Nyx - House of Night: Das Begleitbuch (German Edition)
bedeutende Unternehmen und Konzerne sowie Land und Anteile an Agrarbetrieben. So sind die Cherokee zu einer einflussreichen Kraft in Oklahoma geworden. Sie sind zwar hier in alle Bereiche des täglichen Lebens integriert, doch sie genießen auch einen Sonderstatus, der ihnen per Gesetz garantiert ist. Die Cherokee haben ihr eigenes Steuersystem und erheben Steuern, die sie im Rahmen ihrer Selbstverwaltung für die Angehörigen ihrer Nation einsetzen. Außerdem verfügen sie über Einnahmen aus Spielkasinos. Sie betreiben Krankenhäuser in ganz Oklahoma, beteiligen sich am Ausbau der Infrastruktur und bauen Straßen, Brücken sowie Schulen und Universitäten für ihre Stammesangehörigen. Ihr
Marshal Service
beschäftigt Polizisten, die in den Verwaltungsapparat der vierzehn Countys eingegliedert sind. Die Cherokee von Oklahoma tun alles, was in ihrer Macht steht, ihre eigene Kultur zu erhalten und wieder aufleben zu lassen. Die Sprache der Cherokee wird gepflegt, historische Stätten erhalten und Museen gestiftet. Und sie sind stolz auf ihre Geschichte und ihre Kultur samt ihren Riten.
Doch das Volk der Cherokee definiert sich nicht allein aus seiner Vergangenheit. Es ist bestrebt, auch in Zukunft eine tragende Rolle zu spielen. Wie Redbird Mithras, das spirituelle Haupt der Cherokee, schreibt: „Die Feuer, die stetig genährt werden, sind nur Ausdruck des Größeren Feuers, des Helleren Lichts, des Großen Geists. Ich sehe heute klarer als je zuvor, dass das nicht nur auf die Cherokee zutrifft, sondern auf die gesamte Menschheit.“
Das Blut eines uralten, stolzen und duldsamen Volkes fließt durch Zoeys Adern, und so ist es nicht verwunderlich, dass sie eine derart mutige Heldin ist.
DAS MATRIARCHAT DER CHEROKEE – GESTERN UND HEUTE
Warum haben die Autorinnen der H OUSE OF N IGHT -Reihe aus all den Indianerstämmen Amerikas gerade die Cherokee als Zoeys Vorfahren ausgewählt? Eins ist sicher, dass ihre Kultur in Tulsa, dem Ort der Handlung, eine tragende Rolle spielt, aber vielleicht lässt sich durch eine nähere Untersuchung der Gesellschaft der Cherokee noch eine weitere Antwort finden.
Frauen kam schon immer eine besondere Bedeutung in der
Cherokee Nation
zu – und so ist es noch heute. Ursprünglich waren die Cherokee ein Volk von Bauern, die, anders als die Nomadenstämme, in befestigten Dörfern lebten, in der Regel am Ufer eines Gewässers. Die Frauen ernteten Feldfrüchte und sammelten Beeren, Nüsse und Obst. Sie kümmerten sich außerdem um die Kinder und die Alten und fertigten Kleidung, Instrumente, Waffen und Werkzeuge. Die Männer trieben Handel, zogen in den Krieg, führten Verhandlungen und jagten. (Und manchmal, so wird berichtet, begleiteten die Frauen sie zur Büffeljagd oder sogar in den Kampf.) Beide Geschlechter erzählten Geschichten, schufen Kunstwerke, musizierten und praktizierten die traditionelle Medizin, doch es waren die Frauen, die das Land besaßen. Vereinfacht gesagt, lagen Landwirtschaft, Eigentum und Familie im Verantwortungsbereich der Frau. Und während die Männer die politischen Entscheidungen für den Stamm trafen, entschieden die Frauen in den sozialen Belangen ihres Klans.
In der Cherokee-Gesellschaft können mehrere Klane einen Stamm bilden. Die sieben Klane, die heute die
Cherokee Nation
ausmachen, sind zwar reine verwaltungstechnische Konstrukte, die auf die alte Cherokee-Kultur zurückgehen, aber noch heute richtet sich eine Abstammungslinie nach dem Klan der Mutter. Ein neugeborenes Kind gehört automatisch zum Klan der Mutter. (Folglich gehören die Kinder, die aus der Ehe einer Nicht-Cherokee mit einem Cherokee-Mann hervorgehen, keinem Klan an und sind daher aus traditioneller Sicht keine Cherokee.)
Früher hatte jeder Klan mit seiner mütterlichen Abstammungslinie einen Rat von Frauen, eine Gruppe von Großmüttern, an deren Spitze eine „Geliebte Frau“ (oder
Ghigua
) stand. Die Ghigua wurde jedes Jahr neu bestimmt, und die Gründe für die Wahl einer Frau konnten vielfältig sein: Tapferkeit im Kampf oder eine andere herausragende Eigenschaft, etwa besondere Kenntnisse in der Heilkunde oder das Talent, gerechte Entscheidungen für den Klan treffen zu können. Eine solche Anerkennung bedeutete die größte Ehre, die einer Cherokee-Frau zuteil werden konnte. Neben ihrer Stellung an der Spitze des Rats der Frauen hatte die
Ghigua
einen hoch angesehenen Sitz und auch ein Stimmrecht in der höchsten politischen Körperschaft des Stammes, dem Rat der
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