Nyx - House of Night: Das Begleitbuch (German Edition)

in meiner Vorstellung Gestalt anzunehmen. Als ich mich in ihren Fußstapfen bewegte, sah ich allmählich auch, wie viel Sinn für militärische Taktik sie gehabt haben musste, und so entstand das Bild einer weisen und wachsamen Königin in mir.
    Hand aufs Herz: Obwohl das Meer am Fuße der Steilküste sicher dreißig Meter unter uns lag, konnte ich das Salz in der Luft schmecken, und während ich Alans Geschichte lauschte, war mir, als flüsterte mir Sgiach selbst ihre Worte ins Ohr …
    Wahrscheinlich ist es die größte Ehre, die die Menschen Sgiach zuteil werden ließen, dass sie diese wundervolle Insel nach ihr benannten
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(Oder nahm sie vielleicht den Namen der Insel an?) Wie du siehst, ist die Landschaft von Skye die wahrscheinlich am stärksten zerklüftete in ganz Schottland. Ihre Gipfel, die den Nebel durchstoßen, erinnern mich an die Probe, die alle Schüler bestehen mussten, die Sgiachs Kampfkünste erlernen wollten. Sie mussten barfuß die beiden Bergketten der Cuillen Hills überqueren, ehe ihnen der Zutritt zu DunScaichis, also Sgiachs Burg, gewährt wurde, wo sie zum Krieger ausgebildet wurden
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    So wie ich es verstehe, kamen die angehenden Krieger aus ganz Europa. Auch heute im modernen Schottland heißen die Leute von Skye „Skianniach“
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Als ich mich einmal mit einer Einwohnerin von Skye über Sgiach unterhalten habe, erzählte sie mir, dass es heute meistens eine Art Schimpfwort sei, wenn man einen jungen Menschen „Sgiach“ nennt, ein Begriff für jemanden, der Ärger macht oder ein Halunke ist
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    Als ich mich neulich mit einem anderen Einwohner von Skye, der nahe der DunScaichis aufgewachsen ist, unterhalten habe, erzählte er mir, wie er damals zu Sgiachs Burg hinaufgeklettert sei und dort auch kampiert habe. Er nannte sie „einen beklemmenden Ort“ und sagte, dass „schlimme Dinge dort passiert“ seien. Das könnte etwas mit den Gerüchten darüber zu tun haben, wie sie zu ihrem Beinamen „Enthaupterin“ gekommen ist: Sie hat ihren Feinden wohl die Köpfe abgeschlagen 97
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    In den Aufzeichnungen der irischen Mönche, die im sechsten und siebten Jahrhundert nach Schottland kamen, finden sich Berichte, dass die einheimischen Kinder in der Regel bereits im Alter von elf Jahren ihre Ausbildung zum Krieger begannen und sie mit achtzehn abschlossen. Das betraf Jungen und Mädchen. Die Mönche fanden diese Tradition offensichtlich bedenklich und schlugen ein Gesetz vor, dass Frauen von der Ausbildung zur Kriegerin ausschließen sollte, doch auch in vielen unserer Geschichten über Schlachten aus der Zeit danach spielen Frauen entscheidende Rollen – im Kampf und auch am Rande der Schlachtfelder. In der modernen Clan-Gesellschaft wird den Kriegerinnen von Schottland noch immer Respekt und Zuneigung entgegengebracht.
    Alan Torrances Geschichten, Seoras‘ Qualitäten als Führer und das Erlebnis, diesen wunderbaren Schauplatz, der einmal die Heimat einer solch mächtigen Königin war, zu erfahren und zu kennen, hat es mir ermöglicht, sie in meiner fiktionalen Welt wieder zum Leben zu erwecken. Ich hoffe, dass ihr das irgendwo, auf irgendeine Weise ein Lächeln entlockt.
CLAN MACUALLIS UND DER MYTHOS DER WÄCHTER
    Ich habe mir das Beste für den Schluss aufgehoben, denn ich beschließe meinen Artikel mit Seoras Wallaces Geschichte. Dabei scheue ich mich nicht zuzugeben, dass ich vieles von Seoras und der Geschichte seines Clans übernommen habe, als ich mir die Mythologie der Wächter und meinen fiktionalen Clan MacUallis (eine freie gälische Übersetzung von Wallace) ausdachte. Seoras hat mir faszinierende Geschichten erzählt, die in seiner Familie seit Jahrhunderten weitergereicht wurden und so habe ich (mit seinem Einverständnis) die Überlieferungen des Clan Wallace in H OUSE OF N IGHT einfließen lassen.
    Okay, das klingt einfach: Ich höre also mal eben, was mir irgendjemand erzählt und stricke meine eigene Geschichte daraus. Nicht ganz. Besonders nicht, wenn „dieser jemand“ und sein Clan dich als seine Shenachie betrachten. Ich will dem Clan Wallace die Ehre erweisen, und ich war in meinem ganzen Schriftstellerleben noch nie so nervös wie an dem Tag, als Seoras das Manuskript von
Verbrannt
las – der Band, in dem die Geschichte des Clans zum ersten Mal mit der Welt des H OUSE OF N IGHT verwoben wird. Ich möchte es ganz klar sagen: Ich habe die Geschichte des Clan Wallace fiktionalisiert. Ich habe meine eigene Version dieser Geschichte in die Mythologie des H OUSE OF N IGHT