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Odins Insel

Odins Insel

Titel: Odins Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Teller
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Mann!«
    »Wenn das Zeichen kommt, tretet nackt vor den Herrn«, fuhr der Lieblingsjünger fort. »Lasst den Herrn euch annehmen, wie er euch erschaffen hat. Gekleidet nach dem Bild von Adam und Eva, der Kleidung des Himmels, der Haut, die unser Herr erschaffen hat, um Leib und Seele zusammenzuhalten. Nackt wollen wir zur Insel des Paradieses ziehen.«
    Aus dem verhangenen grauen Himmel erklang plötzlich ein Summen, und kurz darauf kam zwischen den schneeschweren Wolken ungefähr auf halber Linie zwischen Fredenshvile und der Insel des Paradieses ein dunkler länglicher Schatten in Sicht. Simon Peter II. blinzelte leidenschaftlich, aber der mystische Schatten verschwand nicht. Und es bestand kein Zweifel, dass er direkten Kurs auf die Insel des Paradieses nahm.
     
    Der Hubschrauber war bis zum Bersten voll. Hesekiel, der Rechtschaffene, der Vater und die Mutter, die fünf restlichen Onkel und ihre Frauen und Kinder sowie die Witwe des sechsten Onkels saßen entlang der abgerundeten Wände auf zerkratzten und unbequemen Plastiksitzen, während die Siebenkilobündel mit ihrem absolut notwendigen Eigentum zu ihren Füßen gestapelt waren. Hesekiel, der Rechtschaffene, sah aus dem Fenster, und obwohl lange nichts als graue Wolken zu sehen waren, klebten seine Augen am Horizont. Dann wurden die Klippenspitzen durch den Nebel sichtbar, und bald darauf passierte der
Hubschrauber die erste Spitze, dann die nächste, dann noch eine und noch eine, bis er von einem dichten gelblichen Nebel umschlossen wurde. Die Piloten warteten, bis sie sicher waren, dass sie alle Klippen hinter sich gelassen hatten, dann ließen sie die Maschine abtauchen, und eine schneebedeckte Landschaft offenbarte sich vor den Augen der Wiedergeborenen Juden.
    »Das Land der Selideit«, lispelte Hesekiel, der Rechtschaffene, und der Vater und die Mutter, die fünf restlichen Onkel und ihre Frauen und Kinder sowie die Witwe des sechsten Onkels. Alle jubelten und dankten Jahve und dem Messias, dem Großen Mann.
    Die Wiedergeborenen Juden konnten einzelne Bäume unterscheiden, und weiter entfernt nahmen ein paar kleine Häuser Form an. Dann tauchte mitten im Schnee ein silberfarbener Spiegel auf, und bald bestand kein Zweifel, dass es blank gefegtes Eis über einem zugefrorenen See war. Hesekiel, der Rechtschaffene, kniete auf dem zitternden Boden des Hubschraubers nieder, um seinem Schöpfer zu danken, und genau in dem Moment, als ein heftiges Beben durch den Rumpf des Hubschraubers ging, rief der prophetische Sohn, ohne zu lispeln:
    »Die Insel des ewigen Sabbats!«
     
    Der summende Laut verstummte abrupt, und der Schatten hinter den Wolken wurde zu einem grellen blauen Licht, dann war nichts mehr zu sehen.
    »Das Zeichen!«, rief Simon Peter II. ekstatisch und musste vor Entzücken einfach heulen. Es war wirklich wahr. Er hatte nie gezweifelt, und er hatte Recht gehabt. Jesus Christus, der Große Mann, hatte ein Zeichen gesandt. Und ich sah einen Engel vom Himmel fahren, der hatte den Schlüssel zum Abgrund und eine große Kette in seiner Hand. Und er griff den Drachen, die alte Schlange, das ist der Teufel und Satan, und band ihn tausend Jahre, und warf ihn in den Abgrund und verschloss ihn und tat ein Siegel oben darauf, dass er nicht mehr verführen sollte die Völker, bis dass vollendet würden die tausend Jahre.
    »Das Zeichen«, echote das Menschenmeer, und einige fielen vor lauter Freude und Kälte bewusstlos zu Boden. »Das Zeichen! «

     
    Auch an anderen Orten hatte man das Zeichen des Großen Mannes gesehen.
    In Dronningens Have fielen verwandte und nicht verwandte Wiedergeborene Juden auf die Knie und weinten vor Freude. Bald würden sie an der Reihe sein, das Licht des ewigen Sabbats zu erreichen, das sich durch ein Wunder genau vor ihren Augen gezeigt hatte.
    Und auch Esra (nicht länger alias Es) – der nach einer schmerzlich langen Fahrt durch den tiefen Schnee in diesem Augenblick endlich und ganz außer Atem auf die Wiedergeborenen Juden in Dronningens Have stieß – sah das Licht und fiel auf die Knie und weinte wie nie zuvor.
    So inbrünstig war das Weinen, dass weder er noch die übrigen Wiedergeborenen Juden die braun gekleideten jungen Männer mit Bürstenhaarschnitt bemerkten, die sich von Osten her mit erhobenen Keulen und Messern wie ein heiliges, entzündetes Feuer näherten, bis es zu spät war.
     
    Der Große Mann hatte sein Zeichen auch zu Ali und den neununddreißig anderen moslemischen Milizmitgliedern geschickt, die

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