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Obsession (German Edition)

Obsession (German Edition)

Titel: Obsession (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Rhys Beck , Wolfram Alster
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jeden Montag.

3
    Brix
     
    »Neun Euro fünfzig, bitte« ist normalerweise mein meistgesagtester Satz an einem Montag. Heute ist dies anders, heute diskutieren unsere Gäste in den schillerndsten Farben und Formen über den Leichenfund im »Hotel Gabriel«. Und so, wie zumindest der voll in die Szene integrierte Teil unserer Gäste tickt, wird aus einem Todesfall, der bislang als einziges Auffälliges die Tatsache, dass er ausgerechnet im »Hotel Gabriel« geschehen ist, sein eigen nennt, sehr schnell nur ein weiterer Mord in einer langen Reihe von bislang natürlich unaufgeklärten Reihe von Morden an blutjungen Männern, über die man selbstverständlich nur hinter vorgehaltener Hand spricht, damit man – auch wenn man das Attribut »blutjung« schon sehr lange nicht mehr auf sich vereint, keinesfalls das nächste Opfer wird. Tuckengeschwätz, versteht sich.
    Shahin hat mir davon erzählt, und so war ich vorgewarnt. Allerdings hat Shahin mir erzählt, was er gesehen hat – und ausschließlich das, denn wir halten beide nicht viel von Spekulationen. Aber da ich heute an der Kasse der Sauna sitze, wo sich die typischen Vertreter der Szene – Friseure, Verkäufer oder sonstige, die Montag schon ab fünfzehn Uhr Freizeit haben – treffen, bekomme ich natürlich außer dem üblichen Klatsch und Tratsch alles zu hören, was in den Augen unserer Gäste wichtig ist. Meine Begeisterung kennt fast keine Grenzen.
     
    Überhaupt, die Szene ... Absolute Hochkönigin und trotz ihrer jungen Jahre schon Altmeisterin der »bösen alten Frauen«, wie die Angehörigen der Tratschfraktion sich gerne selbst titulieren, ist Dierk mit »ie«, wie es sich für den Thronfolger eines hochherrschaftlichen Geschlechts aus dem nicht allzu fernen bayerischen Ausland geziemt. Diese eigentlich, bis auf wenige Ausnahmen, überhaupt nicht so alten Vertreter der schwulen Szene haben es sich sozusagen selbst zur Aufgabe gemacht, gewisse Vorkommnisse ihrer Kreise aufzuarbeiten und, zerteilt in mundgerechte Häppchen, wieder weiterzuverteilen und dabei, je nach Wichtigkeit und Sympathie zum jeweiligen Akteur, mit mehr oder weniger Gift zu versehen und damit – einer Harpyie gleich – über Status, Wohl und Wehe der betreffenden Personen mitzuentscheiden. Doch selbst Dierk, der scheinheilig und rein zufällig, versteht sich, in der Sauna anruft, um sich nach den Öffnungszeiten zu erkundigen, weiß offensichtlich auch nichts Genaueres, was in meinen Augen eigentlich klar für einen rein zufälligen, unspektakulären Todesfall spricht. Dafür versorgt er mich gleich mit den allerneuesten, brandheißesten Fakten und Tatsachen der Entwicklungen übers Wochenende, und wer nun mit wem ein Techtelmechtel hat. Und dass der X und der Y jetzt zusammen eine Anzeige im Internet unter »Escortservice« haben.
    Ich mag Dierk zwar, aber das interessiert mich nicht, und das sage ich ihm auch.
    »Du bist viel zu altmodisch, meine Liebe«, widerlegt er meine Aussage sofort, verabschiedet sich dann knapp und legt auf.
    Aber es gibt Schlimmeres, denn es ist Montag, und der ist für mich wie Freitag, weil ich Dienstag und Mittwoch immer freihabe, genauso wie Shahin, mein Freund, der heute oben in der Bar arbeitet – und da montags eigentlich immer abends sehr wenig los ist, haben wir auch relativ früh Feierabend. Spätestens um drei ist Schluss. Und da ich hier nicht allzu großartig weg kann, bekommen Fabrice und Philipp an der Bar vermutlich die meisten Spekulationen mit. Dirk und René, die beiden Springer, die alles andere, das an Arbeit anfällt, erledigen, haben anscheinend auch keine Lust auf Gespräche dieser Art und kommen zu mir, kopfschüttelnd und Augen verdrehend. Ich nutze die Gelegenheit, lasse mich von René ein bisschen vertreten, und gehe nach oben, zu Shahin, der zusammen mit Thomas das »Little Add« schmeißt, die Kneipe, die zum »Addiction« dazugehört.
    Oben ist nicht wirklich etwas los, Shahin lehnt gelangweilt an der Bar und blättert in der GAB, unserem Frankfurter Szenemagazin, während Thomas am Spielautomaten sitzt und ihn mit dem vermutlich größeren Teil seines Tageslohns füttert.
    »Hey, Schnecke«, rufe ich Shahin zum Spaß zu.
    Der zieht beide Augenbrauen nach oben, grinst und widmet sich dann demonstrativ wieder seiner Lektüre, bis ich um die Theke herumgehe, aus Prinzip fünf Euro für die damit fällige Lokalrunde – bestehend aus Shahin, der sowieso nur Wasser trinkt, Thomas und mir – auf den Rand des Spülbeckens

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