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Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Titel: Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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hinaufragten, und sagte: »Der ist tot, den muss man rausreißen.« Dies trug ihm einen feindseligen Blick von Linda, der Maklerin, ein, die im Wagen mitgefahren war, um Balilati die Wohnung zu zeigen, die Michael nicht weit von hier gekauft hatte. Sie blieb vor dem Baum stehen und sah Balilati mit schräg gelegtem Kopf befremdet an: »Was reden Sie da? Das ist der schönste Baum im ganzen Viertel, eine wilde Birne, die jetzt ganz einfach die Blätter abgeworfen hat.« Doch Balilati, der es gar nicht gern hatte, wenn man ihn korrigierte, eilte schon die Außentreppe hinauf, wo Ada Efrati auf sie wartete. Noch bevor sie auf dem Treppenabsatz angelangt waren, sagte sie mit zitternder Stimme: »Dort oben im Dach ist eine Frau ... sie ... sie ist tot. Man hat ihr Gesicht verwüstet. Es ist schrecklich. Ich habe noch nie so etwas gesehen ... es ist entsetzlich, grauenhaft.« Nachdem Balilati seine Fragen auf sie abgeschossen hatte, betrat er eilig die Wohnung und drang von dem geräumigen, langen Korridor in das große Zimmer vor, von dem aus die wackelige Holzleiter zu dem Raum unter dem Ziegeldach führte. »Haben Sie einen Krankenwagen gerufen?«, fragte Michael, der nicht die Absicht hatte, sich in diesem Moment auf ein Gespräch mit ihr einzulassen, doch sie erwiderte: »Nein, sie war bereits tot. Ich habe es sofort gesehen ... ich ... Man hat auf der Stelle gesehen, dass die Polizei verständigt werden muss.« Erst als er sich seinem Funkgerät zugewandt und darum gebeten hatte, umgehend die Leute von der Spurensicherung und den Pathologen zu schicken, sagte Ada Efrati: »Michael? Bist du das, Michael?«
    Da stand sie unter der Eingangslampe, die brannte, obwohl es noch nicht wirklich dunkel war, und hinter ihr eine kleine, magere Frau, die ihren Körper mit den Armen umschlang. »Das ist meine Architektin«, erklärte Ada Efrati. Das Licht, das glänzend auf ihr Gesicht fiel, und die verengten Pupillen betonten das dunkle Braun ihrer erschreckten Augen. Ihre Stimme klang schwach vertraut wie ein fernes Echo. »Ich kenne sie«, hatte er sich da gesagt und seinen Blick auf die schmale Adlernase gehef tet, auf den zarten Schwung der Lippen und die bräunlich blasse Haut, die unter den weiten Ärmeln sichtbar war. »Und ob ich sie kenne«, hatte er für sich betroffen wiederholt.
    »Du erinnerst dich wohl nicht mehr an mich«, sagte sie mit verlegenem Lächeln. Sie hatte ihre Hände angestrengt ineinander verflochten, als wollte sie jegliche Regung unterdrücken.
    »Wer sagt, dass ich mich nicht erinnere? Wie könnte ich mich nicht an dich erinnern, Ada? Ada Levi, aber sicher erinnere ich mich, und du siehst auch noch genauso aus ... ganz genau ... und die Augen ...« Er verstummte, und sein Blick fiel auf ihren einen Mundwinkel, der sich zu einer Art Lächeln hob, das ihre Augen nicht erreichte.
    Jetzt, als sie bereits unterm Dach standen, verschwanden für einen Augenblick der Schauplatz und die Stimmen der Kollegen von der Spurensicherung, alles war wie ausgelöscht, bis auf die intensive Erinnerung an Grapefruitgeruch, schmerzende Handflächen, eine Leiter und Ada an ihrer Spitze; die Glätte ihrer Arme und Waden, die von der Sonne gebräunte Olivenhaut, ein plötzlicher Kuss, blitzschnell, zu Füßen der Leiter. Der Geschmack von Grapefruits. Und danach Nächte im Sommerarbeitscamp, seine flatternden Finger, die hektisch und täppisch an ihren Hemd knöpfen nestelten und sich in die kleinen Körbchen ihres weißen Büstenhalters vortasteten. Nachher, als sie in die Stadt zurück kehrten, war alles zu Ende. Er erinnerte sich nicht mehr genau an die Einzelheiten: Sie hatte einen Freund, bei der Armee, älter als sie alle.
    »Dreißig Jahre«, sagte er zu ihr, »du hast dich gar nicht verändert. Du siehst noch genauso ...«
    »Und eins«, korrigierte sie.
    Er blickte sie fragend an.
    »Einunddreißig. Das war ein Sommerarbeitscamp in der elften, wir waren siebzehn. Eigentlich war ich sechzehneinhalb und du warst fast achtzehn. Du warst schon ... sie haben von dir gesagt, dass du ... sie haben Sachen erzählt ... und ich ... ich ... ich war, nun, wie soll ich sagen ...«
    »Unschuldig«, sprang ihr Michael bei, »du warst unschuldig.«
    »Auch damals warst du ein einfühlsamer Junge«, lächelte sie, »einunddreißig Jahre ... ich erinnere mich genau ...«
    »Ochajon!«, schrie Balilati von oben, »komm und schau her, kommst du jetzt rauf oder nicht?«
    »Ich warte hier«, sagte die Architektin, die am Fuße der

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