Nyx - House of Night: Das Begleitbuch (German Edition)

Menschen und Vampyre gegeneinander hegen, um ihre eigene Machtposition zu stärken. So wird offensichtlich, wie sich Menschen mittels ihrer Vorurteile leicht führen – oder verführen – lassen. Die Ernsthaftigkeit, mit der die Autorinnen ihre Einsichten zu dem bleibenden Thema Furcht und Hass vermitteln, legt nahe, dass die Lehren, die sie aus der Geschichte Tulsas ziehen, ihnen bei der Gestaltung der Romane am Herzen liegen.
ORTE UND WAHRZEICHEN
    Indem die Casts aktuelle Wetterereignisse und lokale Geschichte in ihren Romanen verarbeiten, geben sie der H OUSE OF N IGHT -Reihe eine solide Kulisse: ein Tulsa, das greifbar und fest verwurzelt ist und authentisch wirkt. Ihrem literarischen Spiel verleihen sie eine zusätzliche Ebene, da sie ihre Geschichte an bestimmten, tatsächlich existierenden Orten der Stadt ansiedeln. Diese Orte bringen bereits eine eigene geheimnisumwitterte Geschichte mit sich. Ganz im Stile der Schauerliteratur bedienen sie sich bei den bemerkenswertesten Orten der Stadt und errichten ihre eigenen Geschichten auf dem Unterbau geheimnisvoller Erzählungen und Legenden, die schon seit Generationen in Tulsa weitererzählt und dabei stets verfeinert wurden. Das mythologisch aufgeladene Tulsa der Casts zieht Leser deshalb in seinen Bann, davon bin ich überzeugt, weil es sich aus derart tiefen Wurzeln speist. Man muss sich natürlich nicht aus eigener Erfahrung in Tulsa blind auskennen, um die H OUSE OF N IGHT -Reihe mit Freude lesen zu können, doch man erhält tiefere Einblicke in die Kunstfertigkeit der Autorinnen, wenn man nachvollziehen kann, wie sie bekannte Orte der Stadt in ihre Gestaltung einfließen lassen.
Cascia Hall
    Natürlich gibt es viele der Orte, die in der Romanreihe vorkommen, tatsächlich in Tulsa: etwa das freundliche Tierheim
Street Cats
oder
Mary‘s Grotto
. Doch die fantastischsten und eindrucksvollsten Romanszenen sind eindeutig den stimmungsvollsten Orten Tulsas vorbehalten. Dazu gehört
Cascia Hall
, die katholische Eliteschule zur Vorbereitung aufs College, deren Campus zum H OUSE OF N IGHT von Tulsa wird.
    Es fällt nicht schwer, die Entscheidung der Casts für Cascia Hall als Kulisse für ihr Vampyr-Internat nachzuvollziehen. Den Kern des Gebäudekomplexes bildet das ursprüngliche Kloster, das noch aus der Zeit der Gründung der Schule 1926 durch den Augustinerorden stammt. Auch die neueren baulichen Ergänzungen sind in dem gleichen neo-normannischen Baustil gehalten und verleihen so dem Campus, der noch kein Jahrhundert alt ist, die Atmosphäre und den Ernst eines geschichtsträchtigen Orts der Alten Welt. Ihre Gründer benannten die Schule nach Rita von Cascia, einer italienischen Heiligen, und so nimmt die imposante, ihr geweihte Kapelle eine zentrale Position auf dem Gelände ein.
    Cascia Hall sticht im Stadtbild Tulsas besonders heraus. Erstens unterscheidet sich die Anlage durch ihre burgähnlichen Gebäude und Türme völlig von anderen bekannten Bauwerken der Region; sie wirken tatsächlich mittelalterlich und scheinen älter zu sein als der Rest der Stadt. (Und so denkt Zoey bei sich, als sie in Gezeichnet zum ersten Mal das Gelände erkundet: „Wirklich, statt eines Wegs […] hätten sie genauso gut einen Wassergraben drum herumbauen können.“ 61 ) Zweitens grenzt sein über 16 Hektar großer Wald den Campus von der benachbarten Wohngegend ab. Auch wenn es zwei Zufahrten zu Cascia Hall gibt – von der South Yorktown Avenue und von der South Utica Avenue aus – so wird die letztgenannte doch nur bei Sportveranstaltungen geöffnet. Die Schule scheint sich also nicht nur durch ihren akademischen und finanziellen Status, sondern auch durch ihre Architektur und ihre Lage abzugrenzen. Diese Abgeschiedenheit verleiht dem Ort in den Augen des Durchschnittsbürgers von Tulsa eine gewisse geheimnisvolle (und vielleicht sogar schauerliche?) Aura. Abgeschieden, geheimnisumwittert und elitär: Diese Eigenschaften machen den Campus zum perfekten Ort für das Übernatürliche und Paranormale – kurz: für die Cast‘schen Vampyre.
Das Philbrook Museum of Art
    Das
Philbrook Museum
scheint, gemeinsam mit seinen Gärten, geradewegs einem Buch alter Legenden entsprungen zu sein. Als kleines Kind bin ich einmal mit meinen Eltern bei einer abendlichen Freiluftaufführung von
Camelot
auf dem gepflegten Rasen des „Philbrook“ gewesen, und ich erinnere mich noch, dass man gar nicht mehr genau sagen konnte, wo das Königreich Camelot des Stückes endete und die