OCCUPY - Verschwörung aus dem Dunkeln (Gesamtausgabe)
Simon Schreiner, seinem Charme sei Dank, die adrette Mittvierzigerin mit dem dick aufgetragenen roten Lippenstift und den hochtoupierten blonden Haaren um den Finger zu wickeln. Geschlagene 20 Minuten ging sie geduldig mit dem Professor alle in Frage kommenden Direktverbindungen nach Lateinamerika durch. Sie druckte ihm auch eine Liste aus, die er mit nachhause nahm, wo er via Google versuchte, wenigstens etwas Licht in die Sache zu bringen. Für Schreiner war die ganze Affäre noch lange nicht erledigt. Die folgenden Tage machte er sich systematisch mit seinem Computer auf die Suche nach Spuren von Flugzeugsammlern der von Heathrow aus angeflogenen lateinamerikanischen Länder. Sebastian Scholl kümmerte sich erstmal um seine Freundin Elli, die sich seit der Entdeckung des Horten-Wracks ziemlich vernachlässigt fühlte.
Kapitel 3
Verfolgung nach Südamerika
„Mensch Simon, machst du auch vielleicht noch mal etwas anderes als immer nur nach diesem scheiß Flugzeug zu suchen? Überlasst das doch der Polizei. Das ist doch eh nicht dein Geld. Ich verstehe gar nicht warum dich das so beschäftigt. Du könntest lieber mal wieder mit mir eine Radtour machen oder dich darum kümmern, dass unser Wagen vor der nächsten Toskana-Tour noch einen Ölwechsel bekommt. In drei Wochen beginnen die Ferien und dann wollen alle schnell noch ihr Auto gecheckt haben. Verdammt, Simon hörst du mir überhaupt zu? Mach doch mal wenigstens für fünf Minuten diesen scheiß Computer aus. Du sitzt jetzt schon seit heute Morgen ununterbrochen an deinem Schreibtisch und spielst Detektiv.“ Ruth Schreiner machte ihrem Unmut, der sich über die vergangenen Tage angestaut hatte, endlich Luft. Immerhin konnte sie ihren Mann dazu bewegen, wenigstens eine Dreiviertelstunde mit ihr spazieren zu gehen und über ihren gemeinsamen Urlaub im nächsten Monat zu sprechen. Die beiden besaßen ein Wochenendhaus in der Toskana und liebten es, die Sommerferien dort am Stück zu verbringen.
Kaum zurück in der Wohnung, setzte sich Schreiner jedoch wieder hinter seinen Laptop und verfolgte eine viel versprechende Spur weiter. Nach seiner Rückkehr aus London hatte er zunächst damit begonnen, Suchbegriffe seltener deutscher Flugzeugtypen aus dem zweiten Weltkrieg zusammen mit Länder- und Städtenamen aus Südamerika in die Suchmaschine einzugeben. Kaum zu glauben, was das Internet in dieser Hinsicht alles bot. Von Reichsflugscheiben, die wie ein Ufo in der Luft schweben sollten und dabei Schallgeschwindigkeit erreichten, war genauso die Rede wie von fliegenden Glocken, die sogar hinter der angeblichen UFO-Sichtung in Roswell stecken sollten. Nun hatte Schreiner ja selbst die gefundene Glocke aus dem Stuttgarter Bunker in Augenschein genommen. Schwer vorstellbar, dass dieses Ding überhaupt jemals geflogen sein soll. Aber so weit und so hoch, dass es bei Experimenten der amerikanischen Militärs in der Wüste von neu Mexiko hätte abstürzen können hielt er für ähnlich wahrscheinlich wie die Vermutung, dass auf dem Mars kleine grüne Menschen lebten. Er stieß auf hanebüchene Geschichten von der Eisstation der Nazis in Neuschwabenland, das sie nach einer Expedition im ewigen Eis gegründet haben sollen und Unterseebooten die vollgestopft mit Geheimwaffen kurz vor Kriegsende mal in die Antarktis, mal nach Südamerika durchgebrochen waren. Dann gab es auch noch allerlei Theorien über Ober-Nazis, die sich mit dem größten deutschen Transportflugzeug, der Junkers Ju 390 nach Lateinamerika abgesetzt hatten, um der Gefangenschaft durch die Alliierten zu entgehen. Doch ließ sich die Geschichte der zwei Prototypen dieses riesigen sechsmotorigen Transporters nachverfolgen, was auch diese Thesen widerlegte. Zudem hatte er selbst schon einige Berichte in Fachzeitschriften zu diesem Thema verfasst. Immerhin musste er eingestehen, dass es unter günstigen Umständen zumindest denkbar gewesen wäre, bei einer Aufstockung der Spritvorräte mit der von sechs 14-Zylinder-Sternmotoren angetriebenen Junkers 390 über den großen Teich abzuhauen. Ihre theoretische Reichweite lag bei eindrucksvollen 10.000 Kilometern. Nachdem er sich tagelang mit seiner Suche nur im Kreis drehte, kam ihm die Idee, nicht nur auf Deutsch und Englisch, sondern auch auf Spanisch zu suchen. Dabei kam ihm seine Mehrsprachigkeit zugute und er stieß dabei tatsächlich auf einen Bericht aus Venezuela, in dem davon die Rede war, dass sich im Mai 1945 in der Nähe eines kleinen Flugfelds mitten
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