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Oder sie stirbt

Oder sie stirbt

Titel: Oder sie stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregg Hurwitz
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dauerhaft baute.
    Als ich ganz oben angekommen war, war ich leicht außer Atem. Sally stand am Rand, lehnte sich an ein massiges Münzfernrohr und blickte auf das finstere Panorama. Dann entdeckte sie mich. »An einem klaren Tag kann man angeblich bis Pasadena gucken«, sagte sie.
    Valentine ging mit schweißglänzendem Gesicht immerzu im Kreis und sah aus, als würde er hier Wache halten und jederzeit einen russischen Bombenjäger erwarten. »Ich hab Ihnen doch gesagt, dass mir dieser Deep-Throat-Scheiß nicht gefällt, Richards.«
    »Hat das Morddezernat gestern eine CD aus meinem Haus geholt?«, wollte ich wissen.
    »Nein«, erwiderte Sally, »zumindest nicht offiziell.« Valentines wütende Blicke wurden ihr sichtlich unangenehm. »Ich hab den Fall weiterverfolgt«, verteidigte sie sich, »aber nur, was ich so auf dem Flur aufgeschnappt habe.«
    »Sie flirten mit Ihrer Entlassung, Richards.« Resigniert hob er die Hände und steuerte auf die Treppe zu. »Erwarten Sie nicht, dass ich mich dem anschließe.«
    »Wir sind hier, um uns anzuschauen, was er hat«, entgegnete sie. »Das ist alles.«
    »Ich habe die Kopie eines Fotos, das Keith Conners Leiche zeigt – aufgenommen fünf Minuten bevor ich das Zimmer betreten habe«, erklärte ich.
    Sally presste die Lippen zusammen, doch Valentine fuhr unbeirrt fort, als wäre ich gar nicht anwesend: »Die Sache ist zehnmal zu heiß für uns. Der Captain hat uns glasklar gesagt, was passiert, wenn wir weiter darin rumschnüffeln. Ich hab vier Söhne zu versorgen, also fände ich es echt cool, wenn ich nächste Woche immer noch sicher sein könnte, einen Job und Aussicht auf eine Pension zu haben.«
    Ich hielt das Bild von Keiths Leiche hoch. Skeptisch stieß sich Sally von dem Fernrohr ab und kam zu mir. Nachdem sie trotzig mein mit Blutergüssen übersätes Gesicht gemustert hatte, blickte sie auf die Kopie. Im ersten Moment blieb ihre Miene unverändert, aber dann musste sie schwer schlucken, und ihre Wangen röteten sich. »Selbst wenn diese Zeitangabe manipuliert sein sollte«, meinte sie. »… Sie hatten keine Kamera.« Sie konnte den Blick nicht von dem Bild lösen. Ihre Hände griffen nach dem Geländer und verfehlten es, aber dann erwischte sie es doch und lehnte ihre massige Hüfte gegen die Metallstreben, als würde ihr das mehr Sicherheit geben. »Was haben Sie noch?«
    Ich blätterte mehrere Bilder von Keith durch. »Die wurden von einer Firma namens Ridgeline gemacht. Zwei von ihren Angestellten haben mich entführt.«
    Sallys Augenbrauen wanderten ein paar Zentimeter nach oben.
    Ich hob beschwichtigend die Hand. »Ich weiß. Ich werde es Ihnen erklären. Aber lassen Sie mich erst das Motiv nennen. Keith wollte eine Doku drehen, die den Einsatz von Sonarsystemen als Mord an den Walen brandmarkt.«
    »Ins kalte Wasser«,
präzisierte Sally. »Delfine sterben auch an so was, habe ich gehört.«
    »Im Senat soll es demnächst eine Abstimmung geben, ob der Dezibellevel der Sonargeräte gesenkt werden muss. Keiths Doku war genau so getimt, dass sie die Entscheidung beeinflusst hätte. Es gibt da ein riesiges Unternehmen namens Festman Gruber, das auf solche Sonarsysteme spezialisiert ist. Ich schätze, die hätten eine Menge zu verlieren, wenn der Senat nicht in ihrem Sinne entscheiden würde.«
    Valentine verlegte sich aufs Handeln: »Können wir das bitte überprüfen, bevor wir ihm diesen ganzen Wahnsinn einfach abkaufen?«
    »Die haben Keith also umgebracht und Ihnen den Mord angehängt?« Sally schürzte die Lippen zu einem besorgten Lächeln. »Womit können Sie diese ausgeklügelte Theorie untermauern?«
    »Ich habe Kontoauszüge und Telefonabrechnungen, die Ridgeline mit Festman Gruber in Verbindung bringen. Und neben einzelnen Zahlungen stehen sogar die Namen der Mordopfer.«
    Ich blätterte die Dokumente durch, und Sally biss sich auf die Lippe, während sie sie mit gerunzelter Stirn betrachtete. Selbst Valentine konnte nicht anders und spähte ihr über die Schulter.
    »Außerdem habe ich noch Belege von solchen seltsamen Geldabhebungen«, fügte ich hinzu.
    »Inwiefern seltsam?«, erkundigte sich Valentine.
    »Da steht immer so ein Code dabei – hier.« Ich blätterte die Seite auf und deutete auf die Geldanweisungen mit dem handschriftlich darüber vermerkten # 1117 .
    Valentine sah an sich herab und öffnete mit einer beinahe geistesabwesend wirkenden Geste sein Halfter. Seine Hand zitterte kurz unentschlossen über dem Kolben seiner Waffe. Dann

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