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Nybbas Träume - Benkau, J: Nybbas Träume

Nybbas Träume - Benkau, J: Nybbas Träume

Titel: Nybbas Träume - Benkau, J: Nybbas Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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in einem nahen Café flackerten Lichter hinter den Fenstern.
    Weiterfahren. Der kleine Teil von ihr, dem Sicherheit das höchste Gut war, sprach zu ihr. Doch der Rest hatte schon entschieden, etwas völlig anderes zu tun.
    Sie parkte ihren Wagen am Straßenrand. Es war der Wunsch zu helfen, redete sie sich ein. Eine gewisse Sorge um diesen Mann, der so unschuldig ausgesehen hatte. Vielleicht die Tatsache, dass sie seit Jahren auf Menschen fluchte, die in solchen Situationen einfach weitergingen. Wie viele hatten wohl registriert, dass Sascha in Schwierigkeiten gewesen war? Wie viele mochten weitergegangen sein, die Intuition verleugnend, die sich ihnen aufgedrängt hatte? Sascha könnte noch leben, wenn jemand einen Blick riskiert hätte.
    Aber möglicherweise trieb sie auch etwas ganz anderes aus ihrem Wagen. Der Drang, sich durch den Nervenkitzel endlich wieder lebendig zu fühlen.
    Zu lange schon versank sie in Gleichgültigkeit. Jetzt, in diesem Moment, spürte sie ihren dröhnenden Herzschlag so intensiv, als hätte sie ihn seit Jahren nicht mehr wahrgenommen. Er pulsierte bis in ihre Fingerspitzen und machte ihr unmissverständlich klar, dass sie lebte. Leben wollte. Es fühlte sich gut an. Sie wollte mehr davon. Klar war das leichtsinnig – und wenn schon.
    Mit fahrigen Bewegungen verriegelte sie ihr Taxi und steckte Handy, Autoschlüssel und ihr Asthmaspray in die Taschen ihrer Cargohose. Dann huschte sie über die Straße und ging die Gasse entlang. Nur zwanzig Schritte, entschied sie. Wenn ihr bis dahin nichts verdächtig vorkam, könnte sie guten Gewissens wieder fahren.
    Nach mehr als zwanzig Schritten blieb sie stehen und lauschte. Nur die Geräusche einer vielbefahrenen Straße lagen in der Luft. Irgendwo bellte ein Hund, in weiter Entfernung vernahm sie grölendes Lachen. Sie zählte weitere zwanzig Schritte ab. Nichts.
    War da ein Rascheln? Sicher nur Ratten.
    „Hallo?“
    Sie hatte rufen wollen, doch aus ihrem Mund kam nur ein Flüstern. Das T-Shirt klebte ihr inzwischen schweißnass zwischen den Schulterblättern. Verdammte Hitze. Zu allem Überfluss fröstelte sie dennoch und bemerkte, wie sich ihre Brustwarzen unangenehm auffällig unter dem dünnen, schwarzen Stoff abzeichneten.
    Nein, hier war niemand. Mit verschränkten Armen drehte sie sich um und eilte zurück zu ihrem Wagen. Dabei beobachtete sie, wie ihr Schatten vor ihr den Gehweg entlang floss und schwächer wurde, bis er unter der nächsten Laterne für einen Moment verschwunden war. Als er nach ein paar Schritten wieder vor ihr auftauchte, erschien dicht daneben ein zweiter, größerer Schatten.
    Für einen Augenblick konnte sie nicht atmen, dann fuhr sie herum, gleichzeitig nach dem Handy sowie dem Asthmaspray greifend. Ein Vibrieren hallte durch ihre Knochen, wie nach einem Stromschlag.
    Vor ihr stand der Mann mit den schwarzen Haaren.
    Er war viel größer, als sie ihn eingeschätzt hatte und sah kein bisschen hilflos mehr aus. Die Arme hatte er verschränkt und seine Muskeln spielten provokant unter der Haut und den Ansätzen einer Tätowierung, die sie an der Innenseite des rechten Unterarms erahnen konnte.
    „Ich wollte dich nicht erschrecken.“ Seine Stimme war leise und ein wenig rau, die Worte unaufrichtig.
    Joana biss die Zähne zusammen, damit sie nicht zu klappern begannen. „Das ist Ihnen ja wunderbar gelungen“, presste sie hervor.
    Er zog einen Mundwinkel zu einem selbstgefälligen Lächeln hoch. „Verzeihung.“
    Himmel, wie hatte sie eben noch denken können, er sähe verloren aus? Er blickte auf sie herab, wie die Schlange auf das Kaninchen. Dass er dabei nahezu verboten gut aussah, schmälerte die bedrohliche Aura, die ihn zu umgeben schien, in keiner Weise. Seltsam war, dass sie keine Angst hatte. Sie war fast zu Tode erschrocken, aber nun wurde sie mit jedem Herzschlag gefasster. Der Schreck ließ nach und wich einem Gefühl, das sie entfernt an trotzigen Widerstand erinnerte.
    „Was wollen Sie?“ Joana wunderte sich, wie ruhig und fest ihre Stimme war. Ihre Finger schlossen sich in ihrer Hosentasche um das Asthmaspray.
    „Gar nichts.“
    Klar. Und genauso wenig Wahrheit lag in seinen Zügen. Sein Grinsen war so falsch wie schön. Vielleicht könnte sie ihn mit ihrem Spray täuschen. Wenn sie schnell genug war, glaubte er sicher, es würde sich um Reizgas handeln. Die Ablenkung könnte ihr ein paar Meter bringen, wenn sie flüchten musste. Zum Auto oder in dieses Café.
    Sein Blick erfasste die Bewegung

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