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Odins Insel

Odins Insel

Titel: Odins Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Teller
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mehr zu diesem Boot und dem kleinen alten Mann zu gehen.«
    Sigbrit Holland antwortete nicht.
    »Komm schon, Sigbrit. Alles wird wieder wie früher.« Er küsste sie auf die Wangen, dann auf die Augen, als versuchte er Tränen aufzuhalten, die nicht kamen.

     
    Odins Aufenthaltsort ließ sich nicht länger geheim halten.
    An einem Donnerstagmorgen – drei Tage nachdem der Staatsminister die Königin besucht hatte, einen Tag, nachdem die Regierung offiziell die Existenz der Drude-Estrid-Insel anerkannt hatte und ein paar Stunden bevor die Frommen und die Presse sich auf den Weg zum südlichsten Kanal Firös machten – tauchte ein korpulenter Mann in einem marineblauen Anzug bei dem grün-orangenen Fischerboot auf, dicht gefolgt von sieben etwas schlankeren Männern, alle untadelig gekleidet in weiße Hemden und hellgraue Anzüge und mit dunkelgrauen Schlipsen.
    »Klopf, klopf«, sagte einer der untadelig gekleideten Männer laut, da die Delegation keine Klingel fand. »Klopf, klopf! Klopf, klopf!«, wiederholte er etwas lauter, und diesmal wurde die Tür zum Steuerhaus einen Spaltbreit geöffnet, und das eingefallene Gesicht des Fremdlings schaute heraus. Der korpulente Mann im marineblauen Anzug trat vor.
    »Herr Brams Bramsentorpf vom Justizministerium, Leiter der Abteilung für territoriale Fragen sowie eine Delegation der südnordischen Regierung«, stellte er sich mit einem Lächeln vor, das er für gewinnend hielt. »Herr Odin Odin vermute ich?«
    Die Tür fiel mit einem Knall zu. Herr Brams Bramsentorpf und die sieben untadelig gekleideten Männer sahen hoch in die Luft und hinunter in den Kanal und hinüber zu den gelben Butterblumen im Park hinter ihnen.
    So standen sie eine Weile da und blickten überallhin, nur nicht einander an, und erst als die Tür des Steuerhauses nach ein paar Minuten wieder aufging, trafen sich ihre Augen in einem erleichterten Lächeln.
    Diesmal war es Odins Gesicht, das sich zeigte. Er trat auf das Deck und begrüßte die Männer auf dem Kai.
    »Guten Tag«, sagte er. »Guten Tag, guten Tag. Wie ich gehört habe, suchen Sie nach mir, und wahrlich hier bin ich.« Odin zeigte auf seine Brust und verneigte sich tief.
    Im gleichen Moment schob sich der Fremdling an Odin vorbei, kletterte auf den Kai hinauf und ging direkt an Herrn Bramsentorpf und den sieben untadelig gekleideten Männern vorbei, ohne sie auch nur eines Blickes zu würdigen. Herr Bramsentorpf
kräuselte beleidigt die Nase, dann nahm er sich zusammen und stellte sich und sein Gefolge noch einmal vor.
    »Die Delegation der südnordischen Regierung, an deren Spitze ich stehe«, sagte er und ging mit bekümmertem Gesichtsausdruck an Bord des leicht schaukelnden Fischerbootes. Einer nach dem anderen traten die sieben untadelig gekleideten Männer ins Steuerhaus, wo sie sich auf die Bänke um den abgenutzten Mahagonitisch quetschten. Außer Odin war niemand zu Hause. Der Fischer Ambrosius war unterwegs und kaufte das, was notwendig war, um das Loch in der Rikke-Marie zu reparieren, und nach dem unglücklichen Segeltörn hatte Gunnar der Kopf betont, dass er Segeln überhaupt nicht mochte und war zu dem Fremdling in einen Campingwagen gezogen, der nicht weit vom Boot entfernt stand. Herr Bramsentorpf gab nun dem Jüngsten der sieben untadelig gekleideten Männer ein Zeichen, woraufhin dieser sofort ein graues Notizbuch aus einer Mappe zog und seinem Chef reichte. Herr Bramsentorpf öffnete das Buch und fand die Seite, die er brauchte.
    »Im Namen der südnordischen Regierung möchte ich Sie um Entschuldigung für die Unannehmlichkeiten bitten, denen Sie, Herr Odin Odin, durch ein Missverständnis ausgesetzt waren, das zu Ihrem verlängerten Aufenthalt im Zentralkrankenhaus geführt hat.« Herr Bramsentorpf sprach in nasalem, theatralischem Ton. »Das südnordische Volk ist weit und breit für seine Gastfreundschaft bekannt, und im Namen der südnordischen Regierung habe ich deshalb die große Ehre, Herrn Odin Odin mitteilen zu können, dass er so lange in Südnorden willkommen ist, wie er mag.« Herr Bramsentorpf sah von seinem Notizbuch auf und nickte Odin zu, um darauf aufmerksam zu machen, dass es jetzt an Odin war, zu reden.
    »Danke, vielen Dank«, sagte Odin. »Das ist wahrlich sehr liebenswürdig von Ihnen und der südnordischen Regierung. Es verhält sich nun aber so, dass ich vor kurzem in einen Meteorsturm geraten bin, Rigmarole sich das Bein gebrochen hat und ich zurück nach Smedieby muss, sobald die

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