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Oberwasser

Oberwasser

Titel: Oberwasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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verschwörerisch, »das wart doch ihr von der Polizei, die die Graseggers in den Kurort zurückgeholt haben, stimmts?«
    »Nein, wozu denn, die sind ganz von alleine gekommen. Wir haben wirklich was anderes zu tun.«
    Hölleisen biss in die zweite Leberkäsesemmel, die er sich gekauft hatte und warf einen Blick aus dem Fenster. Der Hartl-Hof lag ruhig und friedlich da.
     
    »Es heißt, dass es einer aus dem Ort ist«, sagte die Hartmannsdorfer Traudi.
    »Was, einer von uns soll es sein!«, setzte der Presstaler Martin nach. »Das glaubst du doch selber nicht.«
    »Ja, ich habe auch schon einen Verdacht.«
    Die Hartmannsdorfer Traudi flüsterte dem Presstaler Martin etwas ins Ohr. Der Presstaler Martin verschluckte sich.
    »Ja, ein Buch über das Wildern, das wäre schon was«, murmelte der Geschichtslehrer des Werdenfels-Gymnasiums und notierte sich den ersten Satz auf der Serviette: »Schon die alten Römer kannten das Wildern. Wie sie es bezeichneten, ist nicht überliefert, aber Tacitus schrieb in seinem berühmten …«
     
    Franz Hölleisen spürte den Vibrationsalarm seines Mobiltelefons. Er holte es aus der Hosentasche und warf einen Blick auf das Display. Dort erfuhr er, dass Nicole jetzt zehn Minuten im Haus war, und dass sie sich schon zwei Minuten nicht mehr gemeldet hatte.
    »Zahlen bitte!«
    »Neun zwanzig, Hölli.«
    »Ich möchte eine Quittung.«
    »Eine Quittung wegen vier Leberkäsesemmeln?«
    »Ja freilich, die kann ich bei unserer Versorgungsabteilung absetzen.«
    »Bist du denn im Dienst, Hölli?«
    »Ein Polizist ist quasi immer im Dienst. Und vergiss die gesonderte Mehrwertsteuer nicht.«
    »Hoi, Alter!«, schrie die Kallingerin nach hinten zu ihrem Mann, der gerade eine Ladung frische Weißwürste in den Kessel warf. »Was haben denn Leberkäsesemmeln für eine Mehrwertsteuer?«
    »Ich glaube neunzehn Prozent!«, schrie der Kallinger nach vorn. »Weil es Luxusgüter sind.«
    Schallendes Gelächter in der Metzgerei. Hölleisen legte einen Zehner auf den Tresen und ging hinaus.

29 .
    »Was machst denn du da!«
     
    Nicole hatte den stockdunklen Raum mit den tropfnassen Wänden mit ihrer kleinen Taschenlampe hastig abgesucht, sie war schließlich auf eine niedrige, unauffällig gestrichene Eisentüre gestoßen. Daneben stand eine kleine abgewetzte Kommode, und Nicole hatte gleich das Gefühl, dass diese Kommode normalerweise immer vor der Tür stand, um diese vor den Blicken neugieriger Recklinghäuser Kriminalkommissarinnen zu verbergen. Sicherlich hatte jemand die Kommode weggerückt und nur vergessen, sie wieder an ihren alten Platz zu schieben. Sie atmete schwerer, sie spürte, wie sich kleine Tröpfchen von Angstschweiß auf ihrer Stirn bildeten. Waren hinter dieser Tür die beiden BKA -Leute zu finden? Nicole blickte auf die Uhr. Die vereinbarten zehn Minuten waren um, eigentlich sollte sie jetzt den Rückzug antreten. Aber wohin diese Eisentüre führte, das wollte sie unbedingt noch wissen. Sie kniete sich auf den Boden und drückte die Klinke herunter. Natürlich war die Tür verschlossen. Doch das alte Doppelbart-Schloss bot ihrer Nagelfeile sicher keinen Widerstand. Sie zog ein Täschchen unter dem Kleid hervor, ein Werkzeugtäschchen mit den wichtigsten Überlebensrequisiten in nassfeuchten Hartl-Kellern, sie öffnete den Klettverschluss, nahm eine flache Feile heraus und setzte sie am Türblatt an. Nicole seufzte. In diesem Fall gab es keinen Schlossöffnungs-App, hier musste altwestfälisch manuell gearbeitet werden. Sie zog das Mikro unter dem Kopftuch heraus.
    »Kleine kniehohe Eisentür an der Westwand. Ich versuche sie zu öffnen –«
    Ein Schatten füllte den Eingang hinter ihr, eine dunkle, knarzige Stimme ertönte.
    »Was machst denn du da!«
    Sie hatte sein Kommen nicht bemerkt, der Hartl Peter hatte sich lautlos herangeschlichen. Hatte er gehört, was sie ins Mikro gesprochen hatte? Er stand fünf Meter von ihr entfernt in der gegenüberliegenden Tür, sie kniete mit dem Rücken zu ihm vor der kleinen Eisentür. Ein Mikro hing ihr ins Gesicht, in der linken Hand hielt die die sperrangelweit geöffnete Werkzeugtasche, mit der rechten hatte sie die Feile gerade tief seitlich in das altertümliche Schlossblatt geführt. Sie hatte ein Problem. Sie zog die Feile schnell heraus, warf sie in die Tasche und verschloss sie. Um das Kleid anzuheben und die Tasche wieder in ihrem Hüftgürtel zu verstauen, war keine Zeit mehr.
    »Imuassaufsheissl!«, krähte sie, rüttelte dabei an

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