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Odice

Odice

Titel: Odice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anais Goutier
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darauf und auf dem verschnörkelten Nachttisch mit dem Art-Nouveau-Leselicht lag ein sorgfältig aufgeschichteter Bücherstapel bereit. Außerdem gab es einen zauberhaften Wurzelholz-Schminktisch mit einem üppigen Strauß alter englischer Rosen darauf, einen hübschen Jugendstil-Schreibtisch mit einem ebensolchen Stuhl, eine Hausbar mit teuren Spirituosen, einen großen Kleiderschrank und zu guter Letzt zwei antike Ohrensessel und ein zierliches Teetischchen am offenen Kamin. Das große Sprossenfenster mit den herrlich schweren mintfarbenen Vorhängen gab den Blick frei in einen herrschaftlichen Park.
    Julien trat dicht hinter sie und endlich befreite er sie von den Fesseln. Dabei hauchte er einen sanften Kuss in ihre Halsbeuge.
    »Was um alles in der Welt hat dich hierher geführt, Odice Aneau? Du gehörst nicht hierher«, sagte er mit einem verzagten, fast verzweifelten Unterton und seine geflüsterten Worte klangen in ihren Ohren wie ihr eigenes Gewissen.
    Als Odice nicht antwortete, sondern am ganzen Körper zu zittern begann, schloss Julien sie zärtlich in seine Arme.
    »Du weißt, dass du das hier jederzeit abbrechen kannst. Aber so lange du hier bleibst, werde ich dich behandeln wie all unsere Klientinnen vor dir. Ich möchte, dass du weißt, dass du von mir keine Schonung und keinen Milde zu erwarten hast.«
    Damit entließ er sie aus seiner Umarmung und wirkte plötzlich ganz anders und auf schmerzhafte Weise distanziert.
    »Ich hoffe, du wirst alles zu deiner Zufriedenheit finden. Dort«, Julien wies auf eine weitere Tür, »findest du dein persönliches Badezimmer. Um sieben Uhr wird das Abendessen im großen Speisezimmer serviert. Ich erwarte, dass du pünktlich fertig und entsprechend gekleidet bist. Allerdings wünsche ich, dass du heute Abend keine Unterwäsche trägst. Ich werde dich jetzt einschließen und dich später abholen.«
    Im nächsten Moment war sie allein und hörte, wie der Schlüssel von außen im Schloss umgedreht wurde. Sie rieb sich die eingeschlafenen Hände und die geröteten Handgelenke. Dann betrat sie das Badezimmer. Es handelte sich um ein großzügiges Bad, ganz aus weißem Marmor. Es gab eine große Eckbadewanne, eine separate Dusche und alle Vorzüge eines erstklassigen Hotelbades, inklusive Haartrockner, Kosmetikspiegel und Bidet.
    Odice’ Blick fiel in den großen Ganzkörperspiegel neben der Tür und sie schämte sich entsetzlich. In diesem Aufzug hatte der betörend schöne und perfekt gekleidete Julien sie durch das ganze Haus geführt. Da stand sie in ihren weißen Dessous, genauer in Büstenhebe, String und Strapsen, mit derangierter Frisur und wunden Brustwarzen. Sie drehte sich um, nur um sich auch für ihr gerötetes Hinterteil zu schämen. Dann wand sie demonstrativ den Blick vom Spiegel ab und entkleidete sich mit spitzen Fingern. Die Dusche war eine Wohltat und Odice wäre am liebsten ewig unter dem warmen, reinigenden Wasserstrahl stehengeblieben.
    Zwei Stunden später öffnete Odice den Kleiderschrank und fand darin alle Kleidungsstücke aus ihrem Koffer fein säuberlich sortiert und ordentlich aufgehängt vor. Da Eric und Julien die ganze Zeit mit ihr zusammen gewesen waren, musste noch jemand anders im Haus sein, der oder die jetzt genau über ihre sündige Garderobe Bescheid wusste. Erst auf den zweiten Blick stellte sie fest, dass ein paar Dinge aussortiert worden waren. Ihr langes Seidennachthemd fehlte ebenso wie ihre richtigen BHs, ihre Jeans und ihre warmen Pullover, die sie vorsichtshalber mitgebracht hatte. Sie würde nackt schlafen müssen.
    Odice entschied sich für ein hellgraues Mohair-Kleid mit schmeichelndem Schalkragen, das den großen Vorteil hatte, dass man unter dem weichen Wollstoff nicht so genau sah, dass sie keinen BH trug. Ihre wilden Locken bändigte sie mit einigen kleinen Haarklemmen, damit sie ihr nicht ständig ins Gesicht fielen.
    Es war ein merkwürdiges Gefühl, keinerlei Wäsche zu tragen und Odice fühlte sich vollkommen unangezogen, als sie hörte, wie die Tür aufgeschlossen wurde.
    »Du siehst sehr elegant aus«, erklärte Julien mit einem aufrichtigen Lächeln, als er ihr seinen Arm reichte, um sie die Treppe hinunterzuführen.

    Er geleitete sie in ein imposantes Esszimmer mit einer großen, festlich gedeckten Tafel im Zentrum und einem gigantischen Kristall-Lüster darüber. Eric erwartete sie bereits und bedeutete Odice, auf einem ganz bestimmten Stuhl Platz zu nehmen. Auf den ersten Blick unterschied er sich nicht

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