte, konnte oder wollte sie sich nicht

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