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October Daye: Nachtmahr (German Edition)

October Daye: Nachtmahr (German Edition)

Titel: October Daye: Nachtmahr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seanan McGuire
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einfach bloß fest. Das war alles, was ich tun konnte. Nicht genug, das war klar. Es war mir klar, seit ich Spike an Luna weitergereicht hatte und ins Taxi gestiegen war, um Quentin dorthin zu bringen, wo er seinem Schicksal gegenübertreten sollte.
    Der Fahrer setzte uns an der Ecke der Gasse ab, wo die Luidaeg wohnte, und fuhr davon; Sylvester hatte die Fahrt im Voraus bezahlt. Hoffentlich hatte er echtes Geld benutzt. Reinblüter haben oft eine etwas kreative Auslegung des Begriffs »korrektes Verhalten«, wenn sie es mit Sterblichen zu tun haben, und Taxifahrer sind schnell schlecht drauf, wenn sie nach einer langen Tour feststellen müssen, dass sie nichts als totes Laub und Asche in der Tasche haben.
    Auf der Türschwelle blieben wir stehen. Ich schaute Quentin an und sah die Anspannung in seinen Augen. »Wirst du das gut überstehen?«, fragte ich.
    »Nein«, sagte er. »Mit ziemlicher Sicherheit nicht. Aber da muss ich wohl durch.«
    Ich nickte. Das war eine Haltung, die ich kannte und zu schätzen wusste. »Mach dir klar, dass sie vielleicht in keinem guten Zustand ist. Noch nicht.« Sie könnte womöglich so geschädigt sein, dass nicht mal die Luidaeg sie heilen kann, bist du darauf gefasst? Dass wir sie zwar zurückgebracht haben, sie aber trotzdem nie wieder nach Hause kann? Bist du darauf gefasst?
    Es gab einen Haufen Dinge dieser Art, die ich gern gesagt hätte, doch ich konnte mich nicht überwinden, auch nur eines davon auszusprechen. Es laut zu sagen würde es real machen. Und kein noch so gut gemeinter Versuch, ihn »vorzubereiten«, konnte etwas daran ändern, was wir vorfinden würden.
    »Ich weiß. Das ist mir klar. Ich geb die Hoffnung nicht auf. Aber ich weiß Bescheid.«
    »Gut, Quentin. Und denk dran, ich bin bei dir. Ich gehe nicht wieder weg.«
    Er brachte ein Lächeln zustande und drückte meine Hand. »Ich weiß. Solchen Schwachsinn machst du kein zweites Mal.«
    »Rotzlöffel«, sagte ich liebevoll und klopfte an die Tür.
    Von drinnen rief die Luidaeg: »Es ist offen!« Wenn man eine legendäre Meerhexe ist, muss man sich über Einbrecher wenig Sorgen machen.
    Ich stieß die Tür auf und ging voraus durch den dunklen, vollgestopften Flur. Leichtfüßig trat Quentin in die Lücken zwischen dem herumliegenden Schrott, er bewegte sich mit der ruhigen, selbstsicheren Grazie, die reinblütigen Daoine Sidhe eigen ist. Ich kam nicht so spurlos durch, ich stolperte mehrfach und stieß mir die Zehen an Krimskrams im Dunkeln. Der Flur der Luidaeg schien seine jeweilige Länge ihrer Laune anzupassen, und wir wanderten eine ganze Weile, ehe das andere Ende in Sicht kam. Quentin legte einen Schritt zu, seine Hand immer noch in meiner, und ich ließ zu, dass er mich mitzog.
    Das Wohnzimmer war so vollgemüllt wie eh und je und stank nach Sumpf und Morast und verwesender Couch. Quentin stutzte kurz, offenbar nicht an solche Gerüche gewöhnt. Dann sah er Katie, und ein Ruck ging durch ihn.
    Sie saß auf der Couch, die Hände im Schoß gefaltet, und starrte in die Ferne. Ihre Haare waren gewaschen und gebürstet, ihre Kleidung sauber und neu. Sie sah unverletzt und menschlich aus. Neben ihr saß die Luidaeg, eine Klauenhand auf Katies Knie.
    »Katie?«, sagte Quentin. Unvermittelt lächelte er so strahlend, dass es alle Schatten aus dem Raum zu vertreiben schien. Ich entspannte mich und erlaubte mir selbst ein Lächeln. Dann sah ich den Gesichtsausdruck der Luidaeg, und Lächeln aller Art wurde schlagartig unangebracht. Sie sah sorgenvoll und gequält aus, geradezu deprimiert. Ich neigte fragend den Kopf. Sie nickte fast unmerklich, dann wandte sie den Kopf und sah Quentin entgegen.
    Katie nahm keinerlei Notiz von Quentins Gegenwart, sie schien nicht einmal zu merken, dass er da war, bis er vor ihr auf die Knie fiel und nach ihrer Hand griff. Als er sie berührte, zuckte sie heftig zusammen, drückte sich furchtsam an die Luidaeg und wimmerte. Die Luidaeg hob eine Hand und strich Katie übers Haar, dazu flüsterte sie beruhigende Worte in einer Sprache, die vermutlich mit Atlantis zusammen untergegangen war. Katie erschauerte und wurde wieder still.
    Quentin sprang auf die Füße und wich zurück, die Augen schmerzvoll aufgerissen wie die eines kleinen Kindes, das soeben gelernt hat, dass Feuer brennt. Oh, Baby. Feuer tut immer weh.
    »Könnt Ihr sie heilen?«, flüsterte er und blinzelte hastig ein paar Tränen weg. Seine Welt fiel in Trümmer, ich wusste, wie sich das anfühlt. Gern hätte ich ihm

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