Sambanächte mit dem Playboy
PROLOG
Ruiz Acosta streckte erst genüsslich Arme und Beine aus, dann nahm er in aller Ruhe den Anruf seines Bruders Nacho aus Argentinien entgegen. Dabei blickte er aus dem Fenster seines eleganten Stadthauses und überlegte, dass ihm London mittlerweile genauso lieb war wie die Weite der argentinischen Pampa – vielleicht sogar noch lieber. Der Unterschied war gewaltig, die Herausforderung eine andere, aber mindestens ebenso stimulierend.
Und die Frauen?
Blass, gehetzt und in so viele Schichten Kleider gehüllt, dass an Sex gar nicht zu denken war.
„Ob ich rechtzeitig zu unserem jährlichen Polo-Match zurückkomme?“, wiederholte er die Frage seines älteren Bruders. „Keine zehn Pferde könnten mich davon abhalten. Sieh bloß zu, dass ich einen Hengst bekomme, der schneller ist als Neros Ungeheuer, und ich werde deine Flanke schützen, Nacho …“
„Und die Geschäfte?“, unterbrach ihn die harte Stimme seines Bruders.
„Laufen verdammt gut. Ich habe die komplette Umstrukturierung abgeschlossen und muss nur noch ein, zwei Stellen neu besetzen. In Zukunft werde ich meine Zeit zwischen Argentinien und London aufteilen, aber …“
„Solange du deine Familie auf der anderen Seite der Erde nicht vergisst, Ruiz“, unterbrach ihn Nacho schon wieder. „Du bist der Klebstoff, der uns zusammenhält.“
„Klebstoff lässt sich prima ausdehnen“, erklärte Ruiz trocken.
Nacho, dem es gar nicht gefiel, wenn seine Autorität infrage gestellt wurde, wechselte die Taktik. „Hast du in letzter Zeit etwas von Lucia gehört?“
„Lucia? Nein. Wieso?“ Ruiz, dem der veränderte Tonfall in der Stimme seines Bruders nicht entgangen war, richtete sich auf. „Gibt es ein Problem?“
„Unsere Schwester ist mal wieder untergetaucht – sie hat ihre Nummer geändert …“
„Lucia war schon immer einfallsreich.“ Und wer konnte ihr das bei vier Brüdern, die sie nicht aus den Augen ließen, verübeln? Dennoch hatte die Sicherheit seiner Schwester oberste Priorität. „Ich kümmere mich darum. Gehe nachher mal an ihrer Wohnung vorbei und schaue, ob sie zurück ist oder irgendwelche Hinweise hinterlassen hat.“
Nacho schien zufrieden zu sein, jetzt, wo er wusste, dass Ruiz sich des neuesten Familienproblems annahm. Seine Stimme wurde weicher. „Hast du dir endlich eine Frau gesucht?“
Ruiz lachte, denn genau in diesem Moment schob jemand, oder vielmehr etwas, seinen Kopf zwischen seine Beine. „Nein, aber ein Hund hat sich mich ausgesucht.“ Das Fluchen am anderen Ende der Leitung ignorierte er. „Diese große schwarze Promenadenmischung ist einfach von der Straße hereinspaziert, als mir ein paar Möbel geliefert wurden, und hat es sich vor dem Kamin gemütlich gemacht. War es nicht so, Bouncer?“
„Du hast dem Hund einen Namen gegeben?“, fragte Nacho scharf.
„Nicht nur einen Namen – auch ein Zuhause. Bouncer ist jetzt Teil des Mobiliars.“ Ruiz kraulte den großen Hund hinter den Ohren.
„Das ist so typisch für dich, Ruiz“, rügte Nacho ganz im Tonfall des großen Bruders. „Du hast schon immer alle möglichen Straßenkinder und Heimatlosen aufgelesen. Wenn irgendjemand Streicheleinheiten braucht, bist du sofort zur Stelle. Dios! Sieh zu, dass du den Köter wieder loswirst!“, donnerte er.
„Halt dich da raus!“, schoss Ruiz zurück. Er war kein kleiner Junge mehr, den Nacho nach Lust und Laune rumkommandieren konnte. Außerdem müsste sein Bruder mittlerweile wissen, dass er bei Tieren nicht mit sich reden ließ.
„Wir sehen uns dann beim Polo-Match“, knurrte Nacho, „ohne den Hund!“
„Dir auch noch einen schönen Tag, Bruderherz“, murmelte Ruiz und starrte auf den stummen Telefonhörer in seiner Hand.
Nacho, der nach dem Tod ihrer Eltern die Verantwortung für seine Geschwister übernommen hatte, vergaß manchmal, dass sie mittlerweile alle erwachsen waren.
Bouncer, der Ruiz’ Irritation zu spüren schien, winselte leise. Beruhigend tätschelte Ruiz den Kopf des Hundes. „Du meinst, ich soll Nachsicht mit Nacho haben?“, fragte er, während Bouncer darum bettelte, dass er mit ihm Gassi ging. Sein Bruder leitete in Argentinien eine Estancia von der Größe eines kleinen Landes, insofern war es ihm gestattet, hin und wieder einen schlechten Tag zu haben. „Also gut, Junge, du hast recht. Lass uns gehen“, sagte er und stand auf.
Ein großer Hund wie Bouncer brauchte genügend Auslauf. Ähnlich wie bei seinem Herrchen, dachte Ruiz, als er sein gebräuntes,
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