Nyx - House of Night: Das Begleitbuch (German Edition)
nicht aus. Alle Geschichten stimmen in der Vermutung überein, dass unter der Innenstadt von Tulsa seltsame Leute dunklen Machenschaften nachgehen.
Bei der Gestaltung ihrer eigenen Mythologie bringen die Casts sowohl Fakten rund um die Tunnel als auch Elemente aus den über sie entstandenen Geschichten ein. Zum ersten Mal tauchen die Tunnel in Band zwei,
Betrogen
auf, und sie spielen in allen folgenden Bänden bis heute eine tragende Rolle. Bei ihrer ersten Erwähnung dienen sie den finsteren roten Vampyren, die Heath entführt und gequält haben und ihn töten wollen, als Versteck. In Heaths eigenen Worten sind sie „eher wie Höhlen […] dunkel, nass und eklig.“ 64 Auch Zoeys Erlebnisse bestätigen den Eindruck der Leser: Die Tunnel verheißen nichts Gutes, in ihnen leben schreckliche Wesen, und jeder, der sie betritt, ist in Gefahr.
Mit der Zeit verändert sich jedoch die Wahrnehmung der Tunnel – in den Augen des Lesers ebenso wie für Zoey. Als Stevie Rae ihre Menschlichkeit wiedererlangt und zur Hohepriesterin der roten Vampyre wird, verändern sich auch die Tunnel und spiegeln so ihre innere Veränderung. Sie werden für Stevie Rae und ihre Anhänger zum Rückzugsgebiet mit einer Spur Gemütlichkeit, in dem jeder sein eigenes bequemes Schlafzimmer hat – ganz zu schweigen von einzelnen Elementen einer gediegenen Inneneinrichtung, die auf Aphrodites Kreditkarten gehen. Die roten Vampyre fühlen sich unter der Erde sicher, und besonders Stevie Rae schöpft hier dank der von der Göttin gegebenen Erdaffinität Kraft. Auch Zoey und ihre Freunde finden am Ende von
Ungezähmt
in den Tunneln Zuflucht und bleiben in
Gejagt
längere Zeit dort. Als es in
Verbrannt
zum Kampf um die Tunnel kommt, wird den Lesern schnell klar, wie viel auf dem Spiel steht, und erst Stevie Raes letztendlicher Sieg löst diese Spannung wieder auf.
Ob man sich nun im Flüsterton Geschichten über sie erzählt oder sie täglich benutzt: Spätestens seit beinahe acht Jahren spielen die Tunnel unter Tulsa eine wichtige Rolle in der Stadt. Ganz so, wie sie für die Bürger Tulsas teils Furcht und teils Schutz verkörpern, so können die Tunnel auch bei den Casts in wechselnden Szenen eine Bedrohung oder aber Sicherheit darstellen.
Das Gilcrease Museum
Das vielleicht wichtigste Wahrzeichen Tulsas – zumindest im Hinblick auf Legenden und Geschichten rund um die Stadt -, das die Casts einsetzen, kommt erst spät in der H OUSE OF N IGHT -Reihe vor: Gegen Ende des sechsten Bandes,
Versucht
, spielt das
Gilcrease Museum
eine Rolle. Stevie Rae findet, dass sich das Anwesen auf dem Museumsgelände hervorragend als Versteck für Rephaim eignet, der seine Verletzungen auskurieren soll. Sie erklärt, dass der Ruf des Hauses schon dafür sorge, dass Rephaim nicht entdeckt oder gestört werde: „Und das Beste ist – da drin spukt‘s wie blöd! […] Wenn also jemand was Komisches sieht oder hört, wird er sich bloß gruseln und denken, die Gespenster wären schuld.“
Ich glaube, die meisten in Tulsa würden Stevie Raes Logik folgen. Während das Gilcrease Museum als eine der weltgrößten Sammlungen von Kunstwerken und Objekten zur Geschichte des amerikanischen Westens berühmt ist, ist das umliegende Gelände aus ganz anderen Gründen eher berüchtigt.
Thomas Gilcrease (1890-1962) wurde zum Multimillionär, als auf dem Land, das er als Angehöriger des Indianervolks der Creek zur Pacht erhielt, Erdöl gefunden wurde. Als Zwanzigjähriger hatte er bereits für ein Anwesen geschwärmt, das damals gerade in West Tulsa aus dem Sandstein der nahen Osage Hills gebaut wurde, und so kaufte er das Haus zusammen mit den umliegenden 32 Hektar Land. Es wurde bald als das „Haus auf dem Hügel“ oder „Toms Haus“ bekannt. Später ließ er ein zweites Gebäude errichten, das als Museum dienen sollte, und so wurde 1949 das
Thomas Gilcrease Institute for History and Art
eröffnet.
Viele Jahre lang war Gilcrease als Geschäftsmann, Wohltäter und Sammler berühmt und erfolgreich, doch familiäres Glück fand er nicht. Die erste Ehe mit seiner Jugendfreundin aus dem Volk der Osage endete nach 16 Jahren. Seine zweite, mit einer damals neunzehnjährigen Cherokee und Miss America aus Tulsa hielt keine sechs Jahre. Als Gilcrease während der vierziger Jahre auf Weltreise ging, wurde sein Zuhause ein Heim für verwaiste Indianerkinder. Später zog Gilcrease wieder in Toms Haus ein, wo er 1962 einen tödlichen Herzinfarkt erlitt. Er wurde in einem Mausoleum
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