Oder sie stirbt
vorzustoßen.
Trista redete immer noch. »Wenn irgendwas schiefgeht – Rezession, eine Senatsabstimmung, irgendwelche neuen Entwicklungen –, die Umwelt leidet immer als Erstes drunter.« Sie lachte bitter auf. »Tja, diesmal hat es wohl Keith als Ersten erwischt.«
Ich hörte mich selbst fragen: »Können Sie denn keinen anderen Star finden? Und neue Sponsoren?«
»Wir hatten nur ein schmales Zeitfenster für dieses Projekt.« Sie strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr. »Das Geld ist perdu.«
Ich sah ihn vor mir, wie ich ihn das letzte Mal gesehen hatte: wie er auf seiner Teakholzliege lag, Nelkenzigaretten rauchte und sich in Ernsthaftigkeit versuchte.
Das ist ein Rennen gegen die Zeit, Mann.
Was hatte Jerry noch gesagt?
Der Blödmann macht als Nächstes irgend so eine bescheuerte Umwelt-Doku. Mickelson wollte ihn überreden, noch ein bisschen abzuwarten und einen weiteren Kassenerfolg hinzulegen, aber nein, das musste jetzt sein.
»Inwiefern … nur ein schmales Zeitfenster?« Ich hörte meine Stimme wie aus weiter Ferne.
Sie sah hoch, als sie meinen Tonfall hörte. »Bitte?«
»Sie haben gerade gesagt, Sie hätten nur ein schmales Zeitfenster gehabt, um den Film zu machen. Warum die große Eile?«
»Weil er unbedingt noch vor der Senatsabstimmung in die Kinos kommen sollte.«
In meinen Ohren vibrierte mein Herzschlag. »Moment mal«, sagte ich schwach, »vor der Senatsabstimmung?«
»Ja. Es gab einen Gesetzesentwurf, mit dem die Dezibelzahl der Sonargeräte gesenkt werden sollte. Um die Wale zu schützen. Die Abstimmung ist für Oktober angesetzt. Das bedeutet, dass die Produktion eigentlich genau jetzt hätte losgehen müssen.« Sie runzelte die Stirn und schielte auf ihr leeres Glas. »Was haben Sie denn auf einmal?«
»Wenn
Ins kalte Wasser
vor Oktober rauskommt, wird sich die Öffentlichkeit für den Schutz der Wale vor Sonar-Anlagen interessieren. Bestimmte Senatoren, die sich querstellen würden, bekämen dafür dann wohl das eine oder andere rohe Ei ins Gesicht. Es ist immerhin gerade Wahljahr.«
»Genau so läuft das«, bestätigte sie. »Sie sind wohl auch grade erst aus der Pfadfinder-Abteilung dazugekommen, oder?«
»Und das öffentliche Interesse hätte die Senatoren gezwungen, Beschränkungen für die Sonarnutzung zu beschließen.«
»Ja, Patrick. Das hatten wir gehofft.«
»Es sei denn, der Film wird gar nicht erst gedreht.«
»Genau.«
»Und das Einzige, was eine Filmproduktion stoppen kann, für die es ansonsten schon grünes Licht gab, ist …«
Sie setzte ihr Glas ab. »Also wirklich, Patrick.
Bitte.
«
»… der Tod des Stars.«
Zum ersten Mal zeichnete sich Angst auf ihrem Gesicht ab. Sie hatte es kapiert. Und ich hatte eine neue Verbündete gefunden, jemanden, der schon an einer anderen Front in den Kampf verwickelt war.
Sie warf einen ängstlichen Blick zur Hintertür, bevor sie mich wieder ansah, und zu meinem großen Kummer wurde mir klar, dass sie Angst hatte, nicht weil sie mir glaubte und begriff, mit welchen Gegnern ich …
wir
es hier zu tun hatten, sondern weil sie sich vor
mir
fürchtete. In meinem Übereifer war ich einfach drauflosgeprescht. Sie hatte nur eine eingeschränkte Sichtweise auf das ganze miese Spiel, und in Anbetracht meiner wilden Behauptungen musste sie wohl glauben, dass ich tatsächlich so paranoid und wahnsinnig war, wie mich die Medien darstellten.
Verzweifelt hob ich eine Hand und versuchte, die Überlegungen im Keim zu ersticken, die ihr gerade durch den Kopf schossen. »Sie haben doch selbst gesagt, Sie wissen, dass ich kein Mörder bin.«
»Ich möchte, dass Sie jetzt gehen.«
»Es ist nicht so verrückt, wie es sich anhört. Bitte, lassen Sie mich nur erklären, was …« Ich machte wieder einen Schritt in die Wohnung, sie sprang auf und schnappte panisch nach Luft. Einen angespannten Moment lang standen wir uns gegenüber, ich am einen Ende des Raumes, sie am anderen. Sie verströmte pure Angst.
Ich hob beschwichtigend die Hände, ging rückwärts hinaus und zog leise die Tür hinter mir zu.
[home]
45
I ch hab mir die ganze Zeit die falsche Frage gestellt.« Ich war so aufgewühlt, dass ich beinahe ins Telefon schrie. »Ich habe mich gefragt, wer von Keith Conners Tod profitieren würde.«
»Okay …«, kam es langsam von Julianne. Ich hatte sie im Büro erreicht, und sie reagierte entsprechend bedeckt, als ich ihr von meinem Gespräch mit Trista erzählte. »Und wie lautet die
richtige
Frage?«
Ich trat aufs Gas
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