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Nur für Schokolade

Nur für Schokolade

Titel: Nur für Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaques Buval
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»Alle Gefangenen, die eine hohe Haftstrafe erhalten haben, bekommen Beruhigungsmittel, damit wird die Selbst-mordrate an den ersten Tagen nach dem Urteil stark reduziert.«
    »Aber Leszek Pekalski sagt doch immer, daß er Angst vor dem Tod hat.«
    »Auch er ist nur ein Mensch. Auch, wenn er Leszek Pekalski heißt!«
    Diese Aussage erinnert an sein schriftliches Geständnis, das damit endet: »Ich bereue, daß ich so vielen Menschen Schmuck weggenommen habe, weil ich kein Geld zum Leben hatte. Die Rente reichte nicht aus. Ich möchte das wieder gutmachen, aber wie soll das möglich sein? Es waren Ringe, Kleidungsstücke, Butterbrote und Geld.« Dann fügte er noch hinzu: »Von den Menschen, über die mich die Polizei verhört hat, erfuhr ich erst von ihr, daß sie tot sind.«

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    Leszek Pekalski hat sein Urteil erhalten – für ganz Polen ein lächerliches Urteil. Die Menschen befürchten, daß dieser Mann noch einmal auf freien Fuß gesetzt werden könnte, wie viele Mörder in Polen, wie man mir immer wieder bestätigt.
    »Man hätte ihn aufhängen sollen, wie den ,Skorpion’ in Danzig, im Jahre 1988.« Das wird gefordert, von vielen Menschen in Polen. Pawel Tuchlin, der »Skorpion«, wie man ihn nannte, war der letzte Mörder in Polen, an dem die Todesstrafe vollstreckt wurde. Er hatte neun Menschen getötet und elf Opfer zwischen 1975 bis 1983 schwerverletzt.
    Doch für Leszek Pekalski ist diese Strafe nicht einmal beantragt worden. Polen möchte in die EU aufgenommen werden, was mit Ländern, die die Todesstrafe noch vollstrecken, nicht geschieht.
    Einsam verbringt Leszek Pekalski die Tage in seiner Zelle und wundert sich, daß kein Reporter mehr an ihn Fragen stellt oder ihn fotografiert. Er kann nicht begreifen, warum kein ausländischer Journalist mehr Tragetüten voller Geschenke bringt. Seine Vorräte an ausländischen Lebensmitteln gehen zu Ende, seine Rente ist über Jahre hinaus nicht mehr verfügbar.
    Seine Zukunft verheißt auch, lange Zeit ohne Arbeit zu sein, das bedeutet, keinen Einkauf mehr im Gefängnis tätigen zu können. Im Klartext: keine Zigaretten, kein deutscher Kaffee und keine Schokolade mehr, die er doch so liebt. Keine Ausflüge mehr mit dem Staatsanwalt und der Polizei durch ganz Polen, keine Fahrten mehr zum Gericht, die ihm so viel Abwechslung gebracht haben. Er muß die Stille ertragen – die endlose Stille der Zelle 53 im Arrest der Strafanstalt in Slupsk.
    Täglich fragt er nach Besuchern, wann man wieder mit ihm sprechen wolle, erzählt der Gefängnisdirektor. Erst jetzt, nach über vier Jahren Untersuchungshaft, lernt er die Härte eines Gefängnisses in Polen kennen. Spürt die Einsamkeit einer Zelle, fühlt die Enge dieses Raumes. Täglich will er in die kleine Kapelle in der Zelle nebenan, doch nun darf er diesen 271
    Ort nur noch einmal wöchentlich besuchen. Der Berg Pornohefte in dem kleinen Wandregal ist verschwunden, geblieben sind die Bibel und alte Zeitungen, die er schon auswendig kennt. Er fürchtet sich, daß irgendwann die Aufmerksamkeit der Wächter nachläßt, daß er eines Tages ganz allein sein wird mit den Stimmen der Mörder, Räuber und Diebe. Sie hassen solche wie ihn. Er weiß, sie wollen ihn verletzen, ihn töten für die »unbehaarten« Mädchen, die er auf dem Gewissen hat.
    Kein Beamter kommt mehrmals am Tag an seine Tür, nur noch zum Empfang des Essens öffnet man eine kleine Luke. Der Hofgang wird nun zum Spießrutenlauf für ihn: Auf dem
    niedergetretenen Pfad entlang der Mauer wandert er, ein einsamer Mann. Gemästet mit Schokolade, gebeugt einher-gehend, niemandem mehr trauend, zieht er seine Kreise. Er hört nur noch die rauhen, heiseren Stimmen der Gefangenen, die ihm von der Gefängniswand entgegenhallen. Er kann sich dem Chor nicht mehr entziehen, dessen Botschaft als
    ewigwährendes Echo mit immer neuen Stimmen unaufhörlich auf ihn niederbraust. Er hält sich die Ohren zu, doch er hört sie, seine Häscher, die heute lauter schreien denn je: »Leszek, Leszek, du wirst sterben. Leszek, Leszek, bald kommt deine Zeit. Wir werden dich schlachten, dich quälen, dir die Gedärme aus dem Leib reißen. Warte, deine Zeit kommt.«
    Er kann diesem Chor seiner Mitgefangenen nicht mehr
    entkommen. Nun sind seine Hofgangzeiten geregelt. Wasser schütten sie aus ihren Zellenfenstern auf ihn, der einsam, ängstlich seine Runden dreht. Der Platz, auf dem er Schritt für Schritt seine Kreise abläuft, ist auch über ihm vergittert, das schützt ihn

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