Nur wenn du mir vertraust - Crombie, D: Nur wenn du mir vertraust - Now May You Weep
angewidert das Gesicht. Wenn das wirklich der Fall war, dann war vielleicht gar nicht Kit derjenige, der erst einmal erwachsen und vernünftig werden musste. Er schaute seinen Sohn an, und er sah all das, was ihn zu dem Menschen machte, der er war, und er wusste, dass es da nichts gab, woran ein Tropfen Speichel auf einem Objektträger irgendetwas ändern konnte. »Kit«, sagte er, »wir müssen miteinander reden.«
In Tomintoul ging Hazel in den Dorfladen und kaufte die beiden schönsten Sträuße im Angebot. Die Blumen waren zwar nicht mehr ganz taufrisch, aber für ihre Zwecke waren sie gerade richtig.
Sie fuhr weiter, hinauf in die Braes und dann wieder hinunter in die kleine Senke von Chapeltown, wo der Crombie Burn floss. Der kleine Kirchhof von
Our Lady of Perpetual Succor
war menschenleer, doch Hazel hatte keine Mühe, die Gräber zu finden. Will Urquhart lag neben seiner Mutter im Schatten einer Eberesche. Nachdem sie vor jeden der beiden Steine einen Strauß gelegt hatte, setzte sie sich auf eine Steinbank, schloss die Augen und ließ die Sonne auf sich herabscheinen, bis sie das Gefühl hatte, ganz und gar von ihrer Wärme durchtränkt zu sein.
Dann ließ sie den Wagen auf dem kleinen Parkplatz hinter der Kirche stehen und nahm nur ihre Tasche aus dem Kofferraum, bevor sie sich an den Anstieg machte. Die Sonne stieg höher, die Schatten wurden kürzer, und die letzten Schneereste schmolzen dahin. Sie schwitzte, als sie endlich Carnmore erreichte.
Mit dem Schlüssel, den Heather ihr gegeben hatte, schloss sie die Haustür auf. Langsam ging sie von Zimmer zu Zimmer und machte sich ein Bild vom Zustand des Gebäudes. Die Bausubstanz schien unversehrt, bis auf ein paar verzogene Dielen unter den zerbrochenen Fenstern. Ihre Eltern hatten ein paar Möbel zurückgelassen – Stücke, die vielleicht einmal Livvy Urquhart gehört hatten, wie ihr jetzt klar wurde. Sie stellte fest, dass ihre Erinnerungen an die Kinderjahre in diesem Haus sich mit ihren Traumbildern von Livvy vermischt hatten – und dass es ihr nichts ausmachte.
Schließlich trat sie wieder hinaus in die Sonne und setzte sich auf einen Stein neben dem Eingangstor der Brennerei, um über ihre Möglichkeiten nachzudenken. In der Ferne hörte sie die Rufe der Brachvögel, und einmal, als sie zum Himmel aufblickte, glaubte sie die Silhouette eines Falken über sich hinweggleiten zu sehen.
Donald hätte gewollt, dass sie Benvulin so weiterführte, wie es war; er hatte in ihr einen Rettungsanker gesehen, der sein Erbe vor den reißenden Fluten der Zukunft bewahren sollte. Aber Donald war tot, und sie konnte ihn ebenso wenig zum Leben erwecken wie die Frau, die sie in den Jahren ihrer Ehe zu sein vorgegeben hatte. Wer war sie jetzt – und wohin gehörte sie?
Es schien nahezu sicher, dass ihre Ehe irreparablen Schaden genommen hatte, und was sie selbst betraf – wie konnte sie weiter andere Menschen beraten und therapieren, nachdem sie sich als so unfähig erwiesen hatte, sich selbst zu helfen?
Sie ließ den Blick über das Haus und die verwitterten, aber weitgehend intakten Brennereigebäude schweifen. Das Leben in den Braes war hart und entbehrungsreich, es war ein einsames Leben, das den Bewohnern unweigerlich seinen Stempel aufdrückte. Aber es war ihr Erbe, ihres und das ihrer Tochter. Konnte sie Holly hierher bringen? Ihre Tochter und sich selbst einer ungewissen Zukunft ausliefern?
Es
gab
eine Möglichkeit, wenn sie nur den Mut dazu aufbrächte. Sie konnte ihre Anteile an Benvulin an Pascals Konzern verkaufen. Sie konnte auf Benvulin verzichten und damit nicht nur Donald endlich loslassen, sondern auch die Brennerei in die Hände ihrer Cousine Heather geben, wie sie es verdient hatte. Das war vielleicht nicht die Entscheidung, die Donald getroffen hätte, aber sie musste zuerst an die Lebenden denken.
Und dann wäre es vielleicht denkbar, dass sie mit dem Geld aus dem Verkauf Carnmore aus seinem Dornröschenschlaf erwecken könnte. Es würde bedeuten, die Brennerei praktisch aus dem Nichts wieder aufzubauen, doch sie sagte sich, dass ja schließlich so manche Highland-Brennerei ganz klein angefangen hatte – mit einem einzigen Destillierapparat, betrieben von der Frau eines Bauern. Sie war nicht auf den Kopf gefallen, und was sie nicht wusste, konnte Heather ihr beibringen.
Sie sah die Küche vor sich, rot gestrichen, erfüllt vom Duft des frischen Backwerks. Sie sah die glänzenden kupfernen Brennblasen im Brennhaus, die Fässer, die
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