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Nur wenn du mich hältst (German Edition)

Nur wenn du mich hältst (German Edition)

Titel: Nur wenn du mich hältst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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unzulänglich.
    „Ich sag dir was.“ Er versuchte, fröhlich zu klingen. „Wie wäre es, wenn du dich anziehst und wir zu Sophie rüberfahren und versuchen, eine Lösung für deine Ma zu finden?“
    AJ schnappte sich ein paar Sachen aus seinem ramponierten Koffer und ging ins Badezimmer.
    Einige Minuten später tauchte er in einer Dampfwolke aus der Dusche wieder auf. Er hatte Jeans und ein T-Shirt an. Die Kleidung war zerknittert, aber sauber. Sein Haar war glatt an den Kopf gekämmt, und er hatte einen messerscharfen Seitenscheitel gezogen. Seine oliv getönte Haut glühte, als hätte er sie heftig geschrubbt. Im diffusen Licht sah er aus wie ein Engel – so schön, dass Bo einen Moment lang sprachlos war.
    Nachdem sie sich den Magen mit kalter Pizza, Apfelkuchen und Orangenlimonade vollgeschlagen hatten, gingen sie nach unten. Es hatte die ganze Nacht über geschneit, und die Windschutzscheibe des Autos war vereist und von einer Schneeschicht bedeckt.
    Bo wollte gerade fluchen, fing sich aber noch rechtzeitig: „Scheiii…benkleister“, improvisierte er und holte den Eiskratzer aus dem Kofferraum des Z4. „Kaum zu glauben, dass es Leute gibt, die freiwillig in dieser … Gegend wohnen.“ Er hielt den Mund, als er merkte, dass AJ ihm sowieso nicht zuhörte.
    Der Junge rutschte schlurfend über den vereisten Parkplatz. Seine Augen strahlten. Dampf stieg von seinen feuchten Haaren auf, und sein Atem bildete eine Wolke. Der Räumdienst hatte den Schnee zu großen Haufen zusammengeschoben, die nun eine frische Schneeschicht bedeckte. Einige Autos verschwanden beinahe vollständig unter der gleißenden Pracht – Fahrzeuge von Gästen, die klug genug gewesen waren zu wissen, dass sie ein Bier zu viel gehabt hatten, um noch sicher nach Hause zu fahren. Von der erhöhten Lage der Hilltop Tavern aus hatte man einen guten Blick über die Stadt, deren Dächer ebenfalls weiß bestäubt erstrahlten, und den See in der Ferne.
    Bo versuchte sich vorzustellen, wie diese Welt auf AJ wirkte. Niemand hatte ihn gefragt, ob er aus der Großstadt Houston im Süden in die eingeschneite Kleinstadt Avalon verfrachtet werden wollte. Er war ein Fremder in einem fremden Land. „Verrück, was?“, sagte er. „Dieser ganze Schnee.“
    „Es ist so kalt.“
    AJ verschwand beinahe im Parka in der Größe XL, den er ihm gegeben hatte. Er reichte ihm bis zu den Knien, und die Ärmel hingen weit über seine Hände hinaus.
    „Verdammt kalt. Vor allem für einen Jungen aus Houston.“ Bo fragte sich, ob es in Ordnung war, dieses Wort vor einem Kind auszusprechen. „Sei vorsichtig auf dem Eis“, fügte er hinzu.
    AJ schlitterte über den Parkplatz. Seine Chucks hatten keinerlei Profil, und er streckte die Arme seitlich aus, um das Gleichgewicht zu halten. „Ich habe noch nie Schnee gesehen.“
    „Tja, davon gibt es in dieser Stadt mehr als genug“, versicherte Bo ihm. „Ich persönlich kann das Zeug nicht ausstehen.“
    AJ nahm eine Handvoll von der Motorhaube eines geparkten Wagens und schaute zu, wie die Kristalle auf seinen Handflächen schmolzen.
    „Wir werden dir als Erstes ein paar dicke Sachen und Stiefel kaufen“, versprach Bo. „Und ich brauche dringend einen Kaffee. Danach fahren wir zu Sophie und sehen, wie wir deiner Mom am besten helfen können.“ Er hatte die Scheibe freigekratzt, und nachdem sie eingestiegen waren, zeigte er AJ den Knopf für die Sitzheizung. Die überraschte Miene des Jungen, als es unter ihm langsam warm wurde, entlockte ihm ein Lächeln.
    „Können wir das Dach aufmachen?“, fragte AJ.
    „Es ist eiskalt.“
    „Mir ist in deinem Parka warm genug.“
    Bo zögerte. Der Junge sieht zum ersten Mal Schnee, sagte er sich dann. Er selbst hatte als Kind nie dieses Erlebnis gehabt. Er hatte Tornados und Hagelstürme erlebt, Überschwemmungen und Invasionen von Feuerarmeisen. Winterwetter hatte er erst als Erwachsener kennengelernt. „Denk dran.“ Er drehte die Heizung voll auf. „Du hast es so gewollt.“ Nach einem Knopfdruck auf der Mittelkonsole zog das Stoffdach sich zurück und verschwand unter einer Klappe hinter den Sitzen. Bo lenkte den Wagen auf die Straße in Richtung Stadtzentrum. „Die Leute werden glauben, ich hätte den Verstand verloren“, murmelte er.
    AJs funkelnde Augen zu sehen war das wert. Es war einer dieser seltenen Wintertage, so klar wie die Luft kalt. Der Himmel erstrahlte in einer Tiefe und Klarheit, dass man das Gefühl hatte, er könnte jeden Moment zerspringen, und

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