Odins Insel
vorsichtig, außer dem falschen Messias befinden sich wahrscheinlich noch mindestens eine Frau und zwei Männer an Bord, vielleicht auch mehr.« Der Hörer wurde aufgelegt, bevor der gut durchtrainierte Mann antworten konnte.
Die sieben Wahren Christen stapften mit Gott und der Wahrheit in ihren Herzen und Hammer und Handgranaten in ihren Taschen schnell durch den knirschenden Schnee den Firökanal entlang. Als sie zu der stillgelegten Schiffshalle kamen, versuchten sie nicht die Tür zu öffnen, sondern gingen direkt um das Gebäude herum, und mithilfe ihrer ineinander geflochtenen Finger und etwas Schinderei gelang es zweien, die übrigen fünf auf das Dach zu heben. Der gut durchtrainierte Mann kroch tastend herum, bekam dann jedoch den Rand eines kleinen Dachfensters zu fassen. Er stieß einen leisen Pfiff aus und schob vorsichtig den Schnee zur Seite. Doch durch die Scheibe war nichts als schwarzes Wasser zu sehen. Er kroch ein wenig weiter, kam zum nächsten Fenster und sobald er den Schnee weggeschoben hatte, pfiff er eine ganze kleine Melodie – das grüne Fischerboot, das früher einmal grün-orange gewesen war, lag direkt unter ihm.
Der gut durchtrainierte Mann winkte die anderen näher heran. Einer der Wahren Christen nahm den Hammer aus der Tasche und gab ihn ihrem Anführer, während ein anderer ihm eine Handgranate reichte. Der gut durchtrainierte Mann nahm den Hammer in die eine Hand und hielt die Handgranate in der anderen, während er ihre Sicherung mit den Zähnen löste. Doch in dem Moment, als er mit dem Hammer gegen das Fenster schlug, erklang ein ohrenbetäubender Schrei. Der gut durchtrainierte Mann drehte den Kopf, verlor jedoch bei der Bewegung den Halt und rutschte, die Handgranate noch immer in der Hand, durch
den Schnee, purzelte über die Kante des Daches und landete mit einem gewaltigen Getöse auf der Erde und in der ewigen Ruhe.
Bevor die übrigen Wahren Christen sich von ihrem Schreck und dem plötzlich Tod ihres Anführers erholt hatten und die abgebrochene Mission fortführen konnten, öffneten sich die Türen der Schiffshalle, und das grüne Fischerboot, das früher einmal grün-orange gewesen war, tuckerte hinaus und verschwand nach links in den Firökanal.
»Ich mag nicht segeln. Ich mag überhaupt nicht segeln«, klagte Gunnar der Kopf aus der hintersten Ecke des Steuerhauses, noch bevor die Rikke-Marie die Hafeneinfahrt passiert hatte. Es war zwölf Uhr.
»Hiermit erkläre ich die Drude-Estrid-Insel zu einem Teil des südnordischen Königinnentums«, begann der Staatsminister seine Rede, die sowohl im Radio als auch im Fernsehen auf vielen verschiedenen Frequenzen und Kanälen zur gleichen Zeit übertragen wurde. »Bis die nordnordische Regierung diese Zugehörigkeit anerkennt, sehen sich die südnordische Regierung, der südnordische Reichstag und Ihre Majestät, die Königin, gezwungen, die Meerenge für den privaten Verkehr zu schließen …«
Die Königin stellte das Radio aus. Sie brauchte die Rede nicht zu Ende zu hören, da sie eine Kopie davon auf ihrem Schreibtisch hatte. Sie stand auf und ging langsam hin und her. Die Königin sah bekümmert aus. Bis zuletzt hatte sie geglaubt, dass Nordnorden nachgeben würde. Jetzt war es zu spät.
Simon Peter II. trat auf eine gigantische Plattform, die seine Anhänger aus Schnee gebaut hatten. Hverv Havn wimmelte von Menschen, die so dicht zusammenstanden, dass man weder Schnee noch Sand zwischen ihnen erkennen konnte.
»Ich, Simon Peter der Zweite«, begann der Lieblingsjünger und sah mit glühendem Herzen und göttlicher Freude über das wogende Menschenmeer, »früher Fischer an Leib und Seele, nun Lieblingsjünger und erster Apostel des Großen Mannes, sage euch, dass der Tag gekommen ist, der Augenblick ist da. Heute
ist der Tag, an dem der Sohn des Herrn, der Große Mann, die Wasser teilen und die Wiederauferstandenen Christen über den Grund des Meeres zur Insel des Paradieses führen wird.«
»Zur Insel des Paradieses!«, jubelte die Menge.
»Heute ist der Tag, an dem wir unsere Herzen öffnen müssen, denn heute ist der Tag, an dem der Herr und der Große Mann jeden Einzelnen nach seinen Verdiensten richten werden. Aber wir, die Wiederauferstandenen Christen, wissen, dass uns der Segen zuteil werden wird. Und der Segen wird kommen als Zeichen von dem Großen Mann, das uns sagt, dass die Zeit zum Aufbruch gekommen ist.«
»Ein Zeichen von dem Großen Mann! Ein Zeichen von dem Großen
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